SOLSTICE – casting the die

Bei dem Namen Solstice denken die meisten wohl als erstes an die englischen Epic / Heavy / Doomer. Nun einige, dazu zähle ich mich auch, denken bei dem Namen Solstice als erstes an die Thrash / Deather aus Miami, Florida. Um genau diese legendäre Band geht es hier auch. Das Cover ihres selbstbetitelten Debütalbums hat es sogar als Tattoo auf meinen Körper geschafft, so sehr hat mich diese Scheibe in meiner Jugend beeindruckt und das tut sie bis heute. Die beiden Folgealben “Pray” und “To Dust” waren auch durchweg stark, sind aber leider vom Feeling her nie wieder an das Erstlingswerk heran gekommen. Seit nunmehr einunddreißig Jahren ist das Quartett mehr oder weniger aktiv. Von der ursprünglichen Besetzung sind noch Alex Marquez an der Schießbude und Saitenhexer Dennis Munoz am Start. Das sind wohl auch die beiden, die den Namen Solstice über die vielen Jahre am Leben gehalten haben. Bis heute, wo es nun endlich an der Zeit ist, dass man sich ihr viertes Studioalbum auf die Ohren knallen kann.

Das Scheibchen verfügt über elf Tracks, die gewohnt kurz und knackig auf den Punkt gebracht werden und damit auf knappe zweiundvierzig Minuten Spielzeit kommen.

Los geht es mit dem Song “The Altruist”, der eingangs doch etwas seicht und untypisch vom Sound her um die Ecke kommt und mich kurz aufschrecken lässt. Nach gut einer halben Minute geht es dann aber ab, man wird ins Sofa gedrückt und die Frisur hängt waagerecht. ‘Alter, was für ein geiles Brett’, sind so meine ersten Gedanken und lassen meine Kinnlade hart auf dem Boden aufschlagen. Shouter Ryan Taylor schreit sich die Seele aus dem Leib und Alex ballert hinter den Drums als gäbe es kein Morgen. Ein kurzer Tempowechsel, um im Midtempo die Rübe kreisen zu lassen, ein schmissiges Gitarrensolo hier, eine weitere Bangstrecke und das in höchster Präzision, die von einem kurzen Bass-Solo zum Ende gebracht wird. Die thrashige Schlagseite gibt Solstice den nötigen Drive und letzten Schliff in den Songs. Dafür habe ich sie schon damals geliebt und das können die Jungs immer noch. Auch die teilweise hervorgehobenen Bassläufe machen richtig Laune und in Kombination mit den Solostrecken von Dennis ein echtes Erlebnis. Damit ist auch schon der zweite Song Transparent mit voller Wucht durch den Schädel geballert. Mit leicht hardcorelastigen Zügen geht es bei “Who Bleeds Whom” weiter. Auch hier gibt es die ein oder andere unerwartete Wendung und Überraschung im Song. Was für ein frickeliger Spaß! Nächstes Highlight ist der Nackenbrecher “Ignite”, der nur so vor Aggressivität und Spannung strotzt. An dieser Stelle beende ich dann auch meine Anspieltipps, denn es geht in gleich hoher Qualität so weiter und hier folgt Knaller auf Knaller. Lehne mich jetzt zurück und werde den nächsten Durchlauf einfach genießen.

Noch eben der Vollständigkeit halber: Solstice haben es geschafft, mit “Casting The Die” an alte Glanzzeiten anzuknüpfen und klingen frischer, abwechslungsreicher und erwachsener als je zuvor. Die Scheibe macht vom ersten bis zum letzten Ton einfach nur Laune. Mit solch einem komplexen Monster von Album hätte ich so nicht gerechnet und bin wirklich geplättet. Eine uneingeschränkte Kaufempfehlung und bereits in meine Jahres Top Ten aufgenommen.

Wertung: 9,5/10
Autor: Tino Sternagel-Petersen