SPIRIT ADRIFT – ghost at the gallows

Die mittlerweile in Austin/Texas ansässige Combo um Mainman Nate Garrett legen dieser Tage das bereits fünfte Studioalbum vor. Wie seine Vorgänger vereint auch dieses eine Mixtur aus traditionellen Metal und Doom. Allerdings eher dem von neueren Bands wie Khemmis oder Pallbearer, als von den Großmeistern aus Birmingham. Das Ganze klingt jetzt nicht gerade innovativ, dennoch hat dieser Mix das gewisse Etwas und wird durchaus überzeugend dargeboten. Zugegeben benötigt „Ghost At The Gallows“ ein paar Spins mehr, bevor es vollends zündet. Der direkte Vorgänger „Enlightened In Eternity“(2020) war damals etwas zugänglicher und sicherlich ein Highlight eines starken Jahrgangs. Ähnliches  gilt auch für die vorab veröffentlichen EPs „Forge Your Future“ (2021) und „20 Centuries Gone“ (2022). Von dieser in der Corona-Zeit entwickelten „Salami-Taktik“ haben sich der gute Nate und seine Mitstreiter wohl eine dicke Scheibe von Bands wie Night Demon (bei schnelleren Songs dieser Band nicht unähnlich, auch vom Gesang her) abgeschnitten. Gerade das letztjährig veröffentliche, geniale „Sorcerer‘s Fate“ hätte der Verfasser dieser Zeilen gerne auf dem neuen Album gesehen bzw. gehört. Doch weit gefehlt. Der vorliegende Longplayer enthält ausnahmslos neues Liedgut, die der Maestro fast wieder im Alleingang verbrochen hat. Im Nachhinein hätte das Schicksal des Zauberers nicht im Kontext gepasst, aber dazu gleich.

Der Anfang der Zwanziger des neuen Jahrtausends war/ist für viele Menschen eine sehr entbehrungsreiche Zeit. Selbst gestandene Musiker bleiben vor diesem Schicksal nicht gefeit, haben aber die wunderbare Möglichkeit, das Erlebte in Musik und in den Texten zu verarbeiten. Wovon wiederum wir Musikliebhaber profitieren und Parallelen zu eigenen, persönlichen Erlebnissen ziehen können. Der dynamische Opener „Give Her To The River“ ist so ein Paradebeispiel für die Katharsis. Die Bridge „In the fire we transform, in the water we reborn“ setzt sich ohne Umwege in jede Gehirnrinde fest. Somit ist das Hauptthema „(Leben und) Tod“ schon mal festgelegt, und tatsächlich entsteigt ein erhabener Refrain wie der viel benannte „Phoenix“ aus der Asche. Trotz der Schwere der Thematik ein positiver Song mit schönen Melodien und allerlei Gitarrenspielereien. Letztere nehmen auch beim folgenden „Barn Burner“ einen großen Platz ein und machen auch diesen Song zu einem Gewinner. „Hanged Man‘s Revenge“ ist auf jeden Fall der Hit dieses Albums und erinnert etwas an neuere traditionelle Bands wie Night Demon oder Haunt, ohne diese zu kopieren. Ein langsames schweres Sabbath Riff fadet diese Uptempo Nummer laaaaangsam aus. „These Two Hands“ beginnt dagegen sehr besinnlich mit schönen Akustikgitarren, wechselt nach wenigen Minuten in einen sehr schwermütigen, dramatischen Song. Eine für Spirit Adrift etwas ungewöhnliche Komposition, die dem Schreiber mental wohl so einiges abverlangt hat. Positiver ist dagegen das durch ein prägnantes Riff vorangetriebene „Death Won‘t Stop Me“. Ebenfalls ein Kandidat mit Hit-Potenzial. Diese positiven Vibes setzen sich beim sehr melodischen „I Shall Return“ fort und stimmen weiterhin versöhnlich. Wesentlich vertrackter, fast schon zerfahren, geht es auf dem circa fünfminütigen „Siren Of The South“ zu. Sicherlich ein Song, den man sich erarbeiten muss. Das abschließende Titelstück ist dann wieder etwas zugänglicher, wenn auch ebenfalls sehr vielschichtig. Mit knapp acht Minuten der längste Song auf dem Album und an sich für die Neutexaner ein typischer Rausschmeißer. Der Beginn ist ziemlich heavy mit fast schon sägenden Riffs. Im weiteren Verlauf geht es in ein schleppendes und  schwerfälliges Grundtempo über. Nach einem kurzen Gitarrensolo wird der Song atmosphärischer. Der Gesang ist jetzt weniger dramatisch, eher beschwichtigend. Ein finales, sehr schönes, Gitarrensolo „erhellt“ die düstere Grundstimmung wie durch Wolken brechende Sonnenstrahlen und bereiten der Komposition doch noch ein positives Ende eines eher düsteren Albums.

„Ghost At The Gallows“ hält im Großen und Ganzen das Niveau seiner Vorgänger und trotzdem liegt die Vermutung nahe, dass Spirit Adrift ihr „Magnum Opus“ noch nicht geschrieben haben. Daher gibt es ausbaufähige 8,5 Punkte.

Wertung: 8,5/10
Autor: Michael Staude