STALLION – from the dead

Die Süddeutschen Stallion haben sich mit ihrer zweiten Full-Length bekanntlich mächtig viel Zeit gelassen. Ganze drei Jahre lagen jetzt zwischen dem letzten Album “Rise And Ride” und dem neuen Rundling, dazwischen haben die Jungs auch nichts anderes veröffentlicht. Man war also mehr als gespannt, da Stallion wohl eine der großen Hoffnungen der neuen jungen deutschen traditionellen Metal Bands war und die EP “Mounting The World” sowie das oben genannte erste Album schon ziemlich rasiert haben. Also ab unters Messer damit!

Es geht gleich sehr gewohnt los: der erste Song, plakativ „Underground Society“ betitelt, pfeffert dir mal direkt brettstarke Luftgitarren-Riffs in die Visage. Die Ohren liegen also an und wie man es erwartet, kommen die Vocals wieder mit dem gewohnten Effekt belegt, aber absolut passend. Immer wieder gibt es Tempowechsel, die anfangs Spaß machen, aber irgendwann reicht es auch. Zu späterer Zeit im Song weiß man schon gar nicht mehr, ob es noch der Song ist oder schon der nächste. Die Jungs sind also experimentell unterwegs diesmal? Okay, kann man machen, tut natürlich vielen Old-School-Freaks, die vor allem auf die Geradlinigkeit standen, keinen großen Gefallen. Zum Glück sind wir da ja etwas tolerant und sagen mal: guter Song, hat Eier sowas als Stallion zu machen, Respekt.

Im zweiten Song “Down And Out” merkt man, dass es nicht ganz so experimentell weitergeht, zumindest nicht innerhalb eines Songs. Es geht Manowar-Poser-Riff-mäßig los, was schon mal ziemlich geil ist. Schön ist auch der Klischee-Chorus „Don’t give a shit about what they say, always be yourself and follow your own way“, besser hätte Doro Pesch es dem in der Schule geärgerten Kind nicht sagen können (Scherz, Anm. d. Verf.). Der Song ist also 3/4 eher trve gehalten, gibt aber im letzten Viertel nochmal richtig Gas. Geile Speed-up Riffs mit dem ultra-Hall-Gesang: das will der gemeine Stallion Fan hören! Als dann “Hold The Line” losgeht, muss ich spontan an Bullet denken, aber an die Bullet, die noch cool waren. So macht das doch Spaß! Der Song ist rund, der Song ist gut! “Waiting For A Sign” ist dann die Nummer, an der sich die Geister scheiden. Ich schilder mal meine Wahrnehmung beim ersten Hören: Sofort einsetzender Gesang mit geilen Midtempo Gitarren – schön heavy, kommt ja immer gut. Dann: Aaaaarrrrrrrrgh! Keyboardeffekte oder so ein Quatsch: Nein, sorry, geht nicht! Und dann wird auch irgendwann der Song ziemlich strange. Das Gaspedal wird dann doch wieder durchgetreten, was total geil klingt, aber man hat immer noch den faden Beigeschmack von diesen keyboardähnlichen Geräuschen, die dann auch sogar wieder aufgenommen werden. Was soll das?! Man merkt: meins isset nich! Der fünfte Song “From The Dead” kommt dann mit Akustikgeklimper am Anfang, wat ganz wat neues, aber schön: klingt nach Urlaub. Hält zum Glück nicht lang vor, dann kommt wieder ordentliches Geschraube, so wie man das von Stallion auch erwartet. Der Song geht stramm nach vorne, erinnert von den Riffs und vom Schlagzeug her beinahe an Ami-Thrash, wozu der Gesang dann auch fördernd beiträgt.

Mit dem 17-Sekunden-Einspieler „Kill Fascists“ verdienen sich die Jungs bei mir einen extra Punkt. Gerade aus aktuellem Anlass kann man sowas nicht stark genug betonen und ich freue mich immer, wenn Bands sich da klar positionieren. Zudem klingt das ganze auch wirklich gut. Macht doch nen Song draus, Männers! Der anschließende Song “Lord Of The Trenches” klingt so als könnte er mein Favorit auf der Scheibe werden, da er sich für mich stark nach der “Mounting The World” EP anhört. Säge-Gitarren und einfach mal son Schrei am Anfang und dann im oberen Tempo weiter. Der Song ist ein Brett, da würd ich auch live vielleicht ein Bier zu trinken. “Blackbox” ist dann wie früher Freitags nach der Schule am Kiosk, wo man nicht wie jeder Affe ne gemischte Tüte Süßes gekauft hat, sondern ne ganze Packung voll mit den geilen Cola-Krachern: Volle Power! Der Song schmeckt mir jedenfalls genau so gut wie Tüte mit den Krachern! Ich hatte mich bei “Lord Of The Trenches” dann doch geirrt, weil “Step Aside” mein Favorit wird. Granatenstarke Riffs und nicht wirklich komplexe Drums, die dafür aber umso mehr inne Fresse sind! Dazu aggressiv vorgetragenes Geschrei von Sänger Paul, so will ich Stallion, so zählt ihr zu den Top-Newcomern in Deutschland. Der letzte Song “Awaken The Night” macht auch Spaß, hat ganz manierliches Bass-Gehämmer. Wird dann aber zwischendrin mal etwas komisch mit bösem Gequatsche. Dann kommt so ein kleines Break und es geht wieder ab auf die Autobahn, voll Stoff voraus. Kann man haben.

Insgesamt ist die Scheibe aus meiner Sicht sehr gelungen. Ein paar neue Elemente, mit denen man sich anfreunden muss, aber durchaus kann, wenn man der Sache ne Chance gibt. Aus meiner Sicht kommt die Scheibe nicht ganz an “Rise And Ride” oder vielmehr “Mounting The World” ran. Also eigentlich eine 6, aber wie gesagt gibt’s den Anti-Rassismus-Extrapunkt, daher: 7/10. Wir sehn uns an der Theke!

Wertung: 7/10
Autor: Janosch Besen