SUMMER ROCK
Unna, Freibad Bornekamp, 29.08.2020
Und zack, auf einmal befinden wir uns schon zum zweiten Mal auf einem Open Air im Freibad Bornekamp. Beim letzten Mal war es das „Burn d‘ Born” Ende Juli 2020, welches hier natürlich gemäß der bestehenden Hygienevorschriften stattfindet. Offensichtlich wird diese Location langsam zum zweiten Wohnzimmer. Wieder mit dabei sind unter vier Bands Depraved Entity, doch diesmal werden die Melodic Metaller von Custard headlinen. Bevor das so weit ist, schaffen zwei Bands die Grundlage, während wir uns mitteleuropäischer Spätsommertemperaturen um die zwanzig Grad erfreuen. Zwar liegt das Freibad hier in Unna nah am Stadtzentrum, aber nicht am Bahnhof. Und trotzdem hält hier der D-Zug, der aus Richtung Meschede kommt. Der spielte schon in den Achtzigern Deutschrock. Nach Zeugenaussagen derer, die sich wirklich schon um Viertel nach fünf im Freibad Bornekamp eingefunden haben, habe der deutschsprachige Alternativrock von Gitarrist Sandor mit Sabine am Bass und Stefan an den Drums die ersten Bewegungen bei den Besuchern herausgekitzelt. Unser Eintreffen am Ort des Geschehens ergab sich aus widrigen Umständen resultierend leider erst zur zweiten Band des frühen Abends.
Zu dem Zeitpunkt bringt uns nun Escart den Service, der nächsten Band lauschen zu dürfen. Man ist seit 2001 aktiv, kommt aus Iserlohn und beschreibt sein Material als ungeschminkt rumpelig-authentischer Heavy Melodic Thrash Groove Metal. Das kommt schon hin, denn das Quartett gibt den Anwesenden schön was auf die Fresse. Die quantitativ zahlreich vorhandenen Heftigparts gehen schön in den Nacken und es werden auch so einige Slowparts verwurstet, aber etwas Metallica ist immer drin. „Zum Glück“ sagen die Fans der härteren Gangart, die gleichzeitig vermuten, gerade die härteste Band des Abends zu erleben und sich bangend vor der Bühne einfinden. Die Vocals kommen etwas uncleaner, bleiben aber noch gesungen und so rough gegurgelt, dass die Plüschblume am Mikroständer optisch gar nicht passt. Nach dem neuen Song „Where You Cry“ werden noch „Restless“ und „Alone“ gezockt. Folgerichtig wird noch eine Zugabe nachgeworfen, die von der Meute aufgesogen wird. Ziemlich geiler Auftritt, gleich mal am Merch die CD eingesackt.
Bereits auf dem Burn d‘ Born Festival Ende Juli diesen Jahres spielten die Südwestfalen von Depraved Entity hier im Freibad auf, aber diesmal müssen sie schon um halb acht auf die Bretter, dem früheren Festivalbeginn geschuldet. Nebenbei bemerkt, können heute im Gegensatz zum letzten Mal ziemlich wenige Badegäste im Becken gezählt werden, wahrscheinlich weil es nun etwas kühler ist. Vorgeheizt haben die Hagener mit ihrem melodischen Metal hier im Juli schon ganz gut, deswegen sind einige im Publikum wieder hier und es finden sich jetzt noch mehr Fistraiser vor der Bühne ein. Macht auch Laune, wenn man durch zwei fette Gitarren einen fülligen Sound vor den Latz geballert bekommt. Natürlich wird auch das Titelstück ihres einzigen Albums „Queen Of The Night“ unterstrichen von großen Gesten gebölkt und die Audienz hat sichtlich Spaß, sich den konzertarmen Coronafrust der letzten Monate rauszuschütteln.
Ähnliches kann man bei der finalen Band des Abends beobachten. Nur kommen wir auch mit Nachdenken nicht auf die Idee, wie oft wir Custard inzwischen schon live gesehen haben. Auf jeden Fall, und da sind wir uns alle einig, ist das letzte Mal bereits schon länger her. Das heißt auch, Corona ist diesmal nicht alleine schuld. Viel hat sich bei den Hernern nicht verändert. Man tritt noch immer im folkigen Trachtenlook auf und Axtschwing-Shouter Oliver will der geneigte Herr Der Ringe Fan noch immer als Bruder von Gimli erkennen. Der wiederum nimmt sich tatsächlich mit seinen epischen Ansagen etwas zurück, was in der Masse sehr positiv zur Kenntnis genommen wird. Inhaltlich bleibt sein Humor aber erhalten, denn das nächste Lied habe ihnen eine andere Band geklaut und damit ein Schweinegeld verdient. Wie das gemeint war, dürfte jedem Metaller klar sein, der das folgende Stück „Hail And Kill“ erkannt hat. Das Manowar-Cover kommt ja mit mehr Arschtritt als im Power Metal allgemein üblich, nur die Chöre dazu fallen zu schlaff aus. Blöd auch, dass Olivers Mikrofon ohne Kabel immer wieder kleine Aussetzer hat, was der abfeiernden Menge jedoch pfurzegal ist. Also bringen die Mannen um Drummer Chris noch nach Verabschiedung die erwartete Zugabe. Und weil so ein kleines aber feines Festival wie dieses in diesen Zeiten der Zurückhaltung bei den Metallern sehr positiv aufgenommen wird, sei abschließend noch erwähnt, dass das Ironhammer in Andernach am 12.09.2020 ebenfalls stattfindet!
Autor & Pics: Joxe Schaefer