TESTAMENT, EXODUS, DEATH ANGEL

Oberhausen, Turbinenhalle, 14.02.2020


Zu Konzerten in der großen Turbohalle sollte man immer früh genug da sein, denn nach dem sicheren Gang zur Toilette steht noch ein weiteres lokales Ritual an. Vor der ersten Tasse Gerstensaft ist immer der Gang nach draußen zur Bontheke erforderlich. Nicht mit eingerechnet kann es dann schon mal passieren, dass die erste Band bereits losgelegt hat, bevor man in der Halle eintrifft. Grad noch geschafft, als pünktlich um sieben Uhr das Intro abgespielt wird. Die Veteranen von Death Angel sind regelmäßig präsent und auch auf den Bühnen im Ruhrgebiet immer wieder anzutreffen. Mit ihrem  aktuellen Album “Humanicide” geht’s gleich in die Vollen, wenn auch etwas leise und bloß als Anheizer. Apropos, obwohl draußen acht Grad Celsius vom Cockpit gemessen wurden, befindet sich das Halleninnere in sicher nicht zu wenig beheiztem Zustand. Trotzdem bekommt Shouter Mark die Arme der Audienz schon im Opener nach oben. Ein anfangs noch recht verhaltenes Publikum, aber wenns drauf ankommt, ist es da. Es folgt das unbedingte “Voarcious Souls“ und Mister Rob Cavestany glänzt abermals mit Spitzensoli, die im Gesamtsound sehr deutlich rausstechen. Death Angel nutzen die ganze Bühnenbreite und zum eher unspektakulären “Aggressor” geht der erste Circlepit ab. Scheint hier gut anzukommen, das jüngste Album. Nach “The Dream Calls For Blood” folgen Death Angel Rufe und die einzige Ansage von Mark trifft jeden zwischen die Augen. Von solch einer Aussagekraft können sich größere Headliner noch ‘ne Scheibe abschneiden. Das Publikum reagiert und bei “The Moth“ bleibt niemand unzappelnd. “The Ultra-Violence” wird wieder nur angespielt, bevor das Finalstück „Thrown To The Wolves“ fünfzig Minuten Spielzeit vollmacht. Es gab kein “Kill As One” und kein “Mistress Of Pain”, aber dennoch muss ein Supereinstand und  ein überwältigender Auftritt vermeldet werden.


Ich glaube es gibt niemanden hier ist der Halle, der nicht darauf wartet, dass Gary Holt wieder seinen Gitarrenposten übernimmt. Nix gegen Kragen Lum, gar nichts, der Junge hat in der Zwischenzeit einen Superjob bei Exodus gemacht, aber nach Slayer wird es langsam wieder Zeit für Gary. Die vielzitierten Spatzen pfiffen es bereits von den Dächern und tatsächlich … Mister Gary Holt steht neben Lee Altus. Der Fünfer gibt uns mit “Body Harvest” und “Blood In, Blood Out” gut auf die Fresse, bei ebenfalls nicht zu hoher Lautstärke und etwas weniger Action als zuvor bei Death Angel. Aber nicht mit weniger Durchschlagskraft, wie wir die ersten Reihen trotz etwas verwaschenen Klangverhältnissen toben sehen. Das klingt heute bei den anderen beiden Bands in der in Sachen Soundverhältnissen eher schwierigen Turbinenhalle trotz geringerer Lautstärkenauspegelung klarer. Obwohl die äußeren Bühnenränder schlecht ausgeleuchtet werden, kann die zackige Lightshow da wesentlich mehr. Vor „Fabulous Disaster“ wird Mister Holt vorgestellt, gefolgt von massig Gary-Rufen aus den ersten Reihen, die er aber mit dem Riff des Titelstücks erstickt, bescheiden wie er ist. Gemessen daran, wie sehr die Fans auf seine Rückkehr warteten, haben wir jetzt etwas mehr Enthusiasmus aus der ganzen Halle erwartet. Shouter Zetro zeigt sich nicht bestens bei Stimme, kommt etwas leiser und bricht Textzeilen ab. Macht aber nichts, denn der Mann ist eher der Kumpel von nebenan und die ersten Reihen feiern ihre Helden mit dem Alltime-Fave „Blacklist“, bei dem gleich ein Ruck durch die Menge geht. Auf einmal kommt schon „Bonded By Blood”, aber ohne noch “Toxic Waltz“ und das zum Finale erwartete “Strike Of The Beast” geht hier keiner aus der Halle. Shirtpreise von 30 Öcken sind nicht von schlechten Eltern, und so bleibt es beim Merch beim Kauf eines Tourshirts von Testament, obwohl das graue Exodus noch ziemlich cool aussieht. Na ja, geklemmt.


Nachdem bei Testament unlängst der Soundmann wechselte, wurde die Headlinerqualität wieder hergestellt. Wenn man auch hier und heute sicher nicht mit zu hoher Phonzahl auftrumpft, wurde der typische Testament-Sound sofort als solcher erkannt. Zwischen Säulen von Feuer und Rauch knallt der Fünfer das Eröffnungsdoppel “Eerie Inhabitants” und “The New Order” in die gefühlt ausverkaufte Turbinenhalle 1. Ihre bis jetzt absolvierten Konzerte dieser “The Bay Strikes Back”-Tour waren größtenteils ausverkauft. Riesenzuspruch für die größten drei Bay Area Thrashbands also, der bestimmt über eine Wiederholung des Spektakels nachdenken lässt. Am vorderen Bühnenrand wurden drei Podeste aufgebaut, von denen Alex Skolnick besonders das Mittlere für seine Soli aufsucht. Noch immer eine Macht, was der Mann da aus den Fingern zaubert, wenn auch bei uns heute die Soli von Rob Cavestany besser zündeten. Eric Petersen hält sich bei den Podesten mehr zurück, wird von der Menge aber ebenso gefeiert. Die Testamacht entfaltet sich mit „The Haunting“, „Dark Roots Of The Earth“ und “The Fall Of Sipledome” weiter, während Chuck Drumsticks in die Menge wirft, die er sich von Gene Hoglans futuristisch gestaltetem Drumkit holt. Dass Banger im Publikum noch Effektgeräte in Chucks Stimme bemerkt haben wollen und dass er für den Prompter wohl keine Lesebrille hatte, tut der Stimmung keinen Abbruch. Das “Brotherhood Of The Snake” Hintergrundbild verschwindet und wird durch das von “Titans Of Creation” ersetzt, dem Anfang April erscheinendem Album. Chuck sagt von diesem Studiowerk “Night Of The Witch” an, welches in der Songreihenfolge das Vierte sein wird. Das mitgrölbare “Aaaaaall night, they cast a spell so the demons will rise” sollte sich bis zum Erscheinungstag markant eingebrannt haben. Ohne große Unterbrechung werden zum Finale noch die Klassiker “Into The Pit”, “Practice What You Preach“ “Over The Wall” und “Disciples Of The Watch” gebracht. Ihre neunzigminütige Auftrittszeit konnte nicht jedes Highlight beinhalten, aber auf Klassiker wie “Electric Crown”, “Souls Of Black, “Trial By Fire” oder dem Fave “Alone In The Dark” musste verzichtet werden. Trotzdem eine super Vorlage zum neuen Album, von dem wir einiges erwarten dürfen. Der Tross ist noch bis Mitte März mit einigen Deutschlanddates unterwegs, besser man ist mindestens einmal dabei gewesen!

Autor & Pics: Joxe Schaefer