Thrash Speed Burn 8

Oberhausen, Kulttempel, 28.03.2024


Dafür, dass die Gelsenkirchener von Sphinx ausgefallen sind, springen Grindpad ins Billing. Für viele sicher die bessere Wahl, zumal wir die Niederländer zuletzt noch live gesehen haben, wo sie eine gute Figur ablieferten. Heute spielen sie schon unter dem Traitor Backdrop, und der Aufblas-Hai vom 2020er „Violence“ Albumcover lauert schon vorn auf den Boxen auf die Meute. Ein Corefaktor und etwas Municipal Waste ist auch mit drin, was gleich zu kleinen Pits anstiftet. „Santa Cruz (Sharkbite Pt. II)“ fegt durch den Saal, der Hai nun auch. Songs wie „To Those About To Die“ und „Toxic Thrash“ werden abgefeiert, dazu beginnen einige vor der Stage schon mit Pits und Polonaise. Das funzt alles ziemlich steil, jedoch darf eine zünftige Version von Accepts „Fast As A Shark“ zum Schluss als Höhepunkt bezeichnet werden, in der wir die beste Gesangsleistung und die besten Sololeistungen beider Gitarristen attestieren dürfen, bevor nach satten achtundvierzig Minuten Schluss ist.


Richtig geil stechen aus jüngerer Thrash Historie Traitor heraus, und zwar nicht nur deswegen, weil sie den Titelsong vom kultigen Dokustreifen „Total Thrash“ lieferten. Unangefochten obergrenzgeil ist noch immer ihr grandioses „Venomizer“ Album, woran sich noch immer alles von ihnen messen lassen muss. Die Balinger legen sofort volles Brett los, ihr Hochtempothrash verursacht Circlepits. Die Ansagen werden so sehr gebrüllt, dass die Titelnamen kaum verständlich sind. Bei „Traitor“ und „Into The Nightosphere“ ging das noch. Als noch weniger schön darf der brummige und unscharfe Sound bezeichnet werden, für den es bis kurz vor Ende kein Mittel zu geben scheint. Dafür klingen die Vocals von Drummer Andi zum Ausraster „Blitzkrieg Bop“ etwas klarer, und er kann das geschlagene Tempo im Schluss noch verdoppeln. Alle Arme gehen hoch, na klar, schließlich gelingt es dem alten Ramones Song, auf der Setlist noch herausstechen. Okay, insgesamt nicht der beste Gig der Süddeutschen, aber dennoch schön, sie mal wieder live gesehen zu haben, und das für fette fünfundfünfzig Minuten.


Die Norddeutschen von Rezet haben wir zuletzt am Ohmbachsee live gesehen, wo sie in der Hitze des Iron Fest Open Airs 2023 aufgespielt haben. Im Moment sind sie zusammen mit Gama Bomb auf Tour und bilden heute die Tops auf der Bill vom achten Thrash Speed Burn. Musikalisch brennt hier gar nix an, und vor ihrem Riesenbackdrop kommen Songs wie die Titeltracks „Reality Is A Lie“ und „Truth In Between“ authentisch rüber. Bei den Schleswig Holsteinern spielt seit einiger Zeit Lorenz von Traitor den Bass. Keine Ahnung, wie viele Kilometer er dafür zum Proben zurücklegt, aber hier und heute auf der Bühne sind das so einige Strecken. Neben Gitarrist Nikolai aus Bulgarien, der bereits in so einigen namhafteren Bands seine Spuren hinterlassen hat, bilden bei diesem Vierer Drummer Bastian und die Linksgitarre von Gitarrist und Shouter Ricky das personelle Grundgerüst. Dem Nikolai wird auch ein ausgedehntes Gitarrensolo zugestanden. Und weil am Merch ihr erstes Album „Have Gun, Will Travel“ auf Vinyl vorrätig war, musste das natürlich abgegriffen werden. Ob das daran liegt, weil Ricky sein Shirt ausgezogen hat, oder weil die Uptemposongs inclusive eines brandneuen Stücks einfach Laune machen, dass es gegen Ende noch einmal zum begeisterten Circle Pit kommt, konnten wir nach den kurzweiligen fünfundfünfzig Minuten nicht sicher ermitteln.


Nach dem Intro stellen wir schnell fest, Gama Bomb spricht ebenso wie der Opener Grindpad ein durchschnittlich jüngeres Thrash-Publikum an. Mainman und Macher on Stage sind die beiden Frontleute Linksbasser Joe und Shouter Philly. Letztgenannten kennen wir als Dressman, sich gerne im Hosenanzug präsentierend. Heute ist es ein Overall in der Farbe Sträflingsorange, dessen er sich auch alsbald obenrum erledigt, und zum Glück nur bis dahin. Zusätzlich zu seinem kräftigen Cleangesang macht er reichlich Faxen, kitzelt seine Mitstreiter im Spiel und hat offensichtlich richtig Bock, hier in Oberhausen aufzutreten. Solche Animationen wie „Hihi“, „Haha“ und „Hoho“ verursachen beim Oldschooler im Mitsingspiel schon gemischte Gefühle, zumal die musikalische Leistung der Band sonst schon überzeugt. Dagegen wird sympathisches Gehacke wie „Evil Voices“ vom zweiten Album und „Living Dead In Beverly Hills“ vom aktuellen Album „Bats“ zünftig abgefeiert. Vor „Bring Out The Monster“ wird uns das Bandmaskottchen ‚Snowman‘ vorgestellt. Ein Typ entert mit grauer Fellmaske, die irgendwas zwischen Yeti und einem Individuum aus der Muppet Show darstellt, die Bretter. Doch schon vor dem Abschlusstriple mit „Speed Funeral“, „Hammer Slammer“ und „Terrorscope“ wurde uns klar, der Fünfer kommt live besser als auf Platte und insgesamt immerhin auf eine Spielzeit von fünfundsechzig Minuten. Außerdem dürfen wir weiterhin subsummieren, die Iren waren heute die melodischste Band im Billing.

An dieser Stelle noch schnell der Hinweis auf das neunte Thrash Speed Burn am 13.09.2024, zum Dank für freien Eintritt. Für Tickets konnte man sich hier vor Ort bereits in einer Liste eintragen. Bestätigt dazu sind Tytus aus Italien und Taskforce Toxicator.

Autor: Joxe Schaefer
Pics: Baalphemor