Thrash Speed Burn Festival IV
Oberhausen, Kulttempel, 17.01.2020
Zum vierten Mal geht das inzwischen etablierte Thrash Speed Burn Fest an den Start, und es soll, das darf vorweggenommen werden, das bislang erfolgreichste werden. Ein früher Beginn von 17:30 Uhr stellt den Konzertbesucher vor die Aufgabe, durch den freitäglichen Feierabendverkehr zu gelangen. Das schon auf dem Parkplatz deutlich zu erkennende „Seek And Destroy“ kommt von einer Band mit dem Namen Ruhrpott Underground, die grad den dritten Song ihres Sets zockt. Diese bunte Zusammenkunft scheint eine Coverband mit dem Schwerpunkt auf Tracks von Metallica zu sein, allerdings in einer besonderen Besetzung. Der vierzehnjährige Sohn Ronny von Bonded Gitarrist Bernemann trommelt, am Bass steht Tim Reil, der Sohn vom Kreator Drummer und der Posten für Gitarre und Vocals wurde von Manoli Papadopoulos übernommen, dem Sohn des ex-Sodom Managers. Die Oberhand hat Gitarrist Frank, der Gitarrenlehrer von Manoli. Bei dem Nachwuchsquartett stimmt noch längst nicht alles. Für so manche Passage wie beispielsweise in „Creeping Death“ hatten die Originale damals aber auch kein besseres Timing. Zum Abschluss glänzt ein cooles „Remember Tomorrow“ vom allerersten Maiden-Album allein schon dadurch, dass der Vierer auch den Sound so hinbekommt wie die Engländer 1980. Auf jeden Fall bekamen wir für eine halbe Stunde eine coole Songauswahl und dürfen gutes Engagement bescheinigen! Das sieht ebenfalls das Publikum so und spendet auch wegen den bekannten Songs reichlich Beifall.
Irgendwie ist uns der Name Corporal Shred noch immer geläufig, obwohl wir sie zuletzt vor fünf Jahren live gesehen haben, als Support bei Death Angel und Kryptos. Thrashen können die Vier noch immer, das wird allen Anwesenden hier heute Abend schnell klar. Die doppelte Flying-V kloppt mit dem Fünfsaiter gut auf die Omme, gibt Kante und haut auf die Fresse. Es drückt dem noch angenehm gefüllten Kulttempel in Oberhausen eine beachtliche Soundwand ins Gesicht. Auf die Frage „Wer hat Bock auf Headbangen?“ stampft das Titelstück ihres einzigen Albums „Dressed In Blood“ los und nicht wenige Mitbangphasen bescheinigen den Jungs einen anständigen Auftritt, der bereits nach etwas über einer halben Stunde zu Ende war.
Letztes Mal erteilte das Quintett Fireforce dem Thrash Speed Burn Fest wegen eines erkrankten Gitarristen eine Absage, diesmal sind sie am Start. Ihr Shouter bleibt nach dem Soundcheck gleich schon mal auf der Bühne und ruft hochmotiviert die erste Ansage in die Menge, schon während noch das Sirenenintro abgespielt wird. Er glänzt mit deutschsprachigen Ansagen wie „Wollt ihr Metal auf die Fresse?“ und setzt damit erste Ausrufezeichen. Auch die Belgier leiden wie alle Bands heute Abend unter dem unglücklichen Umstand, dass ihr Logo nur schwach beleuchtet in den Hintergrund projiziert wird. Die fünf Kurzhaarigen können ihren melodischen Metal auf den Punkt bringen und einige Gäste mitreißen. Nur ob das zum Schluss mit den Konfettikanonen wie auf Weiberfastnacht wirklich sein musste, darf nach ihren 45 Minuten Auftrittszeit diskutiert werden.
Nach der nächsten Band leckt sich unser Redakteur Steph Bachmann aus Basel die Finger. Der ist aber nicht hier, also lecken wir, wenn auch lieber am Bierbecher. Bei den wiederaktiven Schweizern von Poltergeist ist heute Gitarrist Pat von Gurd eingesprungen, der sich das Material in kurzer Zeit draufgeschafft hat. Dass anfangs kurz ein Amp ausgefallen ist, fällt in der Qualität des Auftritts nicht weiter ins Gewicht. Die Eidgenossen profitieren von einem ziemlich tighten Drummer und die Audienz von den Zackriffs zu „Behind My Mask“, dem Titelstück ihres 1991er Albums. Auch „We Are The People“ kloppt schön auf die Omme und viel zu schnell kommt das fette Thrashbrett nach über fünfzig Minuten zum Ende. So mitreißend wie heute haben wir ihren oldschool Thrash mit Gesang lange nicht erlebt und wir müssen sagen, dies war einer der besten Auftritte, die wir in letzter Zeit von den Schweizern gesehen haben. Schön, dass sie heute hier waren.
Auf jeden Fall sind Stallion immer eine Macht, besonders live. Gerne erinnern wir uns an ihren Auftritt im Juz Andernach beim Ironhammer Festival 2018, als sie thrashig heftigen Gitarrensound auffuhren. Und weil das auf ihrem neuen Album anders klingt, sind wir doch mal sehr gespannt, wie sie hier in Oberhausen nun ihre Gitarren auffahren lassen. Auf jeden Fall bekomme ich erstmal beim Opener „Rise And Ride“ vorn beim Fotografieren vor der Bühne so sehr die Lyrics in den Nacken gebrüllt wie selten. Einen Song des im Februar 2020 erscheinenden Albums “Slaves Of Time” mischen sie schon mit unter. Endlich heißt auch mal einer „No Mercy“, was Äxxl schon lange auf seinem Gitarrenhals stehen hat. Der neue Song entpuppt sich übrigens als Kracher, ebenso wie das längst erprobte „Underground Society“. Stimmlich etwas angeschlagen zeigt sich Pauly sehr agil und hält die Stunde Spielzeit tapfer durch. Wechselt sogar ständig die Bühnenseite und gießt bei „Watch Out“ seinen Bandkumpels die Kaltgetränke direkt in den Hals. Manche Höhen singt er tiefer, aber wenn er sie bringt wie in „Stigmatized“, sitzen sie. Die Frisur natürlich auch. Auch heute spielen sie das kurze Statement „Kill Fascists“ zweimal und kommen mit dem unverzichtbaren „Canadian Steel“ zum Schluss. Auf jeden Fall kann man den Speedstern natürlich kein fehlendes Tempo nachsagen und für viele waren Stallion die Band des Festivals, ein starkes Standing zwischen all den Thrashbands.
Auf Bonded sind nun alle gespannt, was die beiden ex-Sodom Leute Bernemann und Makka mit eigener Band auf die Kette bekommen. Es ist ihr erster Auftritt im Pott. Der bereits der vierte insgesamt, aber die anderen würden nicht zählen, erklärte uns Bernemann vor dem Auftritt. Schon sehr früh sorgen Bonded-Rufe für Zuspruch aus den Zuschauerreihen, während von der Bühne die beiden Openersongs des Albums „Godgiven“ und „Suit Murderer“ gezockt werden. Tatsächlich haben Bonded live viel mehr Sodom in ihrem Sound als auf Platte. Und dann folgt schon mit „M-16“ das erste Sodom-Stück. Zwar ist genau heute der Erscheinungstag ihres Debütalbums „Rest In Violence“, aber es werden in den ein einhalb Stunden noch einige ihrer alten Songs die Setlist anfüllen, die aus der Zeit ihres vorherigen Betätigungsfeldes stammen. Das werden u.a. noch „In War And Pieces“, „Sacred Warpath“ und „Rolling Thunder“ sein. Die Bedingungen sind optimal. Ein voller Saal, der Sound drückt und zwischen angetan bis begeistert lauscht die Menge gespannt, lässt Haare fliegen und platziert immer wieder Bonded-Rufe zwischen die Songs.
Uhrwerk Makka bearbeitet sein eigenes Drumkit und Gitarrist Chris bangt sich gut was weg. Vor allem haben sie sich mit Ingo von Assassin schön einen Rotzshouter ans Mikrofon geholt, der auch mal seine Singstimme präsentiert und daher einen Sodom-Song ganz anders erklingen lässt. Ein „The Rattle & The Snake“ geht geradeaus auf die Zwölf und nach dem auf Platte von Bobby Blitz gesungenen Titelstück „Rest In Violence“ stellt Bernemann die Band vor. Makka am Schlagzeug, Marc am Bass, Gitarrist Chris von Destroy Them (ex-Sucidal Angels) und Shouter Ingo von Assassin. Letztgenannter gefällt mir hier sogar noch besser als in seiner Stammband. Mit „City Of God“ gelangt man mit noch einem weiteren Sodom-Song über die Ziellinie und wir dürfen weiterhin gespannt sein, wohin die Reise bei Bonded geht …
Autor & Pics: Joxe Schaefer