Up The Hammers Warm-Up

Athen (GRC), An-Club, 07.03.2024


Es ist zur Tradition geworden, bereits am Mittwoch vor dem Festival zum Up the Hammers zu reisen. Einerseits weniger Hektik bei der Anreise, andererseits mehr Zeit, sich mit den lokalen Freunden vor Ort zu treffen und abzuhängen. Der diesjährige Mittwochabend dürfte definitiv in meine Highlights eines UTH eingehen. Im „I Kriti“ haben wir uns für weniger als 30 € / Person die Bäuche vollgeschlagen und die Kehlen mit nicht wenig Alkohol benetzt. Im Anschluss zog ein Teil der 23-köpfigen Gesellschaft noch weiter um die Häuser, um im bereits milden Athen noch bis in die frühen Morgenstunden ordentlich Party zu machen. Daher startete der Donnerstag für mich erst nachmittags. Und nach Essensaufnahme und dem ersten Bier, war es schon bald Zeit, sich in den AN Club für die heutige Warm-up Show zu begeben. Zum allerersten Mal in der Geschichte des Up the Hammers Festivals war die Warm-up Show ausverkauft, was sicherlich auch mit dem heutigen Headliner Night Demon zusammen hängen dürfte, der den Club sicherlich amtlich durch schütteln wird.

Los geht es mit den Lokalmatadoren von Saturday Night Satan, einem auf Tonträger als Duo agierende Formation, bestehend aus Sängerin Kate Soulthorn und Jim Kotsis, welche heute durch drei zusätzliche Livemusiker unterstützt werden. Ob diese Livemusiker allerdings zum festen Line-up gehören, entzieht sich meiner Kenntnis. Der okkultig angehauchte, mehrheitlich simpel gehaltene, jedoch melodiöse Heavy Rock weiß jedenfalls gut zu gefallen und der AN Club ist bereits bei der ersten Band anständig gefüllt. Ich kenne das Material der Band überhaupt nicht, das „All Things Black“ betitelte Debütalbum, welches man mittlerweile in voller Länge auf Youtube genießen kann, erscheint auch erst eine Woche nach dem UTH Festival. Der Sound der Band baut stark auf die angenehme Stimme von Sängerin Kate, welche die Songs auch live gut umzusetzen weiß. Der melodiöse Opener „Rule With Fire“ und vor allem das abschließende „Devil In Disguise“ gefallen mir ausgezeichnet und auch Kate’s Stimme kann live überzeugen. Ich werde mich sicherlich noch genauer mit der Band beschäftigen. Saturday Night Satan sind ein guter Start ins diesjährige Festival und wiederum eine positive Überraschung für mich. Der Fundus an guten, griechischen Bands scheint unerschöpflich zu sein.

Setlist: Rule With Fire; Lurking In The Shadows; All Things Black; Crown Of Arrogance; By The River; Devil In Disguise.


Nachdem sich Ravensire leider während der Pandemie aufgelöst haben, formte ex-Ravensire Gitarrist Nuno Dolmen Gate, wo er jedoch am Bass agiert. Nach einer Single („Retribution“) und einer EP („Finis Imperii“) im vergangenen Jahr, wird das Debütalbum der Portugiesen Ende April via No Remorse Records erschienen. Ich kenne die Band wiederum nicht, auch wenn ich die Alben von Ravensire immer gerne gehört habe. Alle heute Abend gespielten Songs stammen vom demnächst erscheinenden Debütalbum, welches „Gateway Of Eternity“ heißen wird, wobei der Opener „Retribution“ und das abschließende „Rest In Flames“ bereits auf der EP vertreten sind. Der teils epische Metal, welcher durch geniale Gitarrenleads getragen und durch die gute Stimme von Ana veredelt wird, gefällt mir auf Anhieb gut. Speziell das geniale „Chambers Of Magic“, welches pünktlich zum UTH auf Youtube als Single präsentiert wird, packt mich sofort. Einziger Schwachpunkt ist die doch recht dünne Stimme von Sängerin Ana, welche auf den Alben gut zum Tragen kommt, live jedoch deutlich mehr Power vertragen könnte. Vielleicht sollte man hier mehr Backing Vocals einsetzen, um live mehr Druck in den Gesang zu bekommen. Nichtsdestotrotz, mir gefällt das Material sehr gut und ich bin gespannt darauf, das ganze Album zu hören.

Setlist: Retribution; The Oath; Chambers Of Magic; The Wheel; Betrayal; Rest In Flames.


Das Warm-up des UTH Festivals steht immer mehr im Zeichen von Bands mit Frauen hinter dem Mikro. Nachdem letztes Jahr mit Claymorean, Receiver und Sonja bereits drei Bands mit Frauengesang am Start waren, konnten wir mit den beiden bisherigen Bands wiederum zwei weitere bewundern. Bei Lynx aus Gießen, eine Band um Blizzen Gitarrist Marvin Kiefer, teilen sich Marvin und Amy, welche auch das Keyboard bedient, die Leadvocals. Ursprünglich wurde die Band 2020 als Quartett mit Marvin am Gesang gegründet. Nach der Veröffentlichung des Debütalbums „Watcher Of Skies“ (2021), auf dem Marvin noch für allen Gesang verantwortlich ist, stieß im Februar letzten Jahres Amy zur Band, um einen Teil des Leadgesanges beizusteuern, was dem Sound der Band eine breitere Note verleiht. Die Band spielt einen NWoBHM angehauchten Hard Rock, der mir definitiv zu wenig Punch hat. Nichtsdestotrotz werden die Songs heute Abend sauber gespielt und das Duo Amy/Marvin macht seine Sache hinter dem Mikro sehr gut. Die acht gespielten Songs stammen, mit der Ausnahme von „Island Universe“, welches ein neues/unveröffentlichtes Stück darstellt, alle vom einzigen verfügbaren Album. Für meinen Geschmack ist das Material zu wenig packend, um mich wirklich überzeugen zu können, so dass keiner der Songs aus dem Set herausstechen will. Dem Publikum hat der Set der Gießener deutlich besser gefallen und der AN Club ist gut gefüllt, so dass die Band für ihre Mühen auch entsprechend belohnt wird, denn gut gespielt ist der Gig allemal. Mir haben die beiden vorangegangen Bands des Abends jedoch deutlich besser gefallen.

Setlist: Odyssey; Heartbreak City; Beyond The Infinite; Island Universe; Savage Mountain; Watcher Of Skies; Grey Man; Lynx.


Witchunter aus Italien sind seit 2007 aktiv und haben bisher drei Alben („Crystal Demons“ (2010), „Back On The Hunt“ (2016) und „Metal Dream“ (2022), veröffentlicht. Am heutigen Abend kommen Songs aller Phasen der Band zum Zuge, ja mit „Hell For Leather“ wird sogar ein Song vom 2008er Demo „Witchunter“ in der Setlist gewürdigt. Sehr zur Freude der zahlreichen Fans der Band. Mit ihrem geradlinigen, teils eingängigen Speed Metal treffen die fünf Italiener den Geschmack des Publikums haargenau, und so geht vor der Bühne amtlich die Post ab. Nach dem Opener des aktuellen Albums „Metal Dream“ dreht man den Zeiger der Uhr ins Jahr 2010 zurück, um zwei Klassiker vom „Crystal Demons“ Debütalbum zum Besten zu geben. Auf der kleinen Bühne des AN Clubs wird es ganz schön eng für das Quintett, so dass die Bewegungsfreiheit ziemlich eingeschränkt wird. Die Setlist wird gegenüber dem Keep it True Rising 3 Gig vom letzten Oktober leicht variiert, der klischeehafte Einsatz von Kunstblut durch Sänger Steve bleibt allerdings bestehen, so dass dieser mit rot eingesautem Gesicht und Oberkörper den Set beendet. Ich werde wohl nie ein Anhänger von Witchunter werden, auch wenn der heutige Auftritt optisch ziemlich cool rüber kommt. Die Musik will hingegen bei mir nicht richtig zünden.

Setlist: Metal Dream; Crystal Demons; The Breath Of Satan; Witchunter; Restless; Lucifer’s Blade; Hell For Leather; Hold Back The Flame.


Auf Sentry bin ich dann wirklich gespannt. Die Band, welche nach dem Tod von Mark „The Shark“ Shelton aus der Asche von Manilla Road empor stieg und soeben ein viel umjubeltes Debütalbum veröffentlicht hat, erlebt heute Abend ihre Livefeuertaufe und liefert im prall gefüllten AN Club eine musikalisch tolle erste Performance ab. Aufgrund der langjährigen Bühnenerfahrung der Musiker habe ich nie an der Qualität des heutigen Auftritts gezweifelt. Dafür ist auch die Qualität der Songs zu stark, stellt das selbstbetitelte Album der Jungs doch eines der ersten echten Highlights des noch jungen Metal Jahres dar. Das Quartett spielt dann auch punktgenau den Inhalt des Albums, wobei man die Songreihenfolge des Albums beibehält, und als Band trotz der langjährigen Bühnenerfahrung etwas hüftsteif wirkt. Da könnte man Stageacting-mäßig schon noch eine Schippe drauf legen. Bei meinem Lieblingssong des Albums („Valkyries (Raise The Hammer)“) hätte man elegant den Festivalnamen einbauen können. Aber solche Aspekte fallen einem meist erst im Nachhinein ein. Der Geist von Mark war während des Gigs der amerikanisch-deutschen Allianz stets spürbar, speziell bei den düsteren Songs wie „Black Candles“ (Mark gewidmet) oder dem Albumrausschmeißer namens „Funeral“. Das brillant intonierte Candlemass Cover „Incarnation Of Evil“ (vom Ancient Dreams Album) beschließt eine ausgezeichnete Darbietung, welche eigentlich eine Zugabe verdient gehabt hätte. Sentry darf man sicherlich zu den Gewinnern des Abends zählen. Die Band schaue ich mir auf jeden Fall gerne wieder live an. Das Album habe ich eh auf Dauerrotation.

Setlist: Dark Matter; The Haunting; Heavensent; Valkyries (Raise The Hammer); Awakening; Black Candles; Raven’s Night; Funeral; Incarnation Of Evil.


Als Night Demon dann die Bühne entern, brennt die Hütte lichterloh. Bekannt für ihre fulminanten Liveshows legt das Trio aus Ventura auch in Athen einen energiegeladenen, jedoch technisch sauber gespielten Headliner Set aufs Parkett. Night Demon sind eine Band, die sich für ihren heutigen Status regelrecht den Arsch abgespielt hat, und sich in ihren frühen Tagen auch nicht zu schade war, für lediglich drei anwesende Fans eine top Performance hinzulegen. Dies zahlt sich nun endlich aus, die Band kann ihre Lorbeeren ernten und wird regelrecht abgefeiert. Die drei Venturianer lassen sich dann auch nicht zweimal bitten und zeigen ihre Livequalitäten, kombiniert mit viel Spielfreude. Die Setlist lässt dann auch keine Wünsche offen und beinhaltet neben einigen Highlights des aktuellen Albums „Outsider“ auch zahlreiche Klassiker, so dass am Ende alle Fans zufrieden den AN Club verlassen haben dürften. Vor der Bühne geht amtlich die Post ab, und den unverbesserlichen Crowdsurfer, der „elegant“ gegen Jarvis’ Mikro treten muss, können wir mit vereinten Kräften wegdrücken. Generell ist man ungewollt aufgrund des Gemoshes und des Gedrückens permanent in Bewegung. Nach „The Wrath“ etwa zur der Hälfte des Sets, werden nur noch Bandklassiker wie „Dawn Rider“, „Screams In The Night“, „Welcome To The Night“ oder eine meiner absoluten Favoriten namens „Curse Of The Damned“ ohne große Intermezzi in den proppevollen AN Club gefeuert. Nach der obligaten und brillanten Rausschmeißer Doublette „The Chalice“ und „Darkness Remains“ ist der offizielle Set nach gut 75 Minuten beendet. Die Band lässt es sich dann jedoch nicht nehmen, mit „Heavy Metal Heat“ und „Night Demon“ zwei viel umjubelte Zugaben zu geben. Das Trio aus Ventura ist heute der unumstrittene Headliner und wird seiner Rolle auch unumfänglich gerecht.

Setlist: Prelude; Outsider; Obsidian; Full Speed Ahead; The Howling Man; Beyond The Grave; The Wrath; Dawn Rider; Screams In The Night; Kill The Pain; Welcome To The Night; Ancient Evil; Curse Of The Damned; The Chalice; Darkness Remains; Heavy Metal Heat; Night Demon.

Nach dem Gig begeben wir uns, nach einem kurzen Boxenstopp in unserem Appartment gleich um die Ecke, ins Old Boy, zur offiziellen Aftershow Party, wo auch einige der (heute aktiven) Musiker (u.a. Neudi (Sentry), Armand und Brian (Night Demon) und Jamison Palmer (Visigoth, Blood Star)) zugegen sind, um bis in die frühen Morgenstunden Kaltgetränke zu sich zu nehmen und über die Musikszene zu diskutieren. Brian Wilsons Schilderungen zu seiner Zeit als Drummer bei Yngwie Malmsteen sind durchaus interessant und aufschlussreich. Nach ausgiebigem Feiern ist es wieder 05:00 Uhr morgens, als ich mich endlich hinlegen kann.

Autor: Steph Bachmann
Pics: Christina Alossi