WOLF – feeding the machine

Mit seiner Lieblingsmusik, besonders mit seiner Lieblingsband, ist man schnell dabei, alles abzunicken. Vorher jedoch geht man mit ihr stark ins Gericht und prüft jeden Ton auf Herz und Nieren. Deswegen wird das Review zu “Feeding The Machine” mal etwas ausführlicher und auch etwas anders, als ich das sonst angehe. Das achte Album unserer Wölfe aus Schweden steht an. ‘Endlich’, sagen die Fans nach sechs Jahren Wartezeit. Da ist seit dem letzten Studioalbum viel passiert und sehr viel Zeit verstrichen, man spielte einzelne Headlinergigs, unter anderem mit Dead Lord im Vorprogramm, und Drummer Richard und Basser Anders sind inzwischen nicht mehr dabei, obwohl sie noch erste Aufnahmen für dieses Album geliefert haben. Die beiden Neuen sind Berge, nämlich Basser Puntus Egberg von King Diamond und Drummer Johan Koleberg (ex-Therion). Zwar haben sie auch Hammerfall Referenzen, doch das sei ihnen mal verziehen. Das achte Studioalbum “Feeding The Machine” wurde komplett vom jetzigen Line-up eingespielt. Dabei herum kamen zwölf kompakte Tracks, die meist so um die drei bis vier Minuten laufen und gegenüber Releases anderer endlich mal ne stattliche Spielzeit ergeben. Ein Oberkracher wie “Shark Attack” ist nicht drauf, wohl aber zündendes Tempozeugs. Einen Oberhit wie “Voodoo” muss man auf der Scheibe auch nicht suchen, weil an sich jeder Track ziemlich gut ist und man nicht weiterskippen muss.

Aber mal  der Reihe nach. Mit einer Gitarre gespielten Sirene eröffnet der Uptempokiller “Shoot To Kill” die Pforten und wir freuen uns über die hellen und roughen Vocals von Nik, welcher offensichtlich der Alte geblieben ist. Seine Stimme kommt sofort und schraubt sich ins Gehirn. Die bekannte Heavyness der Gitarren ergießt sich allerdings nicht so, obwohl die Saiten hohe Qualität abliefern. Der Track besitzt auch noch einen Richard Holmgren Drumbeat, aber nun ja, es trommelt de facto der Neuzugang Johan, den wir noch nicht vor dem geistigen Auge haben.

Etwas melodischer stellt sich danach “Guillotine” vor, dessen gesungener Refrain wie “Guilty” klingt. Das Ding offenbart sich auch im Uptempo und Nik kommt etwas rougher als gewohnt, Es ist ein treibender und erdiger Beat, der voll Bock macht, den Song demnächst live abzufeiern.

An Position Nummer drei folgt im erdigen Midtempo “Dead Man’s Hand”. Der stampft zu Ripp-offs und man sieht wie der tote Mann vor dem geistigen Auge im Zombie-Walk vorwärtsstampft. Geht schön auf die Fresse, geiler Scheiß.

Wohlwissend, dass an vierter Position der vorab bereits ausgekoppelte Videoclip “Midnight Hour” folgt, muss man schon jetzt von einem sehr gelungenen Einstand sprechen. Während Puristen und Schräubchenzähler von einem Comebackalbum sprechen könnten, wird sie spätestens dieser Song ruhigstellen. Ein griffiger Uptemposong mit einprägsamem Chorus, der dabei trotzdem keine Spur cheesy geworden ist. Außerdem erfreuen wir uns eines ziemlich geilen Basses im kurzen Slowpart. Einer der Highlights der Scheibe und daher zu Recht die Auskopplung.

Es gelangt das kompakte “Mass Confusion” sehr schnell auf den Punkt durch sein treibendes Midtempo und einer ziemlich markanten Leadgitarre. Spätestens an dieser Stelle dürfen mal die hervorragenden Werke der Soli von Gitarrist Simon gelobt werden. Recht früh wird der Titel reingerufen, während die Rhythmik alle Teilchen beschleunigt. Und dann noch ein Knie-nieder-Solo, dass man auch ganz weit nach hinten gebeugt spielen kann, haha.

Also den Start von “The Cold Emptiness” muss ich mir gleich nochmal geben. Grad noch den Herrn Simon gelobt, können wir das jetzt noch einmal tun. Das Zusammenspiel von Leadgitarre und Drums durchschaut man nicht sofort, kommt aber ziiiemlich geil. Und es stampft etwas über Midtempo wieder, als die anfänglichen Leads wiederholt werden. Kann man von schwindelig werden, so wie bei Michael Schenker bis 1983.

Das Titelstück “Feeding The Machine” befindet sich mit einem knarrendem Schiff auf See und einer schon finsteren, sehr großen Glocke. Soviel jedenfalls zu den Einführungssamples, bevor man mit den Riffs sofort bis hinter die Gehirnrinde fräst. Nik setzt vermehrt auf die tiefen Töne seiner Stimme, was ja schon in jüngster Bandzeit ziemlich gut ankam.

Inzwischen sind wir schon beim achten Track “Devil In The Flesh” angekommen, und der schießt uns im oberzünftigen Uptempo zwischen die Augen. Das wird auch wieder ein künftiger Lifekracher mit Abbang- und Mitgrölgarantie werden, und das nicht nur wegen der unbedingten Bridge.

Wenn ein markantes Riff wie das von “Spoon Bender” große Tonsprünge macht, horcht man auf. Jedoch vom Refrain darf man danach mehr Durchschlagskraft erwarten, denn der kommt etwas weich. Wohl aber abzufeiern sind wieder einmal die Soloarbeiten, die einen mittelstarken Song in seiner Qualität anheben, neben Niks tieferen Vocals natürlich. Aber für die Qualitäten einer klebrigen Radiosingle als Hausfrauenbügelhintergrundmusik ist das Stück noch weit entfernt.

Die Daumen schnellen früh hoch für den auffällig geschickten Drumbeat in
“The Raven”. Die Credits dafür gehen an Neudrummer Johan, der überhaupt bei den Aufnahmen einen exzellenten Job gemacht hat. Und echt sehr Wolf-mäßig die Gitarren darin, wunderbar.

Und schon wieder dürfen die Soloarbeien von Simon einen Track lostreten.
Diesmal für das voranscheuchende “Black Widow” an vorletzer Stelle.
Verwundert auch nicht, wenn man weiß, dass er den Song mit sehr WOLF-typischen Gesangslinien geschrieben hat.

Nach einem spannenden Einstieg markiert mit fünf einhalb Minuten Spielzeit das sehr starke “A Thief Inside” das Ende des Albums. Sehr geil darin Niks leisere Vocals zu den Ripp-offs. Das Ding stellt schon nach einmaligem Hören meinen ersten Favoriten der Scheibe dar und trägt alles gediegen über die Ziellinie.

Mal wieder eine starke Scheibe des Rudeltiers. Die edel produzierte Gitarre könnte aber schon definitiv kerniger braten und sägen, ohne gleich in Richtung der ersten beiden WOLF Alben zu schielen. Darüber würde sich niemand beschweren. Macht aber auch keinen Sinn, sich alte Zeiten herbeizusehnen, zumal das WOLF-Material trotz sehr klarer und druckvoller Produktion alte Tugenden beheimatet. Es gibt keinen Track zum Skippen, und das, wo lobenswerterweise ganze zwölf Songs auf das Album gepackt wurden. Es ist alles ganz klar WOLF, aber das jüngst eingespielte Cover von Angel Witch hat man sich noch aufgespart, wird wohl als Bonus und für B-Seiten verwendet werden. Selbstredend wurde das Coverartwork wieder von Thomas Holm maßgeschneidert, sind wir mal gespannt, wie das Motiv auf die Shirts gedruckt aussehen wird. Besonders schön auch, dass Century Media der Vinylausgabe die CD beifügen. Davon, dass diese zwölf Tracks funktionieren werden, und wie man mit weniger Roughness und weniger Power noch immer interessant klingen kann, kann man live auf der Tour mit Grand Magus antesten, und zwar noch in diesem Monat! So waddis? Das neue Wolf-Album sollte dich packen. Und wer mit dem eingangs erwähnten Sound der Gitarren klarkommt, darf für sich gerne noch n halben Zähler draufpacken. Statt mit dem Gütesiegel ‘nur Gutes verdient den Namen Heavy Metal’  abzuschließen, seien diesmal die Worte ‘mehr Wolf für alle” gewählt.

Hier geht es zum Videoclip “Midnight Hour”

Discographie der Alben:
“same” 2000
“black wings” 2002
“evil star” 2004
“the black flame” 2006
“ravenous” 2009
“legions of bastards” 2011
“the devil seed” 2014
“feeding the machine” 2020

Wertung: 8/10
Autor: Joxe Schaefer