DREAM THEATER – parasomnia

Auch wenn es der Titel „Parasomnia“ anderes suggeriert, sollte das bereits 16. Studioalbum der ehemaligen Berklee College (of Music) Absolventen dem geneigten Fan keine schlaflosen Nächte bereiten. Zudem ist die Rückkehr des Drum Oktopus Mike Portnoy pünktlich zum 40 jährigen Bestehen der Band zu bejubeln und glücklicherweise auch zu hören. Selbstverständlich war sein jahrelanger Ersatz Mike Mangini absolut ebenbürtig und die Alben größtenteils gewohnt stark, doch irgendwie klingt „Parasomnia“ wieder „runder“ bzw. homogener als zuletzt. Sicherlich war kein zweites „Images And Words“ oder  „Awake“ zu erwarten, dennoch schließt man ziemlich nahtlos am letzten Werk mit Herrn Portnoy („Black Clouds And Silver Lightning“) an.

Ähnlich wie im Jahre 2009 fällt die Musik ziemlich düster aus, lässt bisweilen aber auch öfter mal Lichtstrahlen durchscheinen. Anders als in der Vergangenheit wird dieses Mal der Zeitgeist erfreulicherweise komplett außen vor gelassen. Will heißen: hier klingt nichts nach Muse, Radiohead oder Metallica. Man hätte das Album auch gleich „Dream Theater“ betiteln können, was aber schon 2013 passiert ist. Die acht Kompositionen sind Dream Theater Songs reinsten Wassers und musikalisch passiert hier wie gewohnt eine ganze Menge. Mit dem düsteren „In The Arms Of Morpheus“ begeben wir uns gleich in die „Einschlafphase“. Zunächst werden durch schwerfällige Riffs eine geradezu bedrohliche Atmosphäre heraufbeschworen, die nach und nach in schöne Gitarrenmelodien übergehen und so den Schleier allmählich lüften. Die erste Singleauskopplung „Night Terror“ baut sich ähnlich auf, geht aber noch mehr in die Tiefe und stellt zudem DEN perfekten Dream Theater Song dar. Neben einem groß angelegten Refrain gibt es ein großartiges Zusammenspiel aller „Beteiligten“: prägnantes Gitarrenriff im Wechsel mit Portnoys ADHS Drumming, ausladende Keyboardteppiche, untermalender Bass…die einzelnen Instrumente spielen zunächst gegeneinander und treffen aber immer wieder zusammen.

Die zweite Single „A Broken Man“ handelt offensichtlich von einer Posttraumatischen Belastungsstörung, die bei einer Person durch negative Erlebnisse während eines Krieges ausgelöst wird. In dem vorab veröffentlichen Lyric -Video kommt dies gut zur Geltung und schafft einen Bezug zum aktuellen Zeitgeschehen. Auffallend bei diesem Track ist James La Bries hypnotischer Gesang und die Symbiose von Progressive Rock und Classic Rock Elementen am Ende des Tracks. „Dead Asleep“ beginnt zunächst verhalten, nimmt aber durch John Petruccis Riff Power an Fahrt auf, um dann wieder etwas abzubremsen. Für den Refrain braucht man etwas Eingewöhnungszeit, bis er vollends zündet. Dafür regiert Riffgewalt ohne Ende. Mit dem folgenden „Midnight Messiah“ hat sich gar ein kleiner Hit eingeschlichen, der doch glatt als Power Metal Song (im positiven Sinne) durchgehen kann und so überrascht. Einen ähnlichen Effekt hatte seinerzeit der Bonustrack „Scorpion King“ vom 2019er Album „Distance Over Time“. Übrigens sind hier und da bewusst „Easter Eggs“ vergangener DT Großtaten versteckt worden. So oder so: Eine Nummer, die für Aufbruchstimmung sorgt. Nach einem kurzen Intermezzo „Are We Dreaming“ kommt mit „Bend The Clock“ eine große Ballade, die ganz in der Tradition von „The Spirit Carries On“ Glückshormone versprüht und nach der Schwere in der ersten Albumhälfte für Entspannung sorgt … oder doch nicht? Ähnlich wie beim Jahrhundertwerk „Metropolis Part II: Scenes From A Memory“(1999) droht der abschließende Mammut Track, nach der positiven Ballade folgend das Kartenhaus einstürzen zulassen und man gelangt dann doch an einem weiterem Wendepunkt in der Geschichte. Im beinahe zwanzig-minütigen Track zieht das Traumtheater nochmals alle Register, selbstredend ohne Langeweile auf kommen zulassen. Der Protagonist „durchlebt“ seinem Traum erneut („…the shadow is always watching me.“)  und wird am Ende unsanft durch den Wecker aus dem Schlaf gerissen.

Wo „Parasomnia“ innerhalb der DT  Diskographie einzuordnen ist, wird sich erst mit der Zeit zeigen. Es hält mühelos das hohe Niveau seiner beiden Vorgänger und ist einen Ticken stärker ausgefallen! Vielleicht mag es auch daran liegen, dass der Drum-Octopus endlich seine „Solitary Shell“ verlassen hat und allen zeigt, wo der Kraken seine Tentakeln hat … und natürlich die Saugnäpfe, die beharrlich an der Gehirnrinde haften bleiben!

Wertung: 9/10
Autor: Michael Staude

Label:INSIDEOUT MUSIC
VÖ-Datum:07.02.2025
Running Time:71:14
Format:CD, Vinyl, Mp3

Erhältlich bei:
Idiots Records

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