DARKNESS
Listeningsession zum neuen Longplayer „Death Squad Chronicles“
Weil es etwas neues im Hause Darkness gibt, laden die Ruhrpott-Thrasher zur Örtlichkeit in Essen, nahe der Zeche Carl, wo sie einmal die Woche proben. Vier der fünf Protagonisten sind heute dabei, Sänger Lee lässt sich entschuldigen. Wir schreiben das Jahr 2025 und die Ruhrpott-Thrasher von Darkness lassen nun Album Nummer sieben aus dem Stall, nur ein Jahr nach „Blood On Canvas“. Und es ist ganz klar ein Full-Length Studioalbum geworden, obgleich sich der Fünfer darauf um Neuaufnahmen seiner Album- und Demoklassiker aus der ersten Schaffensphase bis 1989 widmet. Zwei neue Songs und eine neue Version von Eure Erben wurden mit untergemischt. Und bevor sich nun Fragesteller ein Bild über den Charakter der Platte machen, ob es als reguläres Studioalbum gesehen werden sollte, nimmt Drummer Lacky gleich nach der Begrüßung der Schar aus der Schreiberzunft den Wind aus den Segeln und kündigt die Scheibe als das geplante Jubiläumsalbum an. Für die Produktion des Albums konnte wieder Bonded Drummer Cornelius Rambadt gewonnen werden.
Gitarrist Arnd fährt zum gutgekühlten Flaschenstauder die Anlage des hiesigen Proberaums hoch und lässt das erste von insgesamt zwölf Tracks auf die Hörer los. Gleich als gute Wahl soll sich „The Gates“ vom 1986er Demo erweisen, zumal das Intro lobenswerterweise selbst gezockt wird, und nicht etwa aus dem Computer kommt. Laut Lacky kam die Wahl von Samples, Chören oder son Driss als Eröffner nicht in Frage. Das kommt schon mal sehr gut an, so kann es weitergehen.
Allerdings stammt der Opener-Song „Terror For Terror“ gar nicht wirklich von Darkness, sondern von Eure Erben, im Original noch in deutscher Sprache. Das wirkt wie ein weiteres Zusammenrücken beider Namen, statt sie separiert zu behandeln. Für Darkness sei das ziemlich wichtig, weil sie die Schaffensphase der Musiker unter dem anderen Namen nicht ausgeklammert haben wollen.
Danach nagelt in „Battle To The Last“ vom zweiten Album mit einem sehr knorrigen und tighten Bass. Überhaupt klingt alles mehr auf den Punkt und macht wie das ganze Material auf dieser Scheibe einen aufgeräumteren und sogar strukturierteren Eindruck als das Material auf den Originalen.
Das Stück an Trackposition vier muss nicht wirklich vorgestellt werden. Die Auf-die-Fresse-Rakete gab schon 1987 dem Debütalbum „Death Squad“ seinen Namen und stellt jetzt das quasi-Titelstück. Zu Recht!
Das dritte Bandalbum „Conclusion & Revival“ aus 1989 ist vernachlässigt worden, auch von der Band selbst, wie Lacky erklärt. So sei der Text von „Soldiers“ heute nicht mehr ernst zu nehmen, denn der war damals kurz vor Ad-Acta-Legung der Band, als die anderen wie Kreator und Tankard vorbeizogen und groß wurden, ein verzweifelter Hilferuf. Das Teil sei nach Lacky nun thrashiger und auch mehr ein Darkness Song. So endet der jetzt markant mit einem Uh!, statt mit Synthiebrummen.
Kommen wir nun zu einem unserer Darkness-Faves. „Burial At Sea“ vom Debütalbum sei einfach ein klasse Metalsong, auch mit den seichteren Gitarrenklängen zu Anfang. Jetzt gibt es auch deutlichen Applaus aus der Runde nach dem Abspielen. Das war dann jetzt der sechste Beitrag, damit ist die Hälfte durch.
Drehen wir mal das imaginäre Vinyl um und beschreiben nun den ersten, neuen Track des Albums. Als Writer der nagelneuen Nummer „Last Round Is On Us“ gibt Neuklampfer Dominik an, dass man es schon für eine gute Idee gehalten hat, ein oder zwei neue Stücke drauf zu haben. Das Ding sollte Retrofeeling und „Death Squad“-Vibe haben, und gibt auch ziemlich straight auf die Fresse. Lacky hat im Text übrigens die Vokabel „Beer“ verwendet, will deswegen aber nicht gleich mit Tankard in Verbindung gebracht werden, auch wenn es dazu einen Party-Videoclip geben wird.
Ziemlich cool, besonders für Die-Hard Fans, finden wir die Idee, auch Demotracks zu berücksichtigen. So wurde „Victims“ ausgesucht, welches auf den ersten drei Demos zu finden ist, aber sehr wenig live gespielt wurde. Vielleicht auch deswegen eine großartige Sache, das Ding jetzt vierzig Jahre später zu Albumehren kommen zu lassen, weil man damit nicht unbedingt gerechnet hat.
Der Oberprügler und Speedkönig des Albums dürfte „Iron Force“ sein. Den Urtrack haben Darkness immer im Set gehabt, gehört deswegen auf jeden Fall mit auf das Jubiläumsalbum. Lacky hofft, dass wir alle das Ende mit dem „Love Gun“ Zitat von Kiss bemerkt haben.
Damals wurde bei uns das „Defenders Of Justice“ Album, das Zweitwerk der Band, welches 1988 erschien, ziemlich totgenudelt. Wir steckten die Ruhrpottler zu der Zeit mit den Süddeutschen Thrashern von Vendetta in eine Schublade, weil auch sie etwas epischer waren wie damals Metallica. Im Underground sehr angesagtes Zeug damals. Dennoch wurde auch dieses Titelstück des zweiten Albums bislang wenig live gespielt. Bei den Aufnahmen habe man sich taktmäßig im Kreis gedreht, aber mit der Neuaufnahme schafft es der Track heute hoffentlich doch noch mal zu Liveehren.
Ähnlich verhält es sich mit unserem Favoriten „Predetermined Destiny“ vom 1988er Album, das auch auf dem 1989er Drittwerk „Conclusion And Revival“ steht. Hier muss auch wieder die Vendettakiste angeführt werden, weil auch mehr altes Metallicazeux drin ist als etwas Teutonisches. Man habe dabei mit dem Gesang von Lee nichts verkehrt gemacht, spricht Lacky über den Sänger, der nun auch schon zehn Jahre dabei ist.
Wie die Zeit vergeht, denn wir sind jetzt schon beim letzten Stück angelangt. Dabei handelt es sich noch einmal um einen neuen Song, wieder von Dominik. Der Refrain von „Proud Pariah“ zeigt sich etwas hymnischer, deswegen wurde der Track am Schluss platziert. Es soll hier auch etwas moderner geworden sein und würde daher auch zur 2018er Platte „First Class Violence“ gepasst haben. Ein sehr brutales Riff lässt diesen Finaltrack losgaloppieren und bolzt gut die Darkness Maschine runter. Daher scheint gar nicht so viel Moderne wie angekündigt drin zu sein. Cooles Teil mit plötzlichem Ende.
Einige dieser zwölf ausgewählten Albumtracks wurden in der Vergangenheit schon mehrfach auf Outputs verwendet, „Armageddon“ ist sogar auf vierzehn verschiedenen Veröffentlichungen zu finden. Deswegen kam der Song nicht noch mal mit drauf. Allerdings wird die CD-Box eine Bonusdisc enthalten, worauf zehn Darkness-Songs mit Interpretationen anderer Sänger (von Smorrah, Teutonic Slaughter …) zu hören sein werden. Hier shoutet Jülle (Ventor von Kreator) auch das oben erwähnte „Armageddon“, wie damals auf dem ersten Demo. Lacky mag dazu mit der Äußerung provozieren, dass er Jülle immer schon für den besseren Kreator Sänger gehalten habe …
Das neue Artwork von „Death Squad Chronicles“, wieder von Timon Kokott erstellt, sieht schon von seiner Farbgebung her mit rotem Logo und blauem Back sehr vertraut nach Darkness aus. Die Anlehnung an das Debütalbum ist nicht zu übersehen. Hierzu gibt es noch ein zweites Gemälde, nämlich die Rückansicht des Frontmotivs, welche das Backcover ziert. Okay, dieses Teil wird am 26.09.2025 erscheinen, als CD, CD-Box mit besagten Bonustracks, sowie als einfaches Vinyl in mehreren verschiedenen Farben. Nach Aussage von Lacky habe die Platte eine Länge von achtunddreißig Jahren und zwei Minuten …
Autor & Pics: Joxe Schaefer