JAG PANZER – the hallowed

Die Zeichen stehen auf Sturm im Hause Jag Panzer! Das ist hoch erfreulich. Auch wenn der Jagdpanzer niemals wirklich ins Straucheln gekommen ist. Vielleicht hatten die letzten zwei, drei Scheiben nicht ganz die Durchschlagskraft wie etwa „The Age Of Mastery“ (1998) oder „The Fourth Judgement“ (1997), ein gewisses Qualitätsniveau wurde aber nie unterschritten. Sowieso zählt der Colorado Fünfer seit eh und je zu den besten Livebands auf diesem Planeten. Davon konnte man sich erst im Januar dieses Jahres auf dem „Hammer And Iron“ Festival im Essener Turock livehaftig überzeugen. Das Harry Conklin zu den Besten seiner Zunft gehört, weiß eh ein jedes Kind!

Eine groß angelegte Konzeptstory und die dazugehörige Promo Kampagne machen zusätzlich Lust auf mehr. „The Hollowed“ ist das zweite Konzeptalbum nach „Thane To The Throne“ aus dem Jahre 2000. Während jenes an das Shakespeare Drama „Macbeth“ angelehnt war, ist das neue Album eine fiktionale Endzeitstory. Im Groben geht es darum, das fünf Überlebende (Menschen) einer Katastrophe zusammen mit Tieren (Adler, Wölfe) als Verbündete einen neuen, sicheren Ort zum Überleben suchen. Allerdings kommt es zu Spannungen in der Allianz…Interessanterweise wird die Geschichte hier aus der Sicht der Tiere erzählt. Diese Idee stammt übrigens vom Felldrescher Rikard Stjernquist. Der zuvor erschienene Comic erzählt die Geschichte aus der Perspektive der Menschen.

In media res…“The Hallowed“ ist das stärkste Jag Panzer seit „Mechanized Warfare“ (2001). Vom ersten Ton an ist die Aufbruchstimmung jederzeit spürbar. Das eröffnende „Bound As One“ rennt mit einer lange nicht gewesenen Aggressivität und einem selbstredend hymnischen Refrain alle Tore ein. Das folgende, etwas ruppige, kurze „Prey“ hält passenderweise das Aggressionslevel weiter hoch, während bei „Ties That Bind“ und seinem Überrefrain die Melodie wieder im Vordergrund steht. Solche großartige Hymnen können eigentlich nur aus der Feder von Jag Panzer stammen. Das folgende „Stronger Than You Know“ hebt mit seinen teils kreischenden Gitarren die Aggressivität wiederum deutlich an, ohne den schon fast selbstverständlichen Chorus zu vergessen. Die erste Singleauskopplung „Onward We Toil“ ist eher im Midtempo Bereich anzusiedeln. Es hätte zwar nicht unbedingt diese „Ohohoho“- Parts gebraucht , aber der Refrain kann einfach wieder alles. Die Songstruktur und Melodieführung ist aber genau das, was der geneigte Fan sich erhofft hat, und ein Stück weit zu den Neunzigern zurückgeht. Selbiges gilt für  „Edge Of A Knife“, welches einmal mehr hochmelodisch geraten ist. Interessant auch die Anfangs- und Endsequenz, wo ein Morse Code a la Rush‘s „YYZ“ zu vernehmen ist. Ebenso vielschichtig ist das folgernde flotte „Dark Decent“, welches über einen weniger hymnenhaften, aber nicht weniger wirksamen Refrain verfügt, Gangshouts inklusive. Meeresrauschen leitet das dramatische „Weather The Storm“ ein. Dieser Song punktet vor allem durch eine etwas eigenwillige Melodieführung und einer Rhythmik, die schon beim ersten Hören auffällig ist. Ebenfalls ohne groß angelegten Refrain läuft „Renewed Flame“ als Gewinner über die Ziellinie. Ausgeklügeltes Songwriting heißt das Stichwort. Flüsternde Stimmen, Spieluhrklänge und einsetzende Gitarren, die an den Beginn des Demoklassikers „Shadow Thief“ aus den goldenen Achtzigern erinnern, machen diese Nummer zum Highlight. Darüber hinaus gibt es in der Mitte ein Gitarrensolo, welches ein wenig an Riot‘s „Inishmore“ oder gar an Thin Lizzy erinnert. Großartig! Das abschließende, fast zehnminütige „Last Rites“ ist noch dramatischer ausgefallen und beginnt mit fast tribalmäßigen Drums, die sich wie ein roter Faden durch den Song ziehen. Harry‘s eindringlicher Gesang und die düsteren Streicher verstärken die beklemmende Grundstimmung noch mal mehr…

Sicherlich ist das Gesamtkollektiv für das Gelingen des Albums zu beglückwünschen, aber es ist schon cool, dass zwei eher (vermeintliche) „Nebenakteure“, nämlich Drummer Stjernquist und Neugitarrist Ken Rodarte, maßgeblich am Erfolg beteiligt sind und frischen Wind ins Songwriting bringen. Bisher nur als Touring-Gitarrist in Erscheinung getreten, lässt der gute Ken seine Vorgänger so überhaupt nicht vermissen und ist denen absolut ebenbürtig. Mehr als einmal fühlt man sich an die großen Jag Panzer Alben der Endneuziger/Anfang Nuller Jahre erinnert. Im Vergleich zum letzten Konzeptalbum, wo man sich an eine literarische Vorlage halten musste, sind die Songs hier kein Stückwerk, sondern alle wie aus einem Guss.

Wertung: 9,5/10
Autor: Michael Staude