Rock Hard Festival

Gelsenkirchen, Amphitheater, 17.05.2024 – 19.05.2024


Tag 1, Freitag, 17.05.2024: Dread Sovereign, Thronehammer, Mystic Prophecy, Unleashed, Brutus, Amorphis.

Pünktlich um 15:00 Uhr geht es los mit Dread Sovereign, über die im Vorfeld gesagt wurde, dass sie nur spielen, weil Alan morgen mit seiner „großen“ Band spielt. Davon scheint bei Nemtheanga nichts angekommen zu sein, denn die Band ist ein unglaublich guter Opener, walzt und prollt sich durch das gut dreißigminütige Set. Musikalisch lasse ich mich von der Beschreibung Doom eigentlich eher abschrecken, aber die dreckige Mischung aus Black Sabbath und altem Motörheadsound, sowie die prolligen Ansagen wie „We are three cunts from Ireland!“ kommen nicht nur bei mir richtig gut an! Dread Sovereign waren eine exzellente Wahl als Opener! Auf Platte manchmal etwas zu brav, aber die fünf live gespielten Songs haben ordentlich in den Arsch getreten. (Matze Fittkau).


Nachdem uns der Opener gut eingegroovt hat, kriegen wir nun Sounds einer Band um die Ohren, die derzeit besonders bei Kritikern hoch im Kurs steht. Der fokussierte Fünfer aus England startet bassbetont unter Nebel mit „Kingslayer“, zu dem gleich die ersten Arme gereckt werden. Eine doomige Masse macht sich hier im Halbrund breit. Der Mensch am Mikrofon steht am liebsten mit einem Bein auf der Monitorbox und stößt voluminöse und tenormäßige Vocals Richtung Himmel aus. Die gut eingespielte Band bekommt für Doomverhältnisse sehr gut Resonanz, dass man von einem hohen Zufriedenheitslevel unter den Anwesenden berichten muss, auch weil ihr ansprechendes Anthem „Thronehammer“ gespielt wird. Nun mag es Gründe geben, warum das Festival, wie einst mal zur angenehmen Gewohnheit geworden, nicht mehr mit Thrash Metal zum Wach- und Lockerwerden beginnt, aber gleich zweimal Doomiges nacheinander wirkt da nicht wirklich konstruktiv. (Joxe Schaefer).


Als nächstes sind die Süddeutschen von Mystic Prophecy an der Reihe und die werfen vor weißem Backdrop, Aufstellern und Fahnen „Metal Division“ in die Runde. Wie auf dem Bäääm Festival kommen sie ohne Bassisten, aber mit zwei Gitarristen. Das finden wir für diese Art Power Metal Schublade auch nicht so dramatisch. Besonders zu „Killhammer“ sind deutlich Bässe wahrnehmbar und wer möchte, kann rätseln, woher sie kommen. Aber die Glocken von „Unholy Hell“ kamen ja auch von irgendwo aus dem Off. Das Quartett wird von der Audienz recht gut aufgenommen, jedenfalls am Mitwipp- und Klatschfaktor gemessen. Auf alle Fälle funktioniert der von Shouter Lia animierte Mitgröler We Are The „Metal Brigade“ und jeder bemerkt alsbald, es wird bei den Bayern heuer gerne mit militärischen Vokabeln um sich geworfen. Apropos … weniger um sich geworfen wird im Halbrund tatsächlich mit Abfall, denn jetzt wurden endlich mal Mülltonnen aufgestellt, die tatsächlich auch benutzt werden und die Location sauber halten. Aber dass im Biergarten des Theaters keine Bäume mehr stehen, liegt jedenfalls weder am dort in den Pausen auflegenden DJ Martin, noch am polierten und sonst anständig gespielten Neuzeitmetal von Mystic Prophecy. Sondern hier wird bereits für die IGA umgestaltet. Noch anständiger wähnen wir den Gig der nächsten Band, zumal ihn im Vorfeld so einige als den besten des Tages tippen. (Joxe Schaefer).


Der erste Nachmittag des Rock Hard Festivals neigt sich dem Ende zu, und pünktlich um 18:15 Uhr kommt die Old School Death Metal Fraktion auf ihre Kosten. Die schwedischen Urgesteine Unleashed entern die Bühne und steigen direkt mit dem Klassiker „To Asgard We Fly“ ein. Der Sound ist anfangs leider noch nicht wirklich gut (die Gitarren sind matschig und zu leise), das Problem wird aber relativ schnell behoben. Johnny Hedlund und seine Mannen liefern eine gewohnt starke und energetische Show ab. Ein paar kleine Kritikpunkte möchte ich als alter Fan aber erwähnen: Die Setlist ist seit längerer Zeit gefühlt immer ziemlich gleich. Irgendwann zwischen zwei Songs wird kurz das Riff des Übersongs „Open Wide“ angeteasert, der dann aber leider nicht gespielt wird. Diese Szene gab es auch nicht zum ersten Mal. Und die gefühlt ewigen Mitgröl-Spielchen bei „Death Metal Victory“ könnte man auch etwas knapper gestalten. Das soll aber keinen falschen Eindruck vermitteln. Auch wenn ich gerne mal ein paar andere Songs hören würde (z.B. von „Shadows In The Deep“ oder eben „Open Wide“), sind Unleashed eine Urgewalt und legen einen starken Gig auf die Bretter, der mit dem Rausschmeißer „Before The Creation Of Time“ würdevoll abgeschlossen und von der Meute entsprechend gefeiert wird! (Felix Schallenkamp).


Brutus, das waren doch die äußerst gehypten Belgier mit Frontdrummerin, die von diversen Magazinen umjubelt wurden. Zuhause reingehört war sofort klar, die muss ich mir auf dem Rock Hard Festival anschauen. Zur besten Co-Headliner-Zeit um 19:45 Uhr betreten zwei kurzhaarige, schwarzgekleidete Herren die Bühne, doch alle Blicke sind auf Stefanie Maennerts gerichtet. Eine singende Schlagzeugerin gibt es halt selten. Jetzt aber zur Musik. Die klingt für mich wie eine Mischung aus The Cranberries und Mantar, und sorgt schon bei den ersten Tönen von „War“ für Gänsehaut. Nach ruhigem Beginn und engelsgleicher Stimme wird drauflos gezimmert. Die Gitarre knackt und der Bass pumpt nach vorne. Die Mischung aus laut und leise, peitschend und zurückhaltend, Gesäusel und Geschrei wird auch in den folgenden zwölf Songs durchgezogen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem aktuellen Album „Unison Life“. Warum die Band jetzt plötzlich Co-Headliner ist, weiß jeder, der dabei gewesen war und einen Sinn für Musik mit Herz hat. Während und nach dem Konzert sehe ich nur glückliche Gesichter um mich herum und die eher schüchternen MusikerInnen aus dem alternativen Milieu können ihr Glück über so viel Zustimmung auf einem Metal-Festival gar nicht fassen. (Martin Hil).


Offen gestanden war ich mir erst nicht ganz sicher, ob die Finnen Amorphis mir als Headliner für den Rock Hard Festival Freitag reichen würden. Meine Zweifel wurden aber mit den ersten Klängen aus Richtung Bühne weggewischt. Die Bühnendeko mit der Video-Show sieht super aus, der Sound ist von Anfang an perfekt, und Sänger Tomi Joutsen brilliert sowohl beim Clear-Gesang, als auch bei den kraftvollen Death Metal Growls. Los geht es mit neuerem Material, schwerpunktmäßig vom aktuellen Album „Halo“. Nach einer knappen, halben Stunde ertönt endlich das Intro vom wohl größten Band-Klassiker „Tales From The Thousand Lakes“ und leitet das geniale „The Castaway“ ein, was mir die erste Gänsehaut des Festivals beschert. Weiter geht es mit einer Reise durch aktuelleres Material, bevor nach einer guten Stunde noch einmal die alten Fans glücklich gemacht werden (und die jüngeren natürlich auch). Der wohl größte Hit der Finnen „Black Winter Day“ treibt mir Tränen in die Augen, und auch die folgende Folk Death Metal Hymne „My Kantele“ lässt das Herz höher schlagen. Mit „House Of Sleep“ und „The Bee“ verabschieden sich Amorphis, die mit ihrer großartigen Show und unbändigen Spielfreude ein mehr als würdiger Headliner waren! (Felix Schallenkamp).


Tag 2, Samstag, 18.05.2024: Wheel, Air Raid, Baest, Waltari, Vandenberg, Primordial, Forbidden, KK’s Priest.

Heute schreiben wir Samstag und den zweiten Festivaltag. Wer sich noch am gestrigen Abend im Partyzelt Speedgedresche um die Ohren hat blasen lassen, und jetzt zur Mittagszeit schon wieder am Start ist, bekommt nun etwas Besonneneres auf die Lauscher. Die erste Band sind heute Wheel aus unserer Lieblingsstadt Dortmund, meint jedenfalls Ansager Jens Peters. Wir erleben einen hohen Grad von Tightness, auch wenn die Songs, besonders die vom neuen Album, mit ordentlich Taktverschiebungen versehen sind. Der Vierer legt getragenen und auch dynamisch los. Die erzeugte, doomige Atmosphäre kann schon was, auch wenn sie nicht gerade gegen die Katerstimmung ankommt. Der Tradition, dass hier mal mit Thrash eröffnet wurde, trauern wir schon etwas nach. Egal, aber es wird deutlich, wie wichtig die Stimme von Arkadius für die Band ist. Seine sehr leise und sympathische Ansage wird durch Wheel-Rufe unterbrochen…sehr schön, das berührt. Dank und Tschüss heißt es dann nach vierzig Minuten, die nicht ganz ohne Eindruck bleiben. (Joxe Schaefer).


Die Schweden von Air Raid haben sich in den letzten Jahren live äußerst rar gemacht. Ganze fünf Jahre ist ihr letzter Auftritt her. Aber jetzt sind sie endlich zurück, nach Besetzungswechseln an der rechten Gitarre wieder in der Stammbesetzung bei eben jenem Instrument. Air Raid lassen in den vierzig Minuten leider ihr Debütalbum außen vor, konzentrieren sich deshalb hauptsächlich auf „Across The Line“ und der aktuellen Scheibe „Fatal Encounter“. Vom Opener „Aiming For The Sky“ bis zum Abschluss mit „Hold The Flame“ wird konsequent Vollgas gegeben. Die Twingitarren flirren herrlich, die Songs sind eingängig, die Meute vor der Bühne geht ab. Es gibt ohne irgendwelche Animationsspielchen seitens der Band schon beim zweiten Song Air Raid-Rufe aus dem Publikum. Die Oldschool Metaller, und eigentlich der ganze Rest, feiern, singen und schütteln die Haare oder die Glatze. Wunderbarer Auftritt. (Matin Hil).


Es ist Samstag am frühen Nachmittag, und mit den Dänen Baest betritt die zweite und leider auch letzte Death Metal Band des Festivals die Bühne, die durch das fette Backdrop im Design des aktuellen Longplayers „Necro Sapiens“ bereits optisch angekündigt wurde. Der Sound ist von Beginn an gut, und die Band präsentiert sich äußerst agil und energiegeladen. Sänger Simon Olsen bringt der Truppe mit seinen teils in Deutsch mit dänischem Akzent vorgetragenen Ansagen zusätzliche Sympathiepunkte ein. So bedankt er sich zum Beispiel bei AC/DC dafür, dass sie am Vortag (in der benachbarten Arena, Anm. d. Red.) für sie eröffnet haben. Mit ihrem druckvollen Sound kommen Baest super beim Publikum an und entfachen die ersten richtigen Circle-Pits des Festivals. Beim Titeltrack der neuen Scheibe am Ende des Gigs schnappt Simon sich sein Mirko und klettert über das Absperr-Geländer zum Publikum, um dort den Pit um sich herum laufen zu lassen und den Song quasi aus dem Auge des Sturms heraus zusammen mit den Fans zu performen. Geile Aktion, geile Typen, geile Band! (Felix Schallenkamp).


Wie kommt man an einen Gastbeitrag hier? Joxe ist erstaunt, dass ich Waltari mag und „verdonnert“ mich, ein paar Zeilen zu schreiben. Gesagt, getan. Waltari sind seit jeher dafür gut, ratlose Gesichter bei Musikliebhabern zurückzulassen, da sie nun wirklich kaum in eine Schublade zu stecken sind. Der Wikipedia-Beitrag beschreibt es so: „Sie mischen Elemente aus Punk, Pop, Metal, Funk, Rock, Techno, Rap sowie klassischer oder progressiver Musik und haben damit wesentlich zu einer Definition des Begriffs Crossover beigetragen.“ Trifft es meiner Ansicht nach ziemlich gut. Neben dem Referenzwerk „SoFine!“ von 1994 sei dem geneigten Banger auch dringend „Yeah! Yeah! Die! Die! Death Metal Symphony in Deep C“ von 1996 ans Herz gelegt – letzteres leider ohne Live-Ehren in Gelsenkirchen. Aber auch die jüngeren Werke haben ihren Reiz und so kommt es im Amphitheater zu einer Darbietung einiger Highlights. Einzig verbliebenes Gründungsmitglied, Sänger und Bassist Kärtsy, sieht zwar mit jedem Jahr dem Joker ähnlicher, bringt aber nach einer kurzen Anlaufphase die Songs stimmlich okay bis gut auf den Punkt. Seine Mitstreiter wirken im Kontrast zu Ihrem Frontmann etwas blass. Dabei ist es wirklich schade, dass Stammgitarrist Sami, der seine Brötchen bereits seit Jahren vorrangig bei Kreator verdient, nicht mit dabei sein konnte. Dennoch feiert das versammelte Publikum ausgelassen die Setlist und sorgt dafür, dass Kärtsy beim Crowdsurfen auch wieder an der Bühne ankommt. Mit ihrer Waltari-geprägten Version von The Cures „A Forest“ verabschiedet sich die Band und hinterlässt zufriedene Gesichter. (Matthes Meier).


Irgendwer meinte, die glorreiche Idee haben zu müssen, die irren Finnen der Band zuvor wieder ausgraben zu müssen. Die nächste Ausgrabung interessiert allerdings viel mehr, denn Adrian Vandenberg hat auf jeden Fall noch immer unsere Aufmerksamkeit verdient. Seine Setlist besteht heute vornehmlich aus Frühachtzigersongs seiner Band Vandenberg, sowie Whitesnake’s „Slip Of The Tongue“ Album, dem wahrscheinlich letzten, wirklich guten der Coverdale-Band. Dort hat er Hits wie „Give Me All Your Love Tonight“, „Sailing Ships“ (Hammer-Vollakustikversion) und „Judgement Day“ mitgeschrieben, das ältere „Fool For Your Loving“ war vor seinem Eintritt bei der weißen Schlange, hat er aber mit Coverdale zu seiner Zeit umarrangiert und für oben angeführtes Album neu mitaufgenommen. Ebenso wie „Crying In The Rain“, auf das er hier in Gelsenkirchen nicht verzichten kann und durch seinen absolut raustimmigen Sänger Mats Leven (ex-Candlemass) eine feine Note bekommt. Bei diesen allbekannten Songs gehen seine neueren, eigenen und schon coolen Tracks „Freight Train“ und „Hit The Ground Running“ leider ziemlich unter. Von dem o.a. Whitesnake Album wäre jetzt noch „Wings Of The Storm“ schön gewesen, aber man kann ja nicht immer alles haben. Sein Keyboarder spielt als letzten Song, man konnte es erraten, „Here I Go Again“ an. Tanzmusik für die Mädels und geiler Scheiß, den wir so nicht erwartet haben. So müssen wir alle unsere Daumen nach oben zeigen lassen! (Joxe Schaefer).


Primordial im Hellen dürfte dem ein oder anderen etwas ungewöhnlich vorkommen, da die Band musikalisch doch eher finster zu Werke geht. Die Abendsonne steht den Iren jedoch sehr gut und setzt der Performance und dem druckvollen Sound noch ein Krönchen auf. A.A. Nemtheanga hat sein finsterstes Make-Up aufgelegt und mit dem Opener „As Rome Burns“ füllt sich das Amphitheater in Windeseile. Primordial haben in der Vergangenheit häufig auch genrefremde Metaller in ihren Bann gezogen und schaffen dies auch ohne Probleme beim heutigen Gig. Zur Sicherheit hat A.A. Nemtheanga für den ein oder anderen Song eine Textmappe dabei, aber ich denke, da kann man locker flockig drüber hinwegsehen, denn das Dargebotene spricht für sich und Primordial konnten sich in die schwarzen Herzen des Publikums spielen. (Matze Fittkau).


Der Co-Headliner des zweiten Festivaltages steht nun auf dem Programm und endlich gibt es einen der bisher vergessenen Trademarks des Rock Hard Festivals: klassischen Thrash Metal. Dieser kommt nun nicht aus dem Ruhrgebiet, was ja auch zu einfach wäre, sondern aus der Bay Area. Forbidden, 1985 in Hayward gegründet, waren 2009 schon einmal zu Gast in Gelsenkirchen und lieferten dort ein wahres Feuerwerk ab. Wir sind gespannt, was es heute geben wird. Vom Original Line-up sind immerhin noch Craig Locicero und Matt Camacho dabei, die zweite Gitarre übernimmt Steve Smyth, den man noch von Nevermore kennen könnte und das Schlagzeug wird von Chris Kontos besetzt, der auch schon für Testament, Machine Head und Death Angel die Felle bediente. Das sieht auf dem Papier schon mal gut aus. Den Posten am Gesang übernimmt Norm Skinner, für mich noch ein recht unbeschriebenes Blatt. Die Bühnendeko zeigt eine vorsichtig modernisierte Version des klassischen Forbidden Logos. Diese Version von Forbidden soll wohl noch für mehr reichen als für eine Sommer-Tour. Es wird so langsam aktiv auf der Bühne. Zum Soundcheck werden alte S.O.D.-Riffs genutzt, Rainbow läuft als Intro, die Zeichen stehen auf Reise in die Vergangenheit, bevor es mit „Follow Me“, dem Rausschmeißer des ersten Albums, los geht. Norms Stimme passt sehr gut zu dem Material und lässt zumindest mich Russ Anderson nicht vermissen. Der Sound lässt allerdings hier noch ein bisschen zu wünschen übrig. Besser wird es dann beim Doppelschlag „Twist Into Form“ und „March Into Fire“. Das Amphitheater verwandelt sich direkt in einen Hexenkessel und ich muss feststellen, dass es gar nicht mal so leicht ist, gleichzeitig den Moshpit aufzuräumen und sich Notizen zu machen. An dieser Stelle vielen Dank an den Kollegen von Vampster, der das gleiche Problem hatte und hier und da mal einen willkommenen Block gestellt hat. Der Focus des heutigen Sets liegt eindeutig auf der „Forbidden Evil“ Platte, deren Titelstück direkt hinterher gefeuert wird. Von diesem Tonträger sollte am Ende nur „Feel No Pain“ nicht gespielt werden. „Twisted Into Form“ ist noch mit „Step By Step“ und „Infinite“ vertreten. Auch wenn die Band noch drei weitere Alben veröffentlicht hat, so ist es das, was die Leute an einem solchen Nachmittag hören wollen. Der Pit tobt weiter bei „Off The Edge“ und „As Good As Dead“. Crowdsurfer bringen die Security mächtig zum Arbeiten. Mit „Infinite“ gibt es den zweiten Song der „Twisted Into Form“ Scheibe. „Through Eyes Of Glass“ wird dem heutigen Headliner, bzw. viel mehr KK Downings Alma Mater Judas Priest gewidmet, die eben in den 80gern ein großer Einfluss für die Jungs waren. Einer fehlt noch, das beste kommt zum Schluss: Mit einer pfeilschnellen, extrem energetischen Version von „Chalice Of Blood“ beenden Forbidden eine Show, die bisher an dem Tag von niemandem getoppt werden konnte. Gerade Bands wie Forbidden, die sich über die Jahre rar gemacht haben, waren einst ein Markenzeichen des Rock Hard Festivals. Schön, dass es das noch gab. Epilog: Wie es sich für eine echte Thrash Band gehört, konnte man die komplette Band noch in den frühen Morgenstunden im Partyzelt antreffen, die auch dort noch einmal alles gegeben haben. (Jens Wäling).


Für nicht wenige Besucher sollte der nächste Auftritt einer der wichtigsten des Festivals sein, vor allem, wenn man KKs Priest bislang noch nicht live gesehen hat. Und die Vorzeichen stehen auf Sturm, denn das neue Album „The Sinner Rides Again“ toppt das Debüt um Längen, und einschlägige Plattformen im Net zeigen Bombenauftritte des Fünfers. Die Meute kann zu diesem Zeitpunkt einfach noch nicht müde werden, die live gespielten Versionen ihrer Alltime-Faves gegen die derzeitigen der Originalband Judas Priest abzugleichen. Und dazu ist heute auf dem Rock Hard Festival genau der richtige Tag, denn KKs Priest spielen nun in ihren ersten Headliner Gig unter diesem Banner. Während das doch recht lange Vorabfilmchen auf dem Screen im Back abgespielt wird, sind schon laute Priest-Rufe im Halbrund zu vernehmen. Für einige Besucher schließt sich hier ein Kreis, da man damals genau in dieser Arena die „Jugulator-Tour“ besucht hat. Bleibt noch etwas Zeit, die beiden Rampen an den vorderen Bühnenseiten zu beschreiben, bis der Opener „Hellfire Thunderbolt“ hereinbricht, gefolgt von den beiden neuen Stücken „Strike Of The Viper“ und „One More Shot At Glory“. Ripper Owens ist bestens bei Stimme, ein anderer hätte in dieser Band auch gar nicht singen können, und dürfen! An dieser Stelle weiß nun jeder, dass auf seine Frage: „What’s My Name?“ nun das erste Judas Priest Stück folgt. Wir erleben bei „The Ripper“ exzellente Twin-Gitarren zu optisch bekanntem und auch so erwarteten Synchrongepose. Gitarrist Andy Mills stellt sich als ein wahrer Glücksgriff für KK heraus, da er bescheiden den Glen Tipton inklusive der Zwischentönchen spielt, wie das von den Priest-Platten bekannt ist, und dabei noch sehr bescheiden wirkt. Zwischen die beiden eigenen Tracks „Reap The Whirlwind“ und „Sermons Of The Sinner“ wurde noch ein göttliches „Night Crawler“ gepackt. Andy spielt seine Parts originalgetreu, nur KK nimmt sich kleine Abweichungen heraus, wie in den Leads dieses „Painkiller“-Tracks. Anders herum wäre auch komisch. Es folgt „Burn In Hell“ aus der Judas Priest Zeit mit dem Ripper. Welche Band auch sonst sollte im Moment etwas von dem bei den Fans sehr beliebten „Jugulator“-Album spielen?

Um 22:17 Uhr Ortszeit ist es dann soweit. Die leiseren Gitarren zu „Beyond The Realms Of Death“ erklingen und die eben noch ausgelassen feiernde Menge erstarrt. Es stimmt einfach alles. Jeder Ton sitzt wie 1978 und auch die synchrone Choreo der Frontleute trifft. Andy bekommt für sein perfektes Solo zu Recht Szenenapplaus. Später in dem Stream vom Rockpalast leider kaum wahrnehmbar, die Reaktionen waren aber vor Ort deutlich zu hören. Andy bedankt sich dafür, während der Ripper seine Sonnenbrille abgesetzt hat und mit neuer KK-Weste zurückkommt. Nach diesem Song hätten wir schon die Heimreise antreten können, denn das war mehr als erwartet, und außerdem, was soll denn jetzt noch kommen? Die „Hell Patrol“ zum Beispiel, mit dem der kleine Priest-Set noch einmal richtig Fahrt aufnimmt. Was ein Auftritt, aber wir bekommen noch „The Green Manalishi“, und zwar mit so intensiven Ripp-offs, wie sie von Faulkner/Sneap technisch bedingt nicht rekonstruiert werden können. Die korrekten Töne lassen sich vielleicht mit Feeling nachspielen, aber den echten Spirit kann nur ein Originalgitarrist transportieren. Vielen Fans vermissten das bei den jüngsten Judas Priest Shows. Okay, das abgedroschene „Breaking The Law“ hätte hier und jetzt nicht wirklich sein gemusst, tat aber bei der starken Performance auch wirklich nicht weh. Danach dann gleich noch ein sehr bemerkenswerter Höhepunkt, nämlich eine monumentale Version von „Victim Of Changes“. Nur hier lässt sich KK mal etwas mehr aus und der Ripper haut zu den Höhen noch Höhen darüber raus, einfach weil er es kann. Ein kleiner Gruß nach Birmingham (Phoenix, Arizona)? Nein, das wäre zu einfach und auch nicht gerecht. Seine Idee, zur Zugabe „Raise Your Fist“ die Fans Upstairs und Downstairs nacheinander aufschreien zu lassen, funktioniert so einwandfrei, dass er mehr solcher Spielchen hätte einbauen können. Was ein geiler Scheiß dieser Gig, wohl dem, der dabei war. Unterm Strich zählen wir mal durch, es wurden sechs eigene, und acht Judas Priest Stücke gezockt. Unser erstes KK’s Priest Konzert war für uns das beste seit langem. Danach benötigten wir schon etwas Zeit, um wieder runter zu kommen. (Joxe Schaefer).


Sonntag, 19.05.2024: Wings Of Steel, Maggot Heart, John Diva And The Rockets Of Love, Chapel Of Disease, Demon, Exhorder, Riot, D-A-D.

Okay, heute ist Sonntag, der dritte Festivaltag und statt fetten Thrashsounds, die hier leider keinen der drei Tage eröffneten, soll jetzt erstmal mit Drumherum dick aufgetragen werden. Dafür haben Wings Of Steel jedoch ein recht kleines Backdrop. Ihr Shouter kommt mit weißem Hemd unter langem Mantel und mag es trotz sehr heller Vocals gerne breitbeinig. Der Mann singt perfekt, aber seine hohe Stimme schneidet schon gewöhnungsbedürftig. Da werden gute und erdig-riffige Songansätze durch seine hellen Vocals wieder sterilisiert. Die ersten Reihen mögen den hochmelodischen Powermetal des Fünfers und recken ihre Arme, dennoch waren ‚Ausziehen‘-Rufe von einigen Mädels zu vernehmen, auch von Frau V aus K. Und während wir uns noch wegen des Bandnamens an einen Song der Australier von Pegazus erinnern, streckt der Gitarrist mit dem freiem Oberkörper sein Solo noch etwas länger. Die Band kann man auf dem Rock Hard ins Billing nehmen, muss aber auf einem kleineren Oldschool Underground-Festival nicht erwartet werden. (Joxe Schaefer).


Begrüßen wir nun Linnea Olsson mit ihren beiden Mitstreitern. Zu schön war Linneas  kurze Zeit mit Johanna Sadonis bei den doomigen The Oath, aber das ist lange vorbei. Jetzt gestaltet sich ihre musikalische Welt zwar noch immer dunkel, aber auch alternativer und psychedelischer. Nur einige Besucher wollen um diese Mittagszeit schon wissen, wie sich das neue Material live anhört. Maggot Heart beginnen mit einem sehr langen Spoken Word Intro und gehen dabei in ihren freizügigen Sichthosen ganz gemütlich auf die Bühne, um ihre Positionen einzunehmen. Bis sie die ersten Töne des Openers „Transsylvanian Hunger“ (kein Cover von Darkthrone) spielen, vergehen gut vier Minuten. Das war dann auch schon der beste Track, wie wir meinen. Obwohl das schwierig zu sagen ist, denn das Zeux kommt mit wenig Höhepunkten aus. Was uns die beiden Frontdamen plus Drummer bieten, sind mal andere Klänge, mit denen schon so einige Applausspender etwas anfangen können. Mein Nebenmann erklärt mir zum Abschluss der siebenundvierzig Minuten, am geilsten habe er die Rückkopplungen gefunden. (Joxe Schaefer).


Wenn man als Band besonders spooky sein will, gibt man seine Herkunft mit Transsylvanien an. Vielleicht hilft es bei John Diva And The Rockets Of Love, um ihrer Hair Metal Attitüde noch einen draufzusetzen, wenn man vom Sunset Strip kommt und seine Ansagen auf Englisch macht, während man seine allermeisten Gigs in Mitteleuropa und im größeren Sauerlandumkreis spielt. Optisch erledigen das mit der stilistischen Einordnung schon mal große Buchstaben in pinker Farbe auf dem Backdrop und den Amps. Der in leicht posermäßigen Outfits auftretende Fünfer zeigt sich gut eingespielt und neigt zu perfekten Sounds. Fehlerlose Chöre klingen immer gleich, egal wie viele Gitarristen grad welche ins Mikro singen. Na ja, die Synthies kommen auch von irgendwo. Gemessen an der Resonanz steht die Audienz ganz offensichtlich auf melodischen Hardrock und wer öfters Radio Bob hört, muss feststellen, dass die Songs ihrer heutigen Setlist dort sehr oft gespielt werden. „God Made Radio“ und die aktuelle Single „Big Easy“ sind natürlich dabei. (Britta Hollmann).


Ja, ja, ich höre schon vor dem Auftritt wieder meine Zeltplatzfreunde rumheulen, dass Chapel Of Disease gar keinen Death Metal mehr machen und deshalb jetzt langweilig sind. Dasselbe Spielchen wie bei ihrem letzten Rock Hard Auftritt also. Ich sehe das komplett anders, ich liebe die Entwicklung auf den letzten beiden Platten. Und auch nur die werden den Anwesenden geboten. Der Auftritt ist eine einzige Wohltat für die Ohren, die Gitarren sind zum Niederknien. Die Drums steigern sich bei einigen Songs des Götterwerks mit dem ewig langen Namen bis auf Blastbeat-Geschwindigkeit. Die Band hätte auch gerne noch ´ne weitere halbe Stunde spielen können, um wenigstens eine der zwei „Balladen“ der aktuellen Scheibe „Echoes Of Light“ reinpacken zu können. Es ist schön, dass die Band um Mainman und letztem  verbliebenen Originalmitglied Laurent weiter macht und dazu auch live so stark klingt. Vielen Dank an die Jungs von Ketzer für die Live-Unterstützung! (Martin Hil).


Eine der heiß erwarteten Bands sind Demon. Die Hitze wird zwar schnell vom Regen gelöscht, aber nun gut, dazu später mehr. Beim Opener „Night Of The Demon“ sind wir noch oben auf der Empore am und im VIP-Zelt und ich frag mich, was Sänger und letztes verbliebenes Originalmitglied Dave Hill versucht zu veranstalten. Klingt interessant, aber weder nach Demon, noch irgendwie sauber. Naja, Song is geil, also ab nach vorne. Da wird es dann etwas besser, ich erinnre mich nicht mehr, ob er wirklich besser gesungen hat, oder unsere berucksackten Kumpels uns geholfen haben, es besser zu ertragen. Nun denn, wollen wir nicht zu viel drauf rumhacken, Demon haben einen stabilen Gig geliefert, von dem wir leider aufgrund des einsetzenden starken Regens nicht viel gesehen, aber wenigstens gehört haben. Die Klassiker zu „Sign Of A Madman“, „Remembrance Day“ und das abschließende wie unverzichtbare „Don’t Break The Circle“ waren dabei und auch das neue, unbekannte „Face The Master“, von dem ich nicht so überzeugt bin. Aber klar, musste auch bringen. Alles in allem: Bier war zumindest kalt und wir haben bei trockenem Arsch bisschen NWoBHM gehört. Gibt schlimmeres! Janosch Off. (Janosch Besen).


Nach der Demon Show gibt es einen ziemlichen Publikumswechsel im Amphitheater. Bei Exhorder aus New Orleans wird es ein wenig heftiger als mit britischem Hardrock. Exhorder sind seit der 2019er „Mourn The Southern Skies“ Platte wieder regelmäßig aktiv und Kyle Thomas hat mit Sasha Horn am Schlagzeug und Jason Viebrooks am Bass zwei schlagkräftige Mitstreiter gefunden. In Europa übernimmt niemand anderes als Waldemar Sorychta die zweite Gitarre. Für den konnte man sich bei der Show in Gelsenkirchen eigentlich das Hotelzimmer sparen. Ob der Rest der Band bei Waldemar auf der Couch übernachtet hat, ist leider nicht überliefert. Die Show geht furios mit dem 2019er Hit „My Time“ und „Forever And Beyond Despair“ vom aktuellen Album „Defectum Omnium“ los. Ein moderner Beginn also, aber man stoppt ja auf dem Festival auch nur kurz von der Tour mit Nervosa. Die Mädels hätten sie gern mitbringen können, mir kam Thrash an den drei Tagen deutlich zu kurz. Mit „Legions Of Death“ wird nun endlich das „Slaughter In The Vatican“ Debüt gewürdigt. Eine komplette Nostalgie Show wird es hier aber nicht, mit „Under The Gas Light“ geht es sofort zurück zur aktuellen Platte. Kyle erklärt hier das Konzept des Nachmittags: Es soll eine gute Mischung aus Alt und Neu werden. Für eine Tour zu einer aktuellen Platte finde ich das Konzept auch sehr gut, für eine Festival Show auf einem reinen Metalfestival, das mittlerweile einen Altersschnitt mit der Vier vor dem Komma haben dürfte, könnte es wegen mir ruhig mehr altes Zeug sein. Kyle ist heute sehr gesprächig aufgelegt und widmet „Unforgiven“ der Kirche. Das hier ist zum Glück kein Metallica-Cover, sondern stammt vom „The Law“ Album. Kaum kommt so altes Zeug, wird direkt der Moshpit wieder größer und Exhorder-Sprechchöre sind im Amphitheater zu hören. Nun geht es mit „Neu“ weiter: „Divide And Conquer“ stammt von der neuen Platte, es folgt „Alt“ mit dem Opener des „Slaughter In The Vatican Albums“: „Death In Vain“. Da nun wieder „Neu“ folgen muss, gibt es „Wrath Of Prophecies“ von der aktuellen Platte. Hier tauschen Kyle und Jason die Instrumente und der quietschgrüne Bass wird nun vom Chef persönlich bedient. Scheinbar wurde der „Alt“ / „Neu“ Wechsel nun ein bisschen langweilig, so dass es mit „Year Of The Goat“ eine weitere Nummer vom aktuellen Album gibt. Danach war es auch genug mit neuem Material. Es wird zum Ende tief in der Mottenkiste gegraben. Kyle erzählt die Geschichte, das Exhorder mit ihrem Stil (mit dem Pantera ein paar Jahre später riesige Hallen füllen sollten) in den Anfangstagen von der Metal Szene gar nicht ernst genommen wurden. Also spielten sie bei den Punks und das erste Exhorder Kontert fand als Opener für NOFX statt, die sich in diesen Tagen in die Rente verabschieden. Aus diesen Tagen kommt die Bandhymne „Exhorder“ ins Amphitheater geflogen und feuert den Moshpit noch einmal richtig an. Es geht zum großen Finale nahtlos mit „Desecrator“ weiter und die Menge wird erschöpft, aber glücklich zurück gelassen. Leider merkt man Exhorder ein wenig an, dass sie wieder viel aktiver sind als noch vor ein paar Jahren. Es beginnt sich eine gewisse Routine in die Show einzuschleichen, was man von dieser Band eigentlich so nicht kannte. (Jens Wäling).


Über die Live-Qualitäten der mittlerweile fünften Reinkarnation der US Power Metal Band Riot (jetzt ohne “V” im Bandnamen) zu schwadronieren, hieße Robben nach New York zu tragen. Nach einem kurzen Intro wird der Opener “Hail To The Warriors” des letzte Woche Freitag erschienenen neuen Albums “Mean Streets” gespielt. Die Band wird selbstredend wohlwollend empfangen, auch wenn erst beim folgenden “Thundersteel”-Klassiker “Fight Or Fall” die Deiche endgültig brechen. Wir haben es hier schließlich mit einer der besten Live-Bands unserer Lieblingsmusik zu tun. Mit dem neueren Track “Victory” und einem weiteren Klassiker “On Your Knees” (man vermisst hier irgendwie die Bläser, die auf dem Album zu hören sind) wird das Gaspedal weiterhin durchgedrückt. Diese “Druckbetankung” ist das gewisse Etwas, das die Live-Qualitäten der New Yorker in Höhen schnellen lässt. Im Studio wird der sterile Drumsound des Öfteren kritisiert, live gibt es aber nix zu mäkeln. “Drum-Krake” Frank Gilchrist drischt nach Herzenslust auf sein Kit ein und es ist eine wahre Freude, ihn dabei zu beobachten. Für die laufende Tour war eigentlich ein Ersatz vorgesehen, der aber nach einem medizinischen Notfall von der Tour abspringen musste. Als nächstes wird dann das Tempo doch ein wenig gedrosselt. Das neue mit einem “Grinder”-Gedächtnisriff versehene “Feel The Fire” kommt beim Auditorium sehr gut an. Zu diesem Stampfer gibt es übrigens auch einen aufwendig gedrehten Video-Clip. Nun geht’s ans Eingemachte. Man landet in den Siebzigern und kredenzt den ganz frühen Band-Klassiker “Road Racin‘” (“Narita” 1979) und die Hymne “Warrior” vom Debüt “Rock City”(1976), die kein bisschen gealtert zu sein scheinen, im Kontext mit sämtlichen später komponierten Songs hervorragend funktionieren und bei einem Live-Gig einfach nicht fehlen dürfen. Leider ist hier der Sound etwas matschig geraten, was der Performance aber keinen Abbruch tut. Todd Michael Hall, mit neuer Frise und Bart, singt und zelebriert altes sowie neues Liedgut gewohnt eloquent und stimmgewaltig zugleich, dass es dem leider verstorbenen Gitarristen und Jahrzehnte langem Bandoberhaupt Mark Reale (R.I.P.) zu Tränen rührt. Denn während der neuen Single “Love Beyond The Grave” setzt, nicht ganz unerwartet, der Regen ein und sollte auch bis zum Ende andauern. Kein Wunder, neben dem flotten, wie eingängigen “Bring The Hammer Down” vom ersten Riot Album ohne Mark (“Unleash The Fire” 2014) und einem weiteren “Thundersteel”- Klassiker, dem Bassist Don Van Staverns Bass-Linien angeführten “Johnny’s Back” folgt das zum Heulen schöne “Blood Streets” (ebenfalls von ‘Thundersteel”), welches vom Publikum lautstark mitgesungen wird. Wohl einer der emotionalsten Momente des gesamten Festivals…wer hier kein Pipi in den Augen hat, ach, dann weiß ich auch nicht. Es folgt eine weitere feine Hymne namens “Flight Of The Warrior” bevor beim unvermeidlichen “Swords And Tequila” stilecht eine Flasche Hochprozentiges bei der Band rum geht. Lediglich Abstinenzler Todd verzichtet dankend darauf, einen Schluck zu nehmen und verkündet, dass sie nun mit ihrer Setlist so gut wie durch wären. Die Band soll einfach irgendeinen Song spielen und er singt diesen dann. Das vom 1993er “Nightbreaker” Album gespielte “Magic Maker” bleibt der einzige Song der Mike DiMeo Ära. Selbstverständlich bildet der wohl bekannteste Riot Song ever, “Thundersteel”, einen würdigen Abschluss eines weiteren großartigen Gigs der Amis und untermauert dessen Status als zur Zeit eine der besten traditionellen Metal Bands auf dem Live-Sektor. Einziger Wermutstropfen ist, dass die Gitarren während des gesamten Konzerts zu leise abgemischt sind und dass der Klassiker “Outlaw” nicht in der aktuellen Setlist auftaucht. Ansonsten Daumen himmelhoch! Der seelige Mark kann beruhigt weiter von der Wolke auf seine Jungens herunterschauen. Auf einer Nachbarwolke verweilt übrigens ein gewisser Ronald James Padavona und sendet während des Festivals mehrfach regenbogenfarbene Botschaften… (Michael Staude).


Ach ja … inklusive Stöhn- und Seufzlauten, da sind wir wohl schon am Ende des Festivals angekommen, welches wir wahrscheinlich in der Form, wie wir es bislang kannten, nicht mehr erleben werden. Doch schauen wir mal nach vorn, irgendwie wird es schon weitergehen. Der Regen hört zunächst mal auf, als „The Road Below Me“ für die Dänen von D-A-D als Eröffner fungiert. Die Band tritt zum gefühlt achtundneunzigsten Mal hier auf und hat ja jedesmal irgendwelche schrägen Einfälle für ihre Bühnenkulissen, wie wir auf diesem Festival gelernt haben. Das Drumkit hat diesmal weiße Umbauten wie ein klassischer Karussellsockel, der aber eine Geburtstagstorte darstellen soll. Aus der lässt sich das Drumkit von Jaust, der von Sänger und Gitarrist Jesper gerne kommentiert und veralbert wird, sehr hoch nach oben fahren. Unser Fave „Point Of View“ erscheint schon ziemlich früh im Programm, auch zwei neue Songs lassen die permanente Stimmung nicht abreißen. Ebenso wenig die beiden ganz alten Songs „Johnny“ und „Call Of The Wild“. Noch immer kann der Regen die musikalische Darbietung von D-A-D die Fans nicht zur Flucht bringen, zusätzliche Synthesizer auch nicht. Nach den beiden Hits „Bad Crazyness“ und „Sleeping My Day Away“ fühlt sich der reguläre Set beendet an, und ohne erst die Bühne zu verlassen, werden die Abschließer „Jihad“ und „It’s After Dark!“ gezockt, die in der derzeitigen Setlist des Vierers als Zugaben fungieren. Alles gut soweit, nur könnte man mal wieder ein neues Album vorlegen, denn „A Prayer For The Loud“ hat bereits fünf Jahre auf dem Buckel. Aber wer weiß, ob diese Message bei den Dänen überhaupt ankommt. „Können Sie mich verstehen?“

Während nun die Lichter im Disneyland Amphitheater langsam ausgehen, und kurz vor Sonnenaufgang auch im diesem Jahr im glücklicherweise wieder vorhandenem Partyzelt erloschen sein werden, bewegen wir uns heimwärts mit der Hoffnung, dass dieses Festival im nächsten Jahr trotz Umbau der Location zur IGA wieder stattfinden wird. Vielen Dank an alle, bis denn dann! (Joxe Schaefer).

Autoren: Matze Fittkau, Martin Hil, Felix Schallenkamp, Janosch Besen, Michael Staude, Britta Hollmann, Matthes Meier, Jens Wäling, Joxe Schaefer.

Pics: Wolfgang Haupt, Andreas Herb (Wheel, Air Raid).