NIGHT DEMON, SPEED QUEEN, MEGA COLOSSUS
Essen, Turock, 03.09.2023
Durfte man in Hamburg tags zuvor noch fast eine Stunde spielen, sind es heute in Essen leider nur 30 Minuten. Deswegen begibt sich Sänger Sean Buchunan punkt 19:00 Uhr schnurstracks zur Bühne, wo seine Bandkollegen bereits warten und mit dem Abschlußsong des aktuellen Albums „Riptime“ (2021) eröffnen. „Iron Rain“ wird durchaus wohlwollend vom bereits zahlreich erschienene Publikum aufgenommen. Den meisten Anwesenden dürften Mega Colossus aus Raleigh/North Carolina nicht bekannt sein, daher dauert es auch zwei, drei Songs, bis auch die hinteren Reihen artig ihre Ärmchen heben.“Swords Against Death“ heißt der Eisbrecher, obwohl eigentlich das als zweites gespielte „Sea Of Stars“ mit seinem eingängigen Chorus und den Maiden-artigen Gitarrenharmonien so etwas wie ein Bandhit ist. Gleiches gilt für „Kajiu King“ von der famosen „V“ EP . Abschließend gibt es noch den Nackenbrecher „Razor City“, der den weiteren Weg des Konzertabends zum straighteren Liedgut vom Headliner und Support ebnet. Der Verfasser dieser Zeilen hätte gerne noch mehr vom kauzigen US Metal gehört, zumal die Band gut eingespielt, und Sänger Sean gut bei Stimme ist. Eine halbe Stunde sind bei einer Diskographie von drei EPs und drei Longplayern einfach zu wenig. (Michael Staude).
So, das Aufwärmprogramm war ja schon mal ganz okay. Doch jetzt bekommen wir Speed Metal für Erwachsene. Von allen neueren Hochtempobands gehören Speed Queen mit nur zwei EPs zu den vielversprechenden, wenn nur bald mal das Album käme. Aber an der Stelle zeigen sich die Belgier nicht so schnell, wie in ihren Songs. Auf der Bühne agieren die Jungs wesentlich zackiger, Shouter Thomas springt sofort auf ein hohes Podest vorn mittig am Bühnenrand und macht sofort die Menge an. Das Tempo geht sofort inne Birne und ins Blut, gemessen daran, wie das bereits ziemlich gut gefüllte Turock gleich gut abgeht. Leider fehlt der Band bereist seit einiger Zeit die zweite Gitarre. Vielleicht mit ein Grund, warum noch kein Album erschienen ist? In den zahlreichen Soloaktivitäten muss Gitarrist Andreas ohne das unterlegte Riffbrett auskommen, das ist schon Schade. Jedoch bei der fetten Rhythmusplattform von Bass und Drums wahrlich verschmerzbar. Ganz sicher auch in der kleinen Überraschung „Nice Boys“, wo man sich das schnellste Stück von Rose Tattoo zum Covern ausgesucht hat, und ganz sicher das Solo nicht zu knapp hält. Es ist also ausreichend Rockerei drin. Zum Schluss entledigt sich Thomas seiner Oberbekleidung und springt bei „Fire“ weitersingend vom Podest in die Menge, die ihn einmal durch den Laden trägt und schließlich wieder auf der Bühne absetzt. So schnell vergehen vierzig Minuten … Speed eben! (Joxe Schaefer).
Kann man als Fan Boy einer Band ein objektives Review schreiben? Ich denke schon. Denn auch wenn ich speziell Armand relativ gut kenne, habe ich immer versucht, der Band ehrliches Feedback zu geben. Dass das aktuelle Night Demon Album eine absolute Granate geworden ist, lag definitiv außerhalb meiner Kontrolle, schadet der Beurteilung aber in keinster Weise. Nachdem ich die drei Venturianer vor ziemlich genau einem Jahr auf der “Year Of The Demon” Tour in Karlsruhe das letzte Mal gesehen hatte, bin ich einerseits gespannt wie sich der neue Drummer Brian Wilson ins Gefüge einbringen wird, und andererseits erhoffe ich mir möglichst viele Songs des neuen Albums live hören zu dürfen. Brian (u.a. auch Drummer bei Yngwie Malmsteen und Midnight Spell) mache seine Sache dabei wie erwartet ausgezeichnet, so dass ich zumindest musikalisch Dusty nicht wirklich vermisse. Trotzdem finde ich es menschlich schade, dass Dusty nicht mehr mit von der Partie ist. Als nach dem Albumintro “Prelude”, und dem Titeltrack “Outsider” mit “Obsidian” der dritte Songs vom Outsider Album gespielt wird, ist für mich klar, dass wir heute das ganze Album live um die Ohren geknallt bekommen. Von wegen Balladen, Herr Schaefer, das sind abwechslungsreiche, tolle Songs, die von diesen Akustikgitarrenteilen leben, ja eigentlich die Essenz des Albums ausmachen! Da ich Outsider innig liebe, ist es toll, das ganze Album am Stück live hören zu können. Auch das „Outsider“ Single Motiv (mit dem Ventura Peer) konnte man als Tourshirt erwerben. Das Cover der Single ziehe ich dem Albumcover, trotz dem kultigen Overkill-ähnlichen Grünstich, jederzeit vor. Während des „Outsider“ Teils des Sets ist auf meiner Bühnenseite der Bass deutlich zu laut, so dass ich mehrfach Armands Klampfe kaum hören konnte.
Im zweiten Teil des Sets, welcher eine Vielzahl der Bandklassiker enthält, ist der Sound dann deutlich besser und ausgeglichener. Dieser Teil wird durch “Welcome To The Night” eingeläutet und enthielt so ziemlich alle meine Favoriten der Band, auch wenn ich als notorischer Nörgler “Vysteria” und “Curse Of The Damned” vermisst habe. Nichtsdestotrotz zeigt das Trio eindrücklich, weshalb es zu den besten Live Bands des (Metal) Universums gehört. Die immer wieder aufkommenden “Night Demon” Sprechchöre zwischen den Songs genießen die Jungs sichtlich und hämmern die gewohnt energetische Darbietung auf die Bretter des Turocks. Wie immer wird auf unnötiges Gefasel verzichtet und Jarvis wendet sich nur vor dem abschließenden “Night Demon” kurz mit dem Dank für’s Kommen ans Publikum. Wie einst Tom Araya sagt auch Jarvis, “weshalb soll ich mit dem Publikum sprechen, wenn ich es nicht muss?” Wie recht er doch hat. Lieber einen Song mehr spielen, als unnötig Zeit mit Geschwafel verlieren, welches ein Teil des Publikums eh nicht versteht. Ich freue mich jedenfalls bereits tierisch auf die nächsten musikalischen und zwischenmenschlichen Interaktionen mit dem Trio. Mit der Zeit wird sicherlich auch Brian besser in die Publikumsinteraktionen nach den Shows eingebunden werden. In Essen wirkt er teilweise etwas verloren, da sich die Fans primär auf Jarvis und Armand stürzen.
Setlist: Prelude; Outsider; Obsidian; Beyond The Grave; Rebirth; Escape From Beyond; A Wake; The Wrath; Welcome To The Night; Empires Fall; Screams In The Night; Dawn Rider; The Howling Man; Full Speed Ahead; Darkness Remains; Heavy Metal Heat; The Chalice; Night Demon.
Da ich den Schweizer Gig dieses Packages ausfgrund anderer Verpflichtungen leider verpassen werde, waren die knapp 600 km Anreise für meinen ersten Gig im Turock jede Minute Wert. Schön, im Anschluss auch kurz mit Armand und Jarvis gesprochen zu haben. Grandios war es, Kit (Ekman, the brother from another mother) an diesem Abend mit meiner Präsenz überrascht zu haben, denn dass er als Amerikaner so regelmäßig nach Europa reist, um Konzerte und Festivals zu besuchen, ist schon außergewöhnlich. Hoffentlich bald auf ein nächstes, mein Freund! Alles in allem ein super Package mit drei tollen Bands, welche alle ausgezeichnete Auftritte ablieferten! (Steph Bachmann)
Autoren: Michael Staude, Joxe Schaefer, Steph Bachmann
Pics: Joxe Schaefer, Steph Bachmann