SODOM, HELLRIPPER, BONDED, TYRANTHROPE
Oberhausen, Turbinenhalle, 27.12.2024
Macht ja auch Sinn, diese toten Tage zwischen den Feiertagen anständig zu nutzen. Also gehen Sodom wieder auf eine kleine Tour und präsentieren ein paar schnuffelige Gäste. Als erstes dürfen Tyranthrope an die Schippe, von denen wir bislang noch nichts gehört haben. Nicht so toll von den Verantwortlichen, 19:00 Uhr auf die Tickets zu schreiben, und den Opener schon deutlich vorher auf die Bühne zu schicken. Wenn man vom Opener kein komplettes Konzert mitbekommen soll, macht es keinen Sinn, ihn einzuladen. Der Fünfer spielt nämlich schon, als wir zehn Minuten vor Beginn in die Halle kommen. Na ja, hätten wir nur die ellenlangen Ansagen verpasst, wäre das auch weniger schlimm gewesen. Also fällt auch die Bandvorstellung recht lang aus. Gitarrist Jochen sitzt im Rollstuhl, weil er sich auf einem Biohazard Konzert verletzt hat. Die Songs sind dagegen alle recht kurz und nicht ganz ohne Corefaktor, gefühlt so um die zwei Minuten, wie auch „Catch 2022“ von der aktuellen „Moloch“ EP. Dafür erfahren wir von Shouter Klaus, Verbrecher gäbe es wie Sand am Meer, jedenfalls mehr als Gitarristen. Dann bekommen wir noch „I Turned Into A Martian“ von den Misfits gecovert, und den „Marsch Der Rattenfänger“. Ihr 2023er Album „Metropolis“ endet auch so, wie ihre Stagetime hier in Overhausen um 19:20 Uhr. (Joxe Schaefer)
Mit der zweiten Band wird es direkt kultig, denn Bonded ist die Band vom langjährigen Sodom Gitarrist Berneman. Geboten wird klassischer Thrash Metal, in dem besonders das Heavy Metal-lastige Gitarrenspiel von Bernemann hervorsticht. Die Band hat seit Gründung immer mal wieder mit Besetzungswechseln zu kämpfen, wirkt hier aber sehr gut aufeinander eingespielt und steht als Einheit! Hoffentlich bleibt das so. Denn die Stimme vom neuen Sänger Manuel Bigus passt wie Arsch auf Eimer und verleiht der Band eine deutlich aggressivere Richtung. Außerdem hat Manuel in Overhausen ein Heimspiel und lässt sich vom Publikum dementsprechend ordentlich abfeiern. Auch für Bernemann ist ein Gig im Ruhrpott ein Heimspiel und er wird ebenfalls noch lauter und intensiver mit „Bernemann“-Chören vom Publikum geehrt. Er stellt klar, dass er eine Schwäche für bassspielende Schalkefans hat und stellt so seinen neuen Mann am Bass, Speesy, vor. Der dürfte auch allen als ehemaliger Basser von Kreator und Aushilfsbasser von Overkill bekannt sein. Hoffentlich bleibt das Bonded Line-up stabil, denn das gelieferte Konzert ist verdammt geil, auch wenn der Sound in der Turbinenhalle traditionell eher ‚geht so‘ ist. (Matze Fittkau)
Jetzt wird es spannend, denn die nächste Band haben wir im vergangenen Jahr zweimal ziemlich gut gesehen, im Junkyard Dortmund vor Jag Panzer, und auf dem sehr coolen „Der Detze Rockt“ Festival. Hellripper aus Aberdeen kannten wir immer als Soloprojekt, stehen aber für Liveangelegenheiten zu viert auf der Stage. Sie liefern uns die doppelte Flying-V Attacke und Venom scheinen sie auch schon mal gehört zu haben. Und das alles bei besserem Sound als grad noch bei der Band zuvor. Das bringt gut Bewegung in die Menge. Nachdem Mainman James, heute im Zeke Shirt, die Aftershowparty angekündigt hat, sagt er „Necroslut“ an. Wenn man aus Schottland kommt, darf man das. Natürlich wird die aktuelle Seven-Inch Single „Fork-Tongued Messiah“ angestimmt, die man am reichhaltig bestückten Merch erwerben kann. Es kommt alles noch einen Tacken intensiver als auf Platte, da wundert es niemanden mehr, dass auch nach der dreiviertelstündigen Show noch Hellripper-Rufe zu hören sind. Blöd nur die Toilette unten, die bloß fünf Urinale hat, denn dadurch entstehen langen Schlangen, dass wir zwei Songs verpasst haben. (Joxe Schaefer)
Um kurz nach zehn wird das Intro für den Headliner in den Player geschoben und ab geht’s. Tom und seine Mitstreiter wählen ja immer andere Opener, dieses Mal sind es „Shellfire Defense“ und „Get What You Deserve“ aus der frühen Phase der Neunziger. Auf der Bühne dominiert diesmal die Farbe Weiß bei den Aufstellern und dem Backdrop. Für jeden Touranlass wird umdekoriert, dass auch für das Auge nix gewöhnlich wird. Nach dem folgenden „Exhibition Bout“ vom „Agent Orange“ Album bedankt sich Tom bei den Anwesenden: „Auf euch kann man sich verlassen!“ Auf Sodom ja auch, denn die ändern die Setlist nicht nur gerne, sondern spielen auch mal völlige Überraschungen, die man nicht voraussehen kann. Das macht die Konzerte interessant, dass man häufiger hingehen kann. Heute ist es hier in der Industrielocation nicht ganz so voll wie noch in 2019, als Holy Moses und Assassin Vorgruppe waren. Egal, „lasst uns Party machen!“ ruft Frank Blackfire rein, und so passiert es auch. Mit dem vom selbstbetitelten 2006er Album „City Of God“ als nächstes, dem mit Abstand neuesten Track des Abends und viel, viel Nebel. Das sind Waschküchenkonditionen wie beim Wetter draußen. Erkennen kann man den Vierer nur schemenhaft, geschweige denn fotografieren. Die Folge von „Nuclear Winter“ sind Sodom-Rufe, dann wird das sehnlich erwartete „Agent Orange“ mitgegrölt. Im Anschluss von „Blasphemer“ werden erstmal beide Gitarren gewechselt . Ob wir schon mal „Peacemakers Law“ vom „Masquerade In Blood“ Album live gehört haben, wissen wir grad nicht. Bei kaum einer anderen Band wie Sodom kann man über die Setlist echt viel diskutieren.
So wurden vor dem Konzert schon Szenarien ausgemalt, wie wohl das grad nicht nur wiederveröffentlichte, sondern auch in den deutschen Albumcharts auf Platz 3 eingestiegene „Tapping The Vein“ Album berücksichtigt werde, und ob der in der Nachbarstadt wohnende Gitarrist Andy Brings dazukommt. Tatsächlich zockt Tom mit Andi und Drummer Toni (Sabiendas, Frank Blackfire) ohne Blackfire und York „Body Parts“, „Skinned Alive“, „One Step Over The Line“, „The Crippler“ und auch noch den „Wachturm“ zu dritt. Beim Speedkiller „Conqueror“ steht wieder die klassische Besetzung auf den Brettern. Danach wird das griffige „Remember The Fallen“ heftig mitgegrölt. Was wollt ihr denn noch hören?“ „Bombenhagel!“ ist die offenbar einstimmige Meinung, doch es wird von Tom „Ausgebombt“ ausgesucht, die Version in deutscher Sprache. Aber der „Bombenhagel“ kommt direkt danach, bis das Steigerlied vom Band ertönt. Nach neunzig Minuten beendet man schon seinen Set, mehr kommt nicht mehr. War aber ein sehr cooler Abend mit Überraschungen in der oldschool Setlist. Wir haben nichts dagegen, wenn wir jetzt immer Sodom zum Jahresende live sehen können, was sonst mit Motörhead so war. Aber die Ruhrpottler sind nicht ja nicht nur soundtechnisch ziemlich nah dran an den britischen Urgesteinen … (Joxe Schaefer)
Autoren: Matze Fittkau, Joxe Schaefer
Pics: Joxe Schaefer