Bergkamen Metalized Vol. 3

Bergkamen, Yellowstone, 06.07.2018


Das gediegene Bergkamen Metalized feiert inzwischen seine dritte Ausgabe und dass man pünktlich beginnt, scheint zur Gewohnheit zu werden. Und das trotz laufendem Viertelfinale der Fußball-WM. Obwohl sich Left For Autopsy erst 2016 gründeten, können sie mit aufgeräumten Sounds schon ganz schön amtlich vom Leder ziehen. Man hat sich zwar schon ein Programm für eine Stunde draufgeschafft, doch gemäß ihrer zuvor im Net bereits veröffentlichten Setlist sieht das für heute etwas kürzer aus. Tatsächlich kommt der Opener aus Lünen schon recht selbstbewusst aus den Hufen und kümmert sich einen Scheiß um die Leere vor der Bühne. Die Youngster beziehen ihre Einflüsse aus den Neunzigern und berufen sich auf einen aufgeräumten und nie zugestellten Sound. Für ein gewisses Maß an technischerem Handwerk spricht ihre tighte Darbietung und der Drummer spielt Barfuß gegen insgesamt neunzehn Saiten vor ihm. Sie gönnen sich einen laaangen Start und erst nach gut fünf Minuten kommt ihr Sänger auf die Bühne. Der mag es schräg gebrüllt, also sicher nicht zu seicht und stellt nach braven Ansagen schon sehr früh die Band vor. Während seine Mitstreiter wie angeschraubt agieren, benutzt er mal das Podest am vorderen Bühnenrand. Zu schnell wird der Fünfer nie, dafür eher grungy, mal angestonert oder mal alterna-tief. Ja, einen Groove haben sie, die zu 20 % Langhaarigen, und diesen grad aufgetaut, sind die vierzig Minuten schon rum, wie das bei einem ersten Auftritt halt so ist.


Was als nächstes ins Gesicht drückt, ist der melodische Metalsound von Depraved Entity aus Hagen. Seit erst einem Jahr sind sie existent und bei angespielten Iron Maiden im Soundcheck zeigen sie schon mal, wohin die Reise geht. Dazu trägt der Mann im Shirt der eisernen Jungfrauen einen gewagten Zebragurt zur geleopardeten Gitarre. Nach dem schweren Intro mischen sie sowohl Speedparts als auch mitgrölfähige Refrains mit ein. Das Publikum hält sich zunächst mit Feedbacks zurück, obwohl das Quintett heute als Vierer alles gibt, weil ihr Bassmann aus familiären Gründen fernbleiben muss. Doch irgendwann können die anwesenden Metalshirts in den ersten Reihen bei Songs wie „Play With Me“ oder „Steel My Heart“ ganz schön mitzappeln. Zwar sind weniger Leute als bei der Band zuvor im Saal, doch die füllen den Bereich vor der Bühne, applaudieren aus Überzeugung und klatschen sogar in den balladesken Parts gerne mit. Ja, so welche haben die Hagener im langsameren „Fuck You Goodbye“ tatsächlich auch. Nach ihrem Anthem bringen die Jungs eine saubere Version vom definitiv totgecoverten „Breaking The Law“, da wären hundert andere Priest-Songs definitiv origineller gewesen. Sonst aber schon sehr cool dieser Auftritt, aber noch geiler ist, Belgien führt grad gegen Brasilien …


Nachdem die Belgier grad die Brasilianer heimgeschickt haben, wie auf dem Screen im Foyer zu beobachten war, wird das Yellowstone durch die nächste Band in Stücke gethrasht. Ob der Thrash Metal nach Overkill jetzt immer grüner wird, beantworten Devastruction mit eindeutigem Logo, einem entsprechenden Logo-Shape Patch am Merch und mitreißenden Songs auf den Brettern. Keine Ahnung, ob es sinnvoll gewesen wäre, alle verpassten Gelegenheiten zu zählen, wo ich Devastruction nicht live gesehen hab. Ist jetzt auch scheißegal, denn vor mir und noch zig anderen Bangern stehen vier motivierte Mucker, die voll abgehen und schon im zweiten Track „Thrashig Race“ ihren geforderten Circle Pit bekommen. Macht bei dem Arschtritt von Sound auch mächtig Laune, oldschool Thrash mit Klasse und markanten wiedererkennbaren Parts abzufeiern. Jetzt regieren die Metalshirts nicht nur in den  ersten Reihen, sondern im gesamten Yellowstone, ein städtisches Jugendheim,  wo man den Sound anständig hinkriegt, das Bühnenlicht in den Pausen zwischen den Songs aber weiter flackern lässt. Die im östlichen Ruhrpott beheimateten und nicht nur dort sehr beliebten Kampfthrasher punkten weiter mit Tracks ihrer 2017er EP „Alien Thrash Force Attack“ wie dem rhythmischen „Area 51“, dreschen  mit Zugabe knapp ihre zugedachten 45 Minuten voll und können mit ihrer Tempokante komplett überzeugen, so muss das!


Und zack, die nächste Band stammt wieder aus der Gegend, genauer aus Dortmund. Der Vollständigkeit halber sei noch schnell erwähnt, dass Solar Fragment bereits seit 2004 unterwegs sind und mit Drummer Sebastian und Gitarrist Marc zwei ex-Members von Orden Ogan im Line-up stehen. Da darf man Professionalität erwarten, die man nach längerer Auszeit auch wieder auf die Bretter bringen will. Damit alles stimmt, zieht sich der Soundcheck, der längste am heutigen Konzertabend, etwas nach hinten. Nur leider wird es in der Zwischenzeit immer leerer, auch die Zahl der Fotografen dezimiert sich deutlich, offenbar sind viele nur wegen Devastruction angereist. Doch die bestens gelaunten Solar Fragment können sich auf einige Die-Hard Fans berufen, die auch den Bereich vor der Bühne füllen und amtlich abfeiern. Das kommt auch für die anderen Anwesenden plausibel rüber, zumal sich das Quintett den imaginären Pokal für das routinierteste Acting des Abends erspielt. Musikalisch liefern sie in Songs wie „The March Of The Golems“ oder dem neuen „One With The Light“ melodische und durchdachte Ideen, ohne dass man gleich den verfudelten Begriff ‚progressiv’ verwenden muss. Wenn auch nicht immer alle Vocals perfekt sitzen, was im Besonderen für die Backings gilt. Dennoch kann der Fünfer auch zu späterer Stunde noch alles reißen und bekommt auf Verlangen alle Arme der Audienz nach oben, oder die Welle in „Come Hell Or High Water“. Begeisterte bekamen die Gelegenheit, sich am Merch einzudecken und für 15 Ocken ein Bandshirt mit coolem Backprint zu ergattern.

Autor & Pics: Joxe Schaefer