MARK SHELTON (MANILLA ROAD)
An epilogue
oder
“wieso mich dieser Mensch zum Epic Metal brachte…”
von Marius Gindra
“Strong we will be
on the road of kings
For what glory it brings us”
(“Road Of Kings”, 1985)
Mark Shelton, liebevoll auch „The Shark“ genannt, ist tot. Ein Satz, der sich für den weltweiten Metal Underground so wirr und unglaublich liest, dass man ihn auch mit etwas Distanz nur langsam inhaltlich verstehen möchte. Ein Mensch, der mit seiner Musik, mit den von so vielen Generationen abgöttisch verehrten Manilla Road ein ganzes Genre mitbegründete: Epic Metal.
Bei einigen unserer Legenden, Idole und Lieblingsmusiker liegt dieser pechschwarze „Tag X“ bereits zurück, bei vielen ist es eine noch hoffentlich lange Zeitspanne, bis wir ihn erleben müssen. Für Manilla Road und „The Shark“ war es die Nacht vom 26. auf den 27. Juli; im Rahmen des Headbangers Open Air in Brande-Hörnerkirchen. Noch um 21:30 Uhr des Vorabends betrat die Band die Bühne und spielte eine gute Stunde routiniert ihren Set durch. Nur Stunden später war Mark W. Shelton bereits auf seiner endgültigen Reise nach Valhalla. Herzinfarkt im Hotelzimmer! Die Ärzte konnten nichts mehr für ihn tun…
Vorbei sind 60 Jahre Leben; und 41 Jahre Manilla Road … von der einen auf die andere Minute. Ob die allgemeine Sommerhitze in Europa mitunter eine tragische Rolle spielte, ist wohl nicht auszuschließen. Bereits am Freitagmorgen verbreitete sich diese Nachricht durchs Internet wie ein loderndes Lauffeuer … wir leben halt eben im Jahre 2018. Aber wollen wir diesen Nachruf mal nicht ganz so schwarz halten: Über 40 Jahre hinweg hat Mark die Metal-Szene mitgeprägt, gehörte zu den „verkannten“ Helden des Undergrounds. 80er- Manilla Road -Alben wie „Open The Gates“ (1985), „The Deluge“ (1986) und „Mystification“ (1987) haben die späte Jugend des Verfassers dieser Zeilen entscheidend beeinflusst und für so viele tolle, unterhaltsame und bereichernde Stunden gesorgt, dass es eigentlich den Rahmen des Nachrufes sprengen würde.
Und dabei muss ich jetzt mal eines offen gestehen: Als ich zum ersten Mal Songs der „Crystal Logic“ mit 17 Jahren Anno 2008 hörte, fand ich sie ehrlich gesagt total scheiße. Der nasale Gesang gefiel mir überhaupt nicht und es dauerte Wochen, gar Monate, bis ich damit warm wurde. Irgendwann tat es nach dutzendfachem Hören bei dem Anfangsriff von „The Riddle Master“ einen Schlag und ich verliebte mich auf den „zweiten Blick“ vollkommen in diesen epischen, dennoch räudigen, obskuren und eigenwilligen Sound. Denn es war auch gerade das „Spezielle“, nach dem ich in diesen spätpubertierenden Jahren suchte. Zum ersten Mal durfte ich Manilla Road sehen, dort wo die „Road Of Kings“ nun endgültig zur Sackgasse wurde; beim Headbangers Open Air 2009. Klar, war ich mit meinen blutjungen 18 Jahren bereits mächtig angeschickert, als Mark, Hellroadie und Konsorten die Bühne betraten, doch für diesen Umstand blieb mir das Konzert sehr gut im Gedächtnis haften. Oh Gott, wie ich doch bei „Divine Victim“ losheulte wie ein Schlosshund…. Es folgten die Jahre über unzählige weitere Konzerte. Irgendwann 2017 beim Headlinergig auf dem Keep It True war ich bei Nummer sechs angelangt. Aber es wird kein siebtes Mal geben, denn er schaut nun mit einem Lächeln auf uns herab.
Durch seine Fannähe wird Mark W. Shelton wohl der Szene immer ganz besonders im Gedächtnis bleiben. Er war ein Mann der klaren und direkten Worte, mit dem Herz am rechten Fleck und für keinen Plausch mit seinen Fans zu Schade. Ich werde nie vergessen, wie er eine Stunde nach dem Konzert in Rüsselsheim im September 2013 noch immer mit meinem besten Kumpel Giovanni und mir plauderte als gäbe es keinen Morgen. Er hatte noch eine Flasche Jack Daniel’s dabei und nötigte uns geradezu mitzusaufen. Ich persönlich habe ihn an diesem Tag als Menschen kennen gelernt, dem seine Fans wie Freunde erscheinen. Und mit dieser Einstellung hat er sich bis zu jenem schicksalshaften Tage vorgerungen. Ein Gentleman wie er im Bilderbuch steht, gebildet, loyal und wissbegierig.
Um einen nachdenklichen Social Media-Beitrag von Up The Hammers-Veranstalter Manolis Karazeris einige Stunden nach Mark’s Tod zu zitieren: „Next time you complain that a band is playing too many shows and you are bored of seeing them again, remember this day”. So ist es. Und wir werden – mit einem schicksalshaften Schlag – auf diesem Planeten und in diesem Leben wohl nie wieder ein Konzert unter dem Namen Manilla Road live sehen.
„Before the Gods of Hell sentence you to die
Remember well my friend a warlord never cries
These are the words that I’ve heard inside my mind
When Ragnarok comes down we’ll all run out of time”
(“Dreams Of Eschaton”, 1983)
Autor: Marius Gindra