DESTRUCTION – diabolical

In diesem Jahr feiern die deutschen Thrash Metal Urgesteine Destruction ihr vierzigjähriges Bestehen. Und sie zählen seit langem neben Kreator, Sodom und Tankard quasi zu den „Big 4“ der deutschen Thrash Metal Szene. Nach dem starken 2019er Album „Born To Perish“ und einem von mir bereits ausgiebig abgefeierten Live-Output „Born To Thrash“ war ich natürlich sehr gespannt auf die neue Scheibe. Zumal ja mit Gitarrist Mike Sifringer das neben Schmier einzige Gründungsmitglied von Destruction die Band 2021 verlassen hat. Ich habe schon an anderen Stellen erwähnt, dass die Verstärkung durch Damir Eskic 2019 an der zweiten Gitarre für meinen persönlichen Geschmack nicht gerade von Nachteil für Destruction war. Nun stellte sich natürlich die Frage, wie sich der neue Gitarrist Martin Furia in die Band einfügt und wie stark sich das eventuell auf den Sound oder das Songwriting von Destruction auswirkt. Nun gut, ich hatte Martin Furia ja bereits im vergangenen November im Oberhausener Resonanzwerk live erleben dürfen und dort hatte der Mann mich sehr überzeugt. Wenn sich also jemand live schon so gut eingefügt hat, was sollte dann auf einer neuen Studioproduktion eigentlich noch schiefgehen? Außerdem war für eben diese Produktion wieder V.O. Pulver verantwortlich. Und der Mann hatte nicht erst auf „Born To Thrash“ gezeigt, dass er sein Handwerk versteht und dass er in der Lage ist, Destruction soundtechnisch den fetten, satten Mix zu verpassen, den diese Band verdient hat.

Beste Voraussetzungen also für „Diabolical“ und entsprechend groß war meine Erwartungshaltung. Eins vorweg: ich wurde nicht enttäuscht, ganz und gar nicht! Nach dem genretypischen Intro, das sich nahtlos in den ebenso marschierenden Titelsong einfügt, ein Schmier-Schrei gepaart mit einer kreischenden Gitarre. Und man weiß sofort, wo man ist. Nämlich auf dem neuen Destruction-Album! Unverkennbar. Keine Gefangenen! Zerstörung ist angesagt. Das sind Destruction und so will ich sie hören. Wütende Drums, geile Riffs und die typisch aggressiven und zum Teil abgedrehten, leicht wahnsinnig wirkenden Vocals von Schmier. So muss das! Auch das folgende, textlich sehr gelungene und die Dummheit der Menschheit anklagende „No Faith In Humanity“ ist typisch Destruction. Keine Experimente, das ist Thrash Metal made by Destruction, Leute! Mit feinen Lyrics, das muss man Schmier lassen. Schon nach dem zweiten Song wird schnell klar, dass sich Destruction 2021 weiterentwickelt haben, anstatt sich ständig zu wiederholen. Ich persönlich bin sowieso meist der Meinung, dass ein zweiter Gitarrist (fast) jedem Trio soundtechnisch gut tut. Gerade live, wo zu dritt sehr oft bei den Soloparts der Sound und Druck deutlich abfällt. Normal, nicht jeder Bassist kann das wie Lemmy durch sein spezielles Spiel auffangen. Sorry, ich spreche hier gerade nicht von Destruction und Mike Sifringer, nur, dass das klar ist.

Destruction jedenfalls klingen auf „Diabolical“ erneut enorm fett. Martin Furia und Damir Eskic ergänzen sich für meinen Geschmack in hervorragender Weise. Auch Bedenken hinsichtlich des Songwritings mit dem neuen Gitarristen verflogen bei mir sehr, sehr schnell. „Diabolical“ hat für mich keinen Filler. Die Songs sind rundum sehr gelungen, eine gelungene Mischung aus Aggressivität, Abwechslungsreichtum, Eingängigkeit und Melodienvielfalt. Eher gemäßigtere Stücke wie „Repent Your Sins“, „Tormented Souls“ oder „Lonely Wolf“ (der Titel klingt fast nach Running Wild, oder? Ist aber eindeutig Destruction) wechseln mit Hardcore-Anleihen wie bei „Ghost From The Past“ und immer wieder mit schnellen Thrash Metal-Krachern wie „Hope Dies Last“ oder „Servant Of The Beast“ (Anspieltipp!). „Whorefication“, ein weiterer Song, der mich sehr angesprochen hat, kommt im Midtempo daher und mit dem GBH-Cover „City Baby Attacked By Rats“ schließen Destruction eines ihrer in meinen Augen bislang besten Alben mit einem Ausflug ins Punkgenre gelungen ab.

Fazit: Destruction 2022 klingen roh und ursprünglich und haben ihre Roots nicht vergessen. Eine sehr gelungene, modern und satt klingende Produktion, für meinen Geschmack trotzdem nicht technisch oder gar überproduziert (sehr geiles und vor allem „menschlich“ klingendes Schlagzeug, das im Vergleich zu manch anderen Alben alter Helden nicht alles dominiert). Ein Album, das sich sofort nach Destruction anhört und trotzdem abwechslungsreich kommt. Mit einer Vielzahl von gelungenen, im Ohr bleibenden Songs, die ich auf der nächsten Tour live sicherlich gut mitgrölen kann. Übertriebene Innovation oder weltbewegend neue Riffs darf man nicht erwarten. Aber wer will das auch schon? Auf einem neuen Destruction-Album erwarte ich eben Destruction und keine Kompromisse. Jeder, der die gleichen Erwartungen hat, wird mit „Diabolical“ seinen Spaß haben. Von mir gibt’s satte 8,5 Punkte!

Tracklist:
01  Under The Spell
02  Diabolical
03  No Faith In Humanity
04  Repent Your Sins
05  Hope Dies Last
06  The Last Of A Dying Breed
07  State Of Aapathy
08  Tormented Soul
09  Servant Of The Beast
10  The Lonely Wolf
11  Ghost From The Past
12  Whorefication
13  City Baby Attacked By Rats

Wertung: 8,5/10
Autor: Wolfgang Haupt