HAMMERHEAD – destroyer

Dass der britische Underground ein Füllhorn an guten, nie groß an Beachtung gefundenen Bands ist, stelle ich immer wieder fest. Gerade auf einem Festival wie etwa dem BroFest, bei dem Veranstalter Stuart Bartlett Jahr für Jahr ein goldenes Händchen bei der Auswahl an Perlen der Vergangenheit und aktuellen Acts unter Beweis stellt. Auf das Billing dieses Festival passen Hammerhead aus Cumbria, England, wohl wie die vielzitierte Faust aufs Auge. Das Quintett, welches 1978 mit ihrem ersten Demo, damals noch als Trio, für Aufmerksamkeit sorgte, hat es auch nie zu Ruhm gebracht, wie unzählige andere Acts der NWoBHM in dieser Zeit. Umso erfreulicher, dass es Label wie High Roller Records gibt, die solchen Bands heute die Chance geben, die sie damals nie hatten. So ist 2005, also siebenunddreißig Jahre nach Bandgründung, endlich das Debüt der Briten erschienen und zehn Jahre später das Zweitwerk. Dennoch schwoll wohl immer wieder der Wunsch nach der Veröffentlichung des Materials der Frühphase bei den beiden verbliebenen Gründungsmitgliedern Steve Archer (Bass) und Brian Hodgson (Vocals, Guitar). Also nahmen sich HRR diesem an und bringen mit „Destroyer“ eine neun Songs umfassende Compilation heraus, die das erste Demo und die erste Single der Band beinhaltet.

Schon beim Eröffnungstrack „Lonely Man“ fällt positiv auf, dass man auf Originalaufnahmen baut und entsprechend authentisch ist auch der Sound. Hier gibt es keine glattpolierten Tracks, sondern urig, kernigen Heavy Metal. Schnell bekommt man eine Vorstellung davon, wie es in verräucherten und bierschwangeren Clubs auf der Insel gewesen sein muss, als Hammerhead diesen Song gespielt haben. Coole eingängige Riffs und ein markanter Gesang verströmen einen ursprünglichen Charme. Dezent eingebaute Keyboardparts, die Akzente setzen, runden den Song ab. Ein schönes Gitarrensolo zum Schluss findet leider viel zu schnell und unerwartet ein Ende. Devil’s Soldier hat einen mitreißenden und treibenden Charakter, der sich dominant durch den Song zieht. Die Songs sind im Midtempo angesiedelt, bringen aber dennoch ordentlich Dampf mit. Für die, die es noch ruhiger mögen, haben die Briten „Second Best (BJ Special)“ im Angebot oder das abwechslungsreiche und sechseinhalb minütige „I’ll Be Back“ – coole Nummer und der letzte Track des ’78er Demos. Gefolgt von der Bandhymne „Time Will Tell“, der gleichnamigen ’81er Single. Hier ist schon eine deutliche musikalische Steigerung hörbar und der Song knallt mal anständig. Hier steht viel Gitarrenarbeit im Vordergrund, was dem Track super zu Gesicht steht. Gefolgt von der B-Seite der Single, dem neu aufgenommenen „Lonely Man“, das ebenfalls mit einem sehr viel fetterem Sound als dem der Demoversion daher kommt und richtig Laune macht. Als Bonbon gibt es abschließend noch das griffige „Lochinvar“ als Compilationbeitrag des ’84 Sane Records Sampler „It’s Unheard Of!“, der ebenfalls gut Druck auf dem Kessel hat.

Final bleibt es mir noch, beide Daumen hoch zu reißen. Eine sehr schöne Compilation, die HRR hier an den Start gebracht haben. Ein Muss für alle NWoBHM Fans, die sich besonders für Frühwerke des Königreichs interessieren. Sehr schade, dass es so viele Jahre braucht, um solche Rohdiamanten an die Frau bzw. an den Mann zu bringen, aber umso geiler, dass es dafür heute eine Szene gibt, die solche Veröffentlichungen möglich macht und zu schätzen weiß.

Wertung: 8/10
Autor: Tino Sternagel-Petersen