KAYAK – out of this world

Kayak aus Hilversum/Niederlande wurden bereits 1972 gegründet und während sie der allgemeinen Musikhörerschaft hierzulande wohl eher unbekannt blieben, feierten sie in ihrer Heimat große Erfolge, die 1979 mit dem Nummer 1-Album „Phantom Of The Night“ ihren vorläufigen Höhepunkt und sogar die amerikanischen Billboard-Charts erreichten. Der damalige Sänger Max Werner, der Anfang der 1980er eine Solo-Karriere startete, ist dem deutschen Publikum dann wohl schon eher bekannt. Wenn man auf Progressive und Art Rock steht, sieht das vielleicht schon ein bisschen anders aus.

Dabei ist „Out Of This World” bereits das achtzehnte Studioalbum der Niederländer und in meinen Augen mehr als ein Ohr wert. Die Niederlande sind dem geneigten Hörer allgemein als eine Hochburg des Progressiv- und Art-Rock bekannt. Man denke nur an Arjen Lucassen und sein Projekt Ayreon. Aber wir sprechen hier nicht von Ayreon, sondern von Kayak und die schaffen es, ihren Progressive Rock mit Elementen aus AOR, Art- und sogar Pop-Rock so gekonnt zu verknüpfen, dass da etwas bei herauskommt, das gleich beim ersten Hören definitiv hängen bleibt. Bloß keine Angst vor den Begriffen Progressive oder Art Rock. Wer hier nur an komplizierte, verfrickelte, musikalische Muskelprotzerei denkt, liegt bei Kayak definitiv falsch. Will man jemandem, der nie von Kayak gehört hat, den Sound grob umschreiben, so kann man das vielleicht so machen: Nimm ein bisschen 10CC, etwas Supertramp, vielleicht ein wenig E.L.O. und ganz viel von den guten, alten Camel.

Dabei kommt dann vielleicht in etwa das heraus, was dieses Album ausmacht. Natürlich haben Kayak in ihrer über fünfzigjährigen Bandgeschichte genug Erfahrung gesammelt, dass sie auf „Out Of This World“ routinierte und handwerklich erstklassige Arbeit abliefern. Keine Frage, die Leute um Mitbegründer Ton Scherpenzeel (Keyboard, Gesang) sind alles Profis, die wissen, was sie tun.

Und doch klingt das Ganze kein bisschen angestaubt oder in irgendeiner Weise nach langweiliger Routine. Kayak bringen einen äußerst abwechslungsreichen und an vielen Stellen geradezu eingängigen Sound auf „Out Of This World“. Das macht bereits beim Titeltrack und Opener einen solchen Spaß, dass man unwillkürlich neugierig auf den Rest der Scheibe wird. Tolle Melodien, sehr abwechslungsreiche Klangwelten, herrlich, wie hier Keyboard und Gitarre miteinander harmonieren. Der sehr gute Sänger Bart Schwertmann tut sein Übriges dazu. Apropos Sänger: Kayak können sich den Luxus leisten, den Gesangspart immer mal ein anderes Bandmitglied übernehmen zu lassen. Und auch das trägt zu einer Menge Abwechslung auf dem Album bei. Gitarrist Marcel Singor zum Beispiel klingt bei „Waiting“ fast wie David Bowie. „Out Of This World“ ist natürlich kein Riffgewitter und spricht keineswegs den Thrashmetal-Fan in mir an. Wem Keyboards ein Gräuel sind, sollte wohl besser die Finger von diesem Album lassen. Wer aber, wie ich, auch schon mal eine eher träumerische Seite an sich entdecken kann, der sollte sich die erstklassigen Kompositionen von Kayak nicht entgehen lassen. Da steckt so viel Musikalität, so viel Melodie und so viel Können hinsichtlich des Songwritings drin, dass es mich fast umgehauen hat. Wunderschöne Balladen (“As the Crow Flies” , “The Way She Said Goodbye” oder das instrumentale “Kaja”) wechseln mit radiotauglichen Mid-Tempo-Songs und sehr rockigen, groovigen Sachen („Traitor’s Gate“)  bis hin zu theatralischen Bombast-Kompositionen („Ship Of Theseus“) und typischem Progressive Rock („Critical Mass“). Und „One By One” ist für mich ungelogen einer der schönsten Songs, den ich in letzter Zeit gehört habe. Ein absoluter Ohrwurm, der in jede Radiosendung passen würde. Einfach klasse!

Fazit: Nichts für Headbanger. Nichts, was einem in die Nackenmuskulatur geht. Aber fantastische Musik, bei der man sich mit dem Kopfhörer in eine stille Ecke zurückziehen möchte. Zum Genießen, zum andächtig Lauschen und zum Träumen. Ist so. Tolle Musik.

Line-Up:
Ton Scherpenzeel – Keyboards, Vocals
Bart Schwertmann – Vocals
Marcel Singor – Guitar, Vocals
Kristoffer Gildenlöw – Bass, Vocals
Hans Eijkenaar- Drums

Titel:
01   Out Of This World
02   Waiting
03   Under A Scar
04   Kaja
05   Mystery
06   Critical Mass
07   As The Crow Flies
08   The Way She Said Goodbye
09   Traitor’s Gate
10   Distance To Your Heart
11   Red Rag To A Bull
12   One By One
13   A Writer’s Tale
14   Cary
15   Ship Of Theseus

Wertung: 9/10
Autor: Wolfgang Haupt