METAL CHURCH, ARMORED SAINT

Essen, Turock, 18.07.2019


Bei diesem genialen Billing wird dem Oldschooler warm ums Herz. Zwei klassische Metalbands der Westcoast, die bereits beide hier im Turock ihren Headlinerstatus unter Beweis stellten. Den Anfang machen Armored Saint, die zuletzt noch im November 2018 hier waren und deren aktuelles Album „Win Hands Down“ bereits vier Jahre auf dem Buckel hat. Der Fünfer um Shouter John Bush zeigt sich in hervorragender Verfassung und schmettert das Opening-Triple “Raising Fear”, “Can U Deliver” (das Turock singt laut mit) und “Creepy Feelings” in die Menge. Dann erst folgt die erste Ansage von Obersympathikus John, bei der sich die Energie des Publikums hält und dass es nach dem seltenen “Head On“ heftig laute Armored Saint-Rufe gibt, unterstützt durch die Bassdrum von Drummer Gonzo. “Last Train Home” entpuppt sich als der nächste Mitgröler und auch “Underdogs” vom “Raising Fear” Album geht ab wie Schmidts Katze, wurde aber nach Aussage von John noch nie live gespielt und der Schreiber sei bereits tot. Gemeint ist der 1990 verstorbene Gitarrist Dave Prichard; sonst ist die Band noch im Line-up ihres Debütalbums. “Seducer“ schließt sich an und beim Megahit “Reign Of Fire“ ist die sprichwörtliche Sau los. Mit dem Titelstück ihrer aktuellen Scheibe “Win Hands Down“ wird der reguläre Set abgeschlossen, bevor man mit “Nervous Man” nachlegt. Auf die Frage “One More Song?” muss natürlich das unbedingte “March Of The Saint” folgen, bevor sich die Band mit Shakehands und dem Verteilen von Plektrums und Drumsticks bei der jubelnden Audienz verabschiedet. Über eine Stunde Vollbedienung, der Laden ist komplett begeistert. Über die Setlist konnte man auch nicht meckern, dennoch möchten wir gerne mal wieder “Left Hook From Right Field”, “Unstable” oder “Den Of Thieves” hören.


Eine harte Situation für den nächsten Headliner, jetzt nachzulegen. Die Recken um Kurdt Vanderhoof haben ihre Wurzeln ebenfalls in den Achtzigern. Auch wenn sie längst nicht mehr megaklasse Alben wie in den Anfängen abliefern, bürgen ihre Liveauftritte immer für Qualität. Diesen Erfolg konnten Metal Church auch mit dem zurückgekehrten Sänger Mike Howe fortsetzen, der heute in ferrariroter Hose etwas viel “Cin Cin” rüberbringt, wie die Dame im Totenkopfshirt vor mir anzumerken weiß. Nachdem die Metallkirche mit “Damned If You Do“ und “Needle And Suture” von ihren beiden neuesten Alben den Startschuss gibt, ist spätestens bei “Badlands” und “Gods Of Second Chance” endlich die Sau los. Dass “Date With Poverty” und “Start The Fire” alles können, kann man ebenfalls an der Reaktionen im Publikum erkennen. Für ex-W.A.S.P. Schlagzeuger Stet Howland, der nicht nur im ergreifenden “Watch The Children Prey” öfter mal im Spiel aufsteht, blieb das Drumkit von Armored Saint stehen. Nur die Becken und Bassdrums wurden so  ausgewechselt, dass man durch ihren großen Zwischenraum freien Blick auf seine Beine samt pornöser Stiefel hat. Wie wichtig das erste Album für Metal Church ist, ihr bestes in ihrer Karriere, allerdings mit anderem Sänger, dem leider verstorbenen David Wayne, zeigt der Ruck, der zum fantastischen “Beyond The Black“ durch die Menge geht.

Soweit alles tutti, doch warum man den Set mit dem neuen “By The Numbers” (netter Clip!) beendet und die erste Zugabe “In Mourning” heißen muss, wo man noch tonnenweise A-Songs im Rucksack hat, erschließt sich nicht jedem Fan. In den knapp über achtzig Minuten ihres Auftritts fehlten nämlich “Ton Of Bricks”, “Losers In The Game” oder “The Human Factor”, wie so einiges vom ersten Album inklusive den zehn-Punkte Songs “Gods Of Wrath” und ihr sträflich vermisstes Anthem. Dennoch ein mehr als anständiger Gig der Jungs, der mit einem furiosen “Fake Healer” über die Ziellinie gelangt. Gut und schön, aber wir müssen zugeben, Armored Saint waren heute einen Tacken besser. Die mussten auch kein aktuelles Album promoten und konnten so mehr Klassiker einbauen, was die Setlist betraf. Der Tross bewegt sich weiter nach Hamburg, morgen das Grünspan in Schutt und Asche zu legen. Nochmals dabei zu sein, wie sich diese beiden Bands abkämpfen und die Fans beide Auftritte gegeneinander abwiegen werden, wird sich lohnen!

Autor & Pics: Joxe Schaefer