SPACE CHASER, AMBUSH, SCHIZOPHRENIA

„Give Us Life“- Release Party, Berlin, Astra Garden 18.09.2021


Ziemlich genau zwei Jahre ist es her, dass ich die Sci-Fi Thrash Metal Maniacs Space Chaser das letzte Mal live auf der Bühne gesehen habe. Damals auf einer kleinen Mini Tour mit F.K.Ü. im Rostocker Mau Club und am Folgetag im heimischen Bambi Galore. Zur Feier ihres dritten Albums „Give Us Life“ haben die Chasers in den Berliner „Astra Garden“ geladen. Natürlich kommen die Fünf nicht alleine, um den Fans die Ohren nach der Abstinenz frei zu blasen. Mit am Start sind die belgischen Death/Thrasher Schizophrenia und die schwedische Heavy Metal Institution Ambush. Was für ein Line-up und natürlich Grund genug, mich an einem bedeckten Samstagmittag auf die rund vier stündige Reise in die Hauptstadt zu machen. Einziger Wermutstropfen heute, dass meine Frau gesundheitsbedingt zu Hause bleiben musste. Nach einer entspannten Fahrt ohne Stau (was stimmt hier nicht?) komme ich zeitig noch vor Einlass am „Astra Garden“ an und stelle fest, dass der Berliner Senat wohl etwas gegen Autos in der Stadt hat. In den angrenzenden Straßen sind alle Parkmöglichkeiten Anwohner- und Kurzparkplätze… Naja, Zeit um jetzt wieder an den Stadtrand zu fahren, um mit Bus und Bahn zur Location zu fahren habe, ich nicht, also Mut zur Lücke und Prinzip Hoffnung. Einlass ist heute aufgrund der Lage des „Astra Gardens“ schon um siebzehn Uhr, da um zweiundzwanzig Uhr Schluss ist. Vor dem Eingang der in einem alten Industrieareal cool gelegenen Location treffe ich auch gleich die ersten vier bekannten Nasen aus Hamburg. Dank des Gesichtsbuches weiß ich, dass diese vier nicht die einzigen aus meiner Heimat sind und so ist nach einem entspannten und coronakonformen Einlass das Wiedersehen mit vielen bekannten Gesichtern aus nah und fern groß. Stallion Gitarrero Axxel, der sich zufällig auch gerade in Berlin aufhält, ist der erste, der mir nach der Ankunft in die Arme lief. Auch Night Demon Mastermind Jarvis ist heute anwesend, wie schon letzte Woche beim Ironhammer Festival in Andernach. Ein echter Überraschungsgast und das Wiedersehen ist herzlich. Nach einer ausführlichen Begrüßungsrunde führt mich mein Weg, wie in der Vergangenheit schon üblich, natürlich erst einmal zum Merchstand, um mich mit dem neuesten Oberbekleidungsteilen der Space Chaser einzudecken. Auch bei meinen Freunden von Ambush nebenan lassen ich den ein oder anderen Euro und werde nach kurzem Gespräch deren Merchandiser während ihrer Show.

Mit einer leckeren Hopfenkaltschale in der Hand geht es dann um kurz nach sechs vor die Bühne des Open Air Geländes, um die erste Band des Abends Schizophrenia zu bestaunen. Auch Petrus hat ein Einsehen mit den Anwesenden, denn der kleine Regenschauer ist vorbei und so kann es trocken losgehen. Das Quartett sieht oldschool aus und klingt auch so. Besonders anfangs klingt der deathige Thrash Metal recht roh und rumpelig, aber nach den ersten Minuten hat der Soundmann das Problem im Griff und die vier Belgier zocken sich souverän durch ihre Setlist, bestehend aus den Songs ihrer bis dato einzigen Veröffentlichung, der EP „Voices“. Songs wie „Beyond Reality“ oder „Schizophrenia“ ballern amtlich aus den Boxen und auch dem Publikum gefällt diese Thrash Attacke ziemlich, wenn man sieht, dass der Platz vor der Bühne gut gefüllt ist. Viel Bewegung und Positionswechsel der Saitenfraktion machen den Aufritt auch optisch sehr dynamisch. Nach der Frage von Fronter Ricky Mandozzi, ob Morbid Angel Fans anwesend sind, spitze ich gespannt die Ohren und wir werden mit einem fetten „Maze Of Torment“ Cover beglückt. Echt stark und nach dem finalen „Structure Of Death“ gehen unzählige Pommesgabeln in den bedeckten Abendhimmel Berlins – zu Recht. Denn der Vierer hat abgeräumt und klar ist, mein nächster Weg führt mich wieder zum Merchandise.


Nach einer kurzen Umbaupause ist es nun Zeit für etwas mehr Melodie und da kommen Ambush auf den Plan. Geil, dass beim kurzen Linecheck „Natural Born Killers“ angespielt wird und die Menge vor der Bühne schon aus vollem Hals den Refrain mitsingt. Eine weitere kurze Umziehpause müssen die Metaller vor der Absperrung noch erdulden, bevor die Schweden mit dem Titeltrack des aktuellen Albums „Infidel“ loslegen. Wie schon seit Längerem hat Langzeitvertreter Oskar Andersson von Night die Position am Bass inne. Power und eine magische Energie macht sich auf dem Gelände breit. Die Jungs sind heiß drauf, endlich wieder live zu spielen und das merkt man zu jeder Sekunde. Stageacting ist auch nach dieser längeren Liveabstinenz eine der großen Stärken von Ambush. Das Quartett spielt tight und souverän und hat schon nach kurzer Zeit das Publikum hinter sich. Songs wie „Leave Them To Die“, „Master Of The Seas“ oder „Close My Eyes“ muss man als Metaller auch einfach lieben. Bei letzterem schraubt sich Fronter Oskar Jacobsson in stimmliche Höhen, dass man selbst am Ende des Platzes noch froh ist, dass die Bierbecher aus Plastik sind. Was für ein geiler Auftritt und Ambush lassen keine Zeit zum Verschnaufen, denn dann geht es schon mit den Krachern „Possessed By Evil“ und dem Nackenbrecher „Hellbiter“ weiter. Die Menge ist begeistert, das sehe ich selbst von meinem jetzigen Platz hinter dem Merchstand, wo ich die alten und auch scheinbar neuen Fans mit Tonträgern, Patches und Shirts der Schweden versorge. Schon während der Show sind die ersten Artikel ausverkauft. Auf der Bühne schalten die Jungs noch einen Gang nach oben mit „Heart Of Stone“ und dem unverzichtbaren Klassiker „Natural Born Killers“. Diesmal in ganzer Länge und jetzt darf die Menge auch endlich ausführlich mitsingen, wozu Fronter Oskar die Maniacs immer wieder auffordert und mit einbezieht. Zum Abschluss eines großartigen Auftrittes steht noch „Don’t Shoot (Let ‘Em Burn)“ auf der Setlist und fünf glückliche Schweden verlassen viel umjubelt die Bühne.


Wofür aber die meisten Metaller hier sind, zeigt schon ein Blick auf die anwesenden Bandshirts. Viele laufen heute natürlich mit Oberteilen der Berliner Thrash Maschinerie Space Chaser auf, mich eingeschlossen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass schon vor Beginn der Show die Reihen vor der Bühne eng an eng stehen. Mit einem kurzen Intro und dem anschließenden Virus geht es auf die Überholspur. Das Quintett ballert ihren riffigen Sci-Fi Thrash Metal aus allen Rohren und das Grinsen vor und auf der Bühne wird immer breiter. Nach langer Livepause sind Space Chaser wieder zurück auf der Bühne und stärker, als je zuvor. Die Jungs haben ja eh schon immer mächtig Energie gehabt, aber gefühlt haben sie die Livepause genutzt, um die Messlatte nochmal höher zu legen. Der heutige Auftritt steht voll im Zeichen des neuen Releases „Give Us Life“ und so sind die Tracks dieses Albums natürlich im Vordergrund. Songs wie „Cyroshock“ und „Juggernaut“ entpuppen sich auch live als absolute Abräumer. Tracks wie „Remnants Of Technology“, „The Immortals“, „Burn Them All“ oder „Antidote To Order“ fügen sich erstklassig in die aktuelle Setlist ein. Aufgelockert werden die neuen Songs mit Klassikern wie Anthem, einen meiner persönlichen Faves, ebenso wie der Kracher „Skate Metal Punks“. Verletzungsbedingt steht heute Ersatzbasser Thim zwischen der bestens gelaunten Frontröhre Siggi und dem dauergrinsenden Axtschwinger Leo. Alle machen einen erstklassigen Job. Klar, etwas anderes ist man von den Chasers auch nicht gewohnt. Der charismatische Siggi macht nicht nur bei seinem Lieblingssong, dem Titelsong des neuen Albums ordentlich Dampf, sondern agiert durchweg mit dem Publikum, für mich immer noch eines der Erfolgsgeheimnisse dieser Band. Im Publikum fliegt die Kuh, Moshpits entstehen immer wieder und auch der ein oder andere Crowdsurfer macht seine Runde über die Menge, unter anderem auch Space Chaser Ersatzgitarrist Tobias. Hinter der Taktmaschine Matthias prangt das geile neue Backdrop mit dem aktuellen Albumcover, das mächtig was hermacht.

Als kleine Überraschung kommt dann doch noch Originalbasser Bastian auf die Bühne und schraubt sich, wie der Rest der Band zu Songs wie „Decapitron“, „Tied Down“ und der Rifforgie „Metro Massacre“ die Rübe vom Hals. Was für ein geiler Abend und die Menge ist restlos begeistert. Grund genug, noch einmal für eine Zugabe in Form von „Atom Crusher“ zurück auf die Bühne zu kommen. Danach ist dann mein etwa dreißigstes Space Chaser Konzert zu Ende, pünktlich und noch kurz vor zweiundzwanzig Uhr.

Unter dem Strich bleibt für mich ein anstrengender, aber super geiler Tag mit drei großartigen Bands, vielen Freunden und einem Konzerterlebnis wie in alten Zeiten. Mit einem seeligen Gefühl geht es nach Ende des Konzertes und einer ausführlichen Abschiedsrunde zurück zum Auto, das glücklicherweise weder abgeschleppt, noch mit einem Ticket am Scheibenwischer verziert wurde. Somit ein rundum gelungener Tag, der morgens um halb drei im heimischen Bett endete.

Autor & Pics: Tino Sternagel-Petersen