KING DIAMOND, PARADISE LOST, ANGEL WITCH

Oberhausen, Turbinenhalle, 13.06.2025


Ganz gewisslich war es gerade in jüngerer Vergangenheit ein großer Fehler, wenn man diese Briten als One-Hit-Wonder einordnet, denn einerseits wird ihr selbstbetiteltes Debütalbum aus dem Jahr 1980 in Oldschoolkreisen noch immer in Gänze abgefeiert, und andererseits sind ihre jüngeren Outputs auch ziemlich stark. Zuletzt haben wir die Jungs der New Wave Of British Heavy Metal 2019 in Hamburg nach Night Demon live gesehen, damals war Sänger und Gitarrist Kevin Heybourne stimmlich nicht so fit. Dann kam von der Band lange nichts, man konnte aber  mit Kevin Riddles Baphomet Vorlieb nehmen, der mit den frühen Bandsongs unterwegs war. Jetzt bekommen wir wieder Angel Witch und die Band ist gleich nach dem grolligen Intro tough drauf. Sie fahren in der großen Turbinenhalle einen wuchtigen Sound und der Gesang stimmt. Die Jungs zeigen sich ambitioniert, haben Bock und treffen sich immer wieder zu Gitarrenduellen. Die Drums stehen ungewohnt am linken Bühnenrand und stören das Bild optisch weniger. Mehr störend ist aber, dass außer „Atlantis“, „White Witch“, „Sorcerers“, „Angel Of Death“ und „Angel Witch“ kein Song mehr kommt und nach 26 Minuten schon plötzlich Schluss ist. Auch kein neueres Material, nicht einmal das obercoole „Dead Sea Scrolls“. Mit so kurzer Spielzeit abgespeist zu werden, wird der NWoBHM Legende keinesfalls gerecht und ist schon Beschiss. Doppelt Shit, weil der Vierer wieder echt gut war. Sehr Schade, denn das ist auch deswegen wesentlich zu knapp, weil viele Fans der Band angereist sind! (Joxe Schaefer)


Nach dem guten, aber viel zu kurzen Set von Angel Witch sollten mir Paradise Lost im Anschluss den gut begonnenen Abend gehörig vergraulen. Dass die Band um Frontmann Nick Holmes nicht für energiegeladene Liveshows bekannt ist, ist nichts Neues. Was das Quintett aus Halifax (UK) heute aber abliefert, ist an Belanglosigkeit kaum mehr zu überbieten. Immerhin eine minimale Spur mehr Bock als beim letztjährigen Headliner Set beim Baden in Blut Festival kann ich zwar wahrnehmen, trotzdem habe ich auch heute das Gefühl, dass die fünf Herren irgendwie Fehl am Platz sind. Der primäre Eindruck zeugt von Lustlosigkeit. Und das, obwohl das zahlreich erschienene Publikum der Band durchaus wohlgewillt ist, und anständig mitmacht. Ich kann ja verstehen, dass man als Supportband dem Publikum einen möglichst breiten Querschnitt seiner Schaffensphase präsentieren will. Wie man aber auf die Idee kommen kann, den besten Song seiner Diskographie („As I Die“) wegzulassen, bleibt mir schleierhaft. Das ist wie ein Nachtisch ohne Sahne. Immerhin werden die zwei wohl besten Alben von Paradise Lost – „Icon“ und „Draconian Times“ – mit je einem („Embers Fire“) bzw. zwei („Enchantment“ und „The Last Time“) im knapp 45minütigen Auftritt berücksichtigt. Trotzdem will mir der Schock über das fehlende „As I Die“ nicht aus dem eingeschlafenen Gesicht weichen. Obwohl ich die ersten fünf Alben der Band liebe (oder gerade deshalb?), wird mir nach den letzten zwei enttäuschenden Auftritten der Band klar – Eintritt werde ich für einen Headlinergig der Band nicht bezahlen. Denn frei nach Asterix & Obelix: Die spinnen, die Briten. (Steph Bachmann)

Setlist: Enchantment; The Enemy; Pity The Sadness; No Hope In Sight; Faith Devides Us – Death Unites Us; The Last Time; Ghosts; Embers Fire; Say Just Words.


Die Freude ist groß, als bekannt wird, dass Ihre Majestät, King Diamond samt Gefolge, diesen Sommer jenseits diverser Festivals, auch in Oberhausen und anderen Städten der Republik seine Aufwartung macht. Als des Königs Getreuer stellt sich hier nicht die Frage, umgehend ein Ticket zu erwerben. So denken anscheinend viele, auch wenn die Turbinenhalle heute nicht ausverkauft ist. Das Savatage Konzert am folgenden Tag ist dagegen ratzekahl ausverkauft, böse Zungen sprechen sogar von „überausverkauft“. Sei es drum. Um Punkt 21:10 Uhr erlischt das Hallenlicht, der Vorhang fällt und die ersten Töne von „Funeral“ erklingen. Der gigantische Bühnenaufbau springt einem sofort ins Auge. Das „Saint Lucifer’s Hospital“ hat seine Tore geöffnet und erstreckt sich über drei (!) Ebenen, aber dazu später mehr. Der King steht bereits ganz klassisch mit Sarg, Puppe und Messer parat, um mit dem allseits bekannten Ritual die Wiedergeburt von Monsterbitch Abigail zu verhindern. Es folgen mit „Arrival“ und „A Mansion In Darkness“ gleich zwei weitere Stücke des wohl bekanntesten und besten King Diamond Albums „Abigail“ aus dem Jahre 1987. Wem es vergönnt war, den King auf einer seiner letzten Touren livehaftig zu erleben, weiß, dass er ausnahmslos Musiker um sich geschart hat, die meisterhaft musizieren können und bestens aufeinander eingespielt sind. So ist es auch heute und der König ist ebenfalls in Topform. Ein wichtiger Bestandteil des Bühnenspektakels ist eine Künstlerin namens Jodi Cachia, die in die Rolle diverser weiblicher Charaktere schlüpft. Mit einer Laterne inspiziert sie als Miriam Natias ihr Anwesen in der Dunkelheit, zusammen mit King als Jonathan LaFey.

Recht früh im Set werden die einzelnen Bandmitglieder vorgestellt. Ein Grund ist sicher die neue Tour-Keyboarderin Hel Pyre, die auch den King stimmlich hier und da unterstützt. Sicherlich kennt der ein oder andere hier die junge Griechin als relativ neues Mitglied der brasilianischen Band Nervosa, die mittlerweile nach Europa übergesiedelt sind. Dennoch sind ständig „Andy, Andy“-Rufe im Publikum zu vernehmen. Kein Wunder, denn der Gute ist nicht nur der kongeniale Songwriting-Partner, sondern auch das am längsten verbliebene Mitglied der Band. Am kommenden Wochenende ist es genau vierzig Jahre her, dass er King Diamond beigetreten ist. Deshalb darf der ikonische Gitarrist mit dem bekannten Riff den Hit „Halloween“ einleiten. Die Hitze ist heute unerträglich und wird mit dem feurigen „Voodoo“ nochmals in die Höhe getrieben. Auch wenn das Bühnenbild eher an eine alte, verlassenen Klinik erinnert, wähnt man sich flugs in den Sümpfen der Südstaaten und wohnt einem Voodoo Ritual bei. Jodi verkörpert Lula Chevalier und tanzt ekstatisch auf Geheiß Dr. le Croix. Es folgt das kurze Instrumental „Them“, bevor der King sich als „The Faceless Man“ vorstellt, welcher aus einer anderen Zeitlinie entspringt und Bezug zum „Saint Lucifer’s Hospital“ nimmt. Die aktuelle Single „Spider Lilly“ fügt sich nahtlos in die mit Klassikern gespickte Setlist ein. Jodi bzw. „Spider Lilly“ wird vom King, bzw. „Faceless Man“ in einem Rollstuhl durch die „Räumlichkeiten“ geführt. Beim ruhigen Mittelpart verlässt ausnahmsweise Mike Wead seinen Platz links auf der Bühne, um gemeinsam mit Andy ihren Instrumenten wunderschöne Gitarrenmelodien zu entlocken. Nach dem düsteren Mini Horror Epos „Two Little Girls“ geht es endlich mit dem „Them/Conspiracy“ Block weiter. Bei „Welcome Home“ hat ‚Grandma‘ ihren großen Auftritt und gibt den Musikern und dem Publikum in der vorderen Reihe in ihrer charmant boshaften Art Saures. Dieser währt aber nicht lange, denn beim folgenden „Invisible Guests“ bleibt der Rollstuhl leer. Der King bezeichnet die unsichtbaren Gäste des Hauses „Amon“ als „Sweet Hearts“. Nach dem perfekt intonierten „The Candle“ folgt mit „Masquerade Of Madness“ ein relativ neuer Song, der ebenfalls von Jody optisch in Szene gesetzt wird. Die Arme wird dann in den ominösen „Room #9“ gesperrt, um nur kurz später bei „Burn“ auch noch als Hexe verbrannt zu werden. Rausschmeißer und einzige Zugabe des illustren Abends ist der Titeltrack „Abigail“. Nach einer deutlich überlangen Geisterstunde ist der Spuk vorbei und das Ensemble inklusive Jodi und Hel Pyre lässt sich zu recht unter tosenden Applaus des Auditoriums verabschieden…All Hail to the King! (Michael Staude).

Setlist: Funeral*, A Mansion In Darkness, Halloween, Voodoo, Them*, Spider Lilly, Two Little Girls*, Sleepless Nights, Out From The Asylum*, Welcome Home, The Invisible Guests, The Candle, Masquerade Of Madness, Eye Of The Witch, Burn, Abigail, Insaniy*. (* = Einspieler)

Autoren: Joxe Schaefer, Steph Bachmann, Michael Staude
Pics: Joxe Schaefer