POLTERGEIST – feather of truth

Das mittlerweile fünfte Werk der polternden Geister, das zweite seit der Reunion 2013 und das erste für Massacre Records, ist eine echte Granate geworden. Nach zwei guten Scheiben („Depression“ (1989) und „Behind My Mask“ (1991)) und einem mehr oder weniger in Eigenregie veröffentlichten Oberkracher (“Nothing Lasts Forever”, (1993)), löste sich die Band Mitte der 90er mangels Erfolg und fehlenden Perspektiven frustriert auf. Währenddem V.O. Pulver mit Gurd ein neues Betätigungsfeld fand, verschwand der Rest der Band zumindest musikalisch von der Bildfläche. Nach einem guten Comeback Album (“Back To Haunt” (2016)), dürfe der nun vorliegende Longplayer für deutlich mehr Aufmerksamkeit in der Szene sorgen. Was bei „Feather Of Truth“ sehr schnell auffällt, sind die deutlich ausgeprägter gewordenen Bay Area Einflüsse. Einerseits ist die Affinität von V.O. vor allem zu Exodus nicht zu leugnen, andererseits hat sich der zweite Gitarrero (Chaspar Wanner, Klaw), deutlich mehr ins Songwriting eingebracht und vier der zwölf neuen Songs beigesteuert. Auch wenn aus den Songwriting Credits auf dem Album nicht ersichtlich ist, welche Songs das sind, sollte der geneigte Hörer diese doch einigermaßen zielstrebig eruieren können. Die deutlicheren Bay Area Einflüsse schaden dem Album qualitätsmäßig sicherlich nicht, auch wenn dadurch ein für mich sehr wichtiges Trademark von Poltergeist etwas in den Hintergrund rückt: die variable und äußerst markante Stimme von Sänger André Grieder. Den melodischen Aspekt seiner Stimme hat man vor allem auf dem dritten Album stark ausgelotet (siehe z.B. Empty Inside oder Nothing Lasts Forever), einer der Gründe, weshalb ich dieses Album so vergöttere. Genau diese coolen Mitsingteile vermisse ich auf „Feather Of Truth“ leider etwas. Das soll nun aber nicht heißen, dass der Gesang schlecht oder gar eintönig wäre, weit gefehlt, er hätte für meinem Geschmack einfach noch variabler ausfallen dürfen. Wer die Band an der Plattentaufe zum vorliegenden Album live gesehen hat, konnte miterleben, dass diese Variabilität live viel besser zum Zuge kam als auf Konserve. Poltergeist liefern mit “Feather Of Truth” ein äußerst homogenes und qualitativ hochstehendes Album ab, wobei keiner der zwölf Songs herausstechen will, aber auch keiner abfällt. Meine klaren Favoriten sind der schnelle Opener “Time At Hand”, das genial melodiöse “The Gods Of The Seven Rays” (dieser Track erinnert am ehesten an die alten Tage der Band), der Nackenbrecher “The Attention Trap”, und das etwas exotische, unkonventionelle Titelstück. Ein ganz großes Plus dieses Albums ist die druckvolle, teils echt brutale Produktion. Wer die Produktionen von V.O. kennt (u.a. Destruction, Megora, Klaw, …), der weiß, dass da ein echter Fachmann hinter dem Mischpult sitzt und regelmäßig Knallerproduktionen abliefert. Was hier allerdings aus den Boxen knallt, droht die Ohren schnell blutig werden zu lassen. Hoffen wir, dass Poltergeist uns auch in Zukunft mit starke Alben verwöhnen, und uns auch an der Livefront mit Sahneauftritten beglücken werden. Dass sie ihr Handwerk nicht verlernt haben, beweist “Feather Of Truth” eindrücklich.

Wertung: 8,5/10
Autor: Steph Bachmann