Ragers Elite

Hamm, Zeche Radbod, 20.09.2025


Das Ragers Elite gibt es nun schon seit so einigen Jahren, allerdings haben wir es auch schon lange nicht mehr geschafft, dort dabei zu sein. Den Ausschlag dafür, dieses Mal doch wieder dabei zu sein, gab wohl das mehr als anständige Billing. Bei unserem Eintreffen sind Frostshock gerade angefangen. Wie immer ist es bei den Thrashern sehr voll im Saale. Wer vorne steht, wird von der Einstellung der LED-Leuchten stark geblendet, klagen besonders Fotografen. Die ersten Banger machen sich vor der Bühne warm, auch die weiter hinten Stehenden kommen in Bewegung. Das coole Speedgetrümmer der Jungs ist absolut geeignet dafür, und auch noch für mehr. Wer die Band aus Haltern schon mal gesehen hat, der weiß, die sind inzwischen bereits mehr als ein Opener und sollten schon weiter oben auf der Running Order stehen. Auch hier in Hamm zünden sie ihr Feuerwerk optisch untermalt mit Rauchsäulen. Und es knallt amtlich. Das Vinyl ihres Debütalbums ist inzwischen am Merch erhältlich und gehört abgegriffen!


Während die zweite Band des Tages ihr ungehobeltes Thrashgeschoss in die Zeche schießt, machen wir uns doch einmal schlau, wer das denn wohl genau ist, wer uns hier sein Zeug um die Ohren haut. Refore kommen aus Tschechien und machen gleich von Anfang an einen ziemlich guten Eindruck. Die meisten Besucher hatten diesen Vierer noch nicht auf dem Schirm, zeigen aber reges Interesse. Kein Wunder, denn auf der Stage wird gut was losgemacht, mit Action und Attitüde wie sich das gehört. Drummer Dominik steht für eine Ansage auf und kommt nach vorn, lässt sich für die Menge mal aus der Nähe sehen. Die unclean geschimpften Vocals bleiben sowohl in helleren Screams, als auch in den knappen Ansagen unverständlich, was aber je nach Tempo beim Stampfen und Bangen offensichtlich völlig egal ist. Watt ne Watsche. Refore erkämpfen sich durch Speedgeballer mit durchstechenden Soli fetten Applaus. Die ausgelaugte Menge wandert nach siebenunddreißig bewegungsfreudigen Minuten nach draußen, wo es bei dem Wetter allerdings auch nicht viel kühler ist. Eine absolut coole Entdeckung. Das gilt auch für das am Merch erhältliche Vinyl, denn beide Alben sind Hammer und gehören in jede coole Thrashsammlung.


Und weiter geht die Durchdreschung, aber jetzt mit Sarcator. Die Schweden haben wir gerade auf dem Burning Q Festival gesehen, wo sie ihr neues Album „Swarming Angels & Flies“ vorstellten. Auch hier in Hamm wird das wieder eine sehr tighte Sache der jungen Bande. Auch hier bemerken wir ein sehr hohes Energielevel des Vierers, mit noch mehr Action und zackigen Bewegungen. Gitarrist und Shouter Mateo reißt die Saiten seiner Flying V mit zackigen Armbewegungen an, und der höhere Grad an Härte und Action überträgt sich spürbar. Ein Typ in einem leuchtgrün bedruckten Shirt von Prophecy 23 neben uns bemerkt überrascht, dass hier heute keine schlechte Band gespielt haben wird, wenn das so weiter geht. Recht hat er, das Qualitätslevel liegt nach den ersten drei Bands wirklich ziemlich hoch, wesentlich höher als auf anderen thrashlastigen Festivals. Und auf einmal ruft Mateo schon: „Thank you very much Germany, see you soon!“ Jo, das wäre ja schön. Nehmen wir ihn mal beim Wort.


Mit hohen Erwartungen gehen wir in die zweite Hälfte des Festivals. Der Name Surgical Strike dieser Band aus Hannover klingt nach einem Song von Queensryche, dem schnellsten auf dem sonst recht gemächlichen 1986er Album „Rage For Order“ übrigens. Scheint nicht weit hergeholt zu sein, schließlich trägt Shouter Jens ein Shirt der Seattle Combo. Tatsächlich wird aber schon Thrash gespielt, etwas metallischer mit einer melodischen Kante. Völlig okay, aber die Frage, ob wir Lust zu tanzen haben, verwirrt dann doch schon etwas. Irgendwie muss die neue Single neue Single „Down With Me“ ja auch angepriesen werden. Das wirkt, weil Hey-Rufe vernehmbar sind und Arme hochgehen. Die Niedersachsen holen sich ihren Applaus ab und Shouter Jens wünscht uns höflich für jeden einzelnen Song nach seinen Ansagen viel Spaß. Und schließlich kommt der Melodiebogen mit den Twin-Leads vom letzten Track „Blinder“, auch der Finaltrack auf ihrem neuen Albums „24/7 Hate“, dann doch sehr nach Queensryche. Da haben wir nach dreiundvierzig Minuten Spielzeit die Parallele zu der eingangs erwähnten Band endlich gefunden.


Kurz vor halb zehn erklingt in der Zeche Radbod ein Humpa-Intro, das aber glücklicherweise schnell vorbei ist. Den Namen dieser nächsten Band liest man derzeit öfter, denn ihr neongrünes Logo taucht in Billings grad häufiger auf, auch in unseren Breiten. Prophecy 23 aus Mannheim mögen viele Über-den-Tellerrand-Schauer noch unter Thrash einordnen wollen, während sogar die Freunde der alten Schule damit Schwierigkeiten haben, die mal viel Suicidal Tendencies gehört haben. Aber nun gut. Erlaubt ist was gefällt und der Moment zählt. Während die mit „Mosh ‚o Clock“ frisch in die deutschen Albumcharts Eingestiegenen tight ihr Breakmaterial mit Tempowechseln und zwei Coregebellshoutern schmettern, entsteht im Pulk ein Anrempel-Pit mit Hüpfeinlagen. Bei der Action vor der Bühne fällt auch kaum auf, dass es weniger voll ist als zu Beginn bei Frostshock. War ja klar, dass es mit qualitativ so hochwertigen Bands für Oldschooler allein nicht so weitergehen konnte. Aber auch verständlich, dass dieser aggressive Spaßfaktor nicht bei allen gleich mundet. Ungewöhnlich auch, ein Gruppenfoto mit den Fans mitten im Konzert schießen zu lassen. Aber was ist schon zu beanstanden, wenn das anwesende Volk abzappelt?


Der Headliner des heutigen Abends kommt aus Belgien und ist inzwischen nicht nur unter Insidern als Qualitätsgarant bekannt. Schizophrenia haben wir zuletzt auf dem Detze live gesehen, und auch hier in Hamm legen die Death Thrasher eine sehr erwachsene Vorstellung hin. Dazu entsteht eine hohe Kuttendichte vor der Bühne, ordentlich Bewegung und amtliches Gebange. Da ist unser imaginär verliehene Pokal für maximales Abgezappel des Publikums bei den zuvor aufgetretenen Baden-Württembergern besser aufgehoben. Auf der Stage passiert was. Flinke Seitenwechsel gehören ebenso dazu wie Sprünge auf und vom mittig vorn aufgestellten Podest. Bassist und Shouter Ricky brüllt in jedes Mikro, egal auf welcher Bühnenseite. Noch von ihrer 2020er EP „Voices“ stammt „Mortal Sin“, zwischen den Songs grollt es aus den Speakern und das Publikum darf wieder zwischen einem Cover von Slayer oder Morbid Angel wählen, wie wir das zuletzt auf dem Der Detze Rockt erlebt haben. Das macht allen sehr viel Spaß, denn absolut still steht niemand zwischen Theke und Bühne. Ihr noch immer aktuelles Album „Recollections Of The Insane“ gehört in jede Sammlung, und hoffentlich erscheint bald ein neues, soll an dieser Stelle mal dringlichst erbeten werden dürfen! Die Belgier waren auch heute wieder eine Bank, bleibt zum Schluss zu sagen. Mal sehen, wie die Veranstalter das Billing für nächstes Jahr noch toppen wollen …

Autor & Pics: Joxe Schaefer