UNLEASHED – the hunt for white christ

Unleashed gehören zu den absoluten Konstanten im Death Metal und nehmen in ihrem Genre im Grunde eine ähnliche Position wie Bands wie W.A.S.P. oder Running Wild im klassischen Metal ein. Wer ihnen also unterstellt, immer das Gleiche zu machen, liegt nicht vollkommen falsch. Aber die Mannen um Frontwikinger Johnny Hedlund haben über die Jahre bzw. mittlerweile Jahrzehnte auch ihren ureigenen Stil etabliert und besitzen einen Wiedererkennungswert, der kaum höher sein könnte. Richtig enttäuscht haben mich die Männer aus dem hohen Norden eigentlich nie, speziell die beiden letzten Alben waren dennoch Schwachpunkte in ihrer Discographie und wollten mich nicht wirklich vom Hocker holen. Das lässt sich über das inzwischen 13. Studioalbum „The Hunt for White Christ“ zum Glück nicht sagen.

Hier ist der Bandname endlich wieder Programm! So frisch und angriffslustig klangen Unleashed letztmalig auf ihrem 2006er Überflieger-Album „Midvinterblot“. Nicht nur bei den Songs, auch beim Sound wurde gegenüber den letzten Scheiben eine ordentliche Schippe draufgelegt. Der Sound ist unheimlich satt, druckvoll, und wirkt bei Weitem nicht so trocken wie zuletzt, was dem Album eine sehr dichte Atmosphäre verleiht. Der schon vorab über Youtube veröffentlichte Opener „Lead Us Into War“ beginnt direkt mit einem gezielten Schlag in die Weichteile und lässt die Nackenmuskeln unweigerlich zucken. Das folgende „You Will Fall“ mit geilen Akustik-Einlagen gehört ebenfalls zum Besten, was Unleashed seit Jahren abgeliefert haben. Ein weiteres Highlight ist das düster-bedrohliche „The City Of Jorsala Shall Fall“, das einem einen kalten Schauer über den Rücken laufen lässt. Insgesamt haben Unleashed auf diesem Album ihre Stärken gebündelt und bieten von der rasanten Schlachthymne bis zum atmosphärischen, von gut dosiertem Pathos getragenen Midtempo-Stampfer alles, was ihren Sound ausmacht. Fast alle Songs sind sehr Refrain-lastig aufgebaut, so dass man beim Komplettdurchlauf des Albums eigentlich ständig sein Methorn nachfüllen und brüllend gen Walhalla recken möchte (wer kein Horn besitzt und vielleicht noch nicht einmal Met im Haus hat, kann einfach die geballte Faust benutzen – geht auch).

Trotz aller Eingängigkeit wird „The Hunt For White Christ“ aber nicht langweilig, denn es gibt genug Details zu entdecken, die das Album vor allzu schnellen Abnutzungserscheinungen bewahren. Die Songs sind mitreißend, es gibt haufenweise geile Gitarrensoli und Melodien, ein Nackenbrecher-Riff jagt das nächste und Fronter Johnny growlt, knurrt und keift wie in seinen besten Zeiten. Ein Song wie „Vidaurgelmthul“ weist mit seinem extrem eingängigen Hauptriff sogar eine ziemliche Nähe zu den kommerziell weitaus erfolgreicheren Amon Amarth auf. Aber keine Sorge, Unleashed sind nicht nur die älteren Platzhirsche in ihrer Zunft, sie haben auch die schärferen Breitschwerter und die höhere Schlagkraft! Und den Songtitel könnte sich eh kein A.A.-Fan für seinen nächsten Wunsch beim DJ merken…

Unleashed melden sich anno 2018 also mit einem ihrer stärksten Alben des nicht mehr ganz so jungen Jahrtausends zurück und werden sicher niemanden enttäuschen. Wer sie immer mochte, wird es ohnehin weiter tun. Wer sie in letzter Zeit etwas aus dem Auge verloren hat, sollte „The Hunt For White Christ“ unbedingt anchecken! Und wer A.A. für die ultimative Viking Death Metal-Band hält, sollte sich schnellstens eines Besseren belehren lassen!

Wertung: 8,5/10
Autor: Felix Schallenkamp