TRUCHLO STRZYGI

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Eine tote Großmutter als Namensgeberin, morbide Fotos und mystische Texte: Die polnische Blackened-Punk-Band Truchlo Strzygi umgibt eine geheimnisvolle Aura. Ihr neues Album “Gwiezdny Demon” (Gods Ov War Productions) ist eine Abrissbirne erster Güte, doch wirklich viel ist über die Gruppe hierzulande noch nicht bekannt. Wir haben Gitarrist P. daher um einige Antworten gebeten – und er hat geliefert.

Wer wie ich bei Bandcamp über Truchlo Strzygi stolpert, dem fällt nach dem eher farbenfrohen Albumcover wohl auch das gruselige Titelfoto auf. Es zeigt einen Körper in schwarzem Totenkleid und gefalteten Händen. Ein Standfoto aus einem alten Horrorfilm? Weit gefehlt, wie P. erklärt:

“Truchlo Strzygi bedeutet ‘Leichnam der Großmutter unseres Sängers’. Du kannst ihr Foto oben auf unserer Bandcamp-Seite sehen. Es wurde vor vielen Jahren bei ihrer Beerdigung aufgenommen. Gambit (der Sänger – d. Red.) hat es in einem alten Fotoalbum der Familie gefunden und es war die Inspiration für den Namen unserer Band. Sie hieß Stanislawa Strzyga. Zugleich gibt es eine slawische, mystische Kreatur, die ebenfalls Strzyga oder Striga genannt wird. Die kennst du vielleicht aus der Witcher-Saga und eventuell auch aus alten deutschen Legenden.”

Um die Bedeutung der toten Großmutter für die Band zu untermalen, haben die vier Musiker sich sogar für ein makaberes Fotoshooting am Grab der Namensgeberin eingefunden – nur echt mit Nebel und Gasmaske. Auch musikalisch ist der Rahmen damit gewissermaßen gesetzt. Denn Friedhofsfotos sind im Metal nichts Neues, die Gasmaske erinnert an zahlreiche Sodom-Artworks und tote Leute wurden im norwegischen Black-Metal schon vor drei Jahrzehnten auf recht fragwürdige Art und Weise für die Promotion genutzt. Doch welche Bands haben Truchlo Strzygi beeinflusst?

“Wir sind uns einig, dass das Vermächtnis von Tom G. Warrior eine Inspiration für uns ist”, sagt P., “aber auch US-Bands wie Metallica, Overkill und Slayer. Wir mögen Klassiker, aber auch Underground-Musik. Wir sind große Fans von polnischem Black-Metal, aber auch schwedischem Death-Metal, norwegischem Black-Metal und deutschem Techno – und Teutonen-Thrash. Die größte Inspiration ist jedoch die Welt um uns herum. Wir singen über unsere Geschichten. Die Region, in der du lebst, hat den größten Einfluss auf dich. Wenn du das richtig nutzt, kann es eine unglaubliche Atmosphäre in deine Musik bringen. Wie bei den Ukrainern, die über ihr Land singen.”

Und reichlich Atmosphäre hat das Zweitwerk “Gwiezdny Demon” ohne Frage. Beinahe alle genannten Einflüsse finden sich auf der Scheibe wieder. Trotzdem hat das Album das gewisse Etwas, ein Alleinstellungsmerkmal, das man bei vielen anderen Bands heutzutage vergebens sucht. Die Platte klingt roh, echt und unglaublich ehrlich. Das spiegelt sich im Gesang, dem Zusammenspiel der Musiker und der Produktion wider. Trotz der grantigen Grundstimmung merkt man den Songs eine gewisse Zerbrechlichkeit an. Es wird angezählt, hin und wieder auch geflucht. Man kann geradezu hören, wie die Band die Songs aus sich herauspresst. Wie haben sie das gemacht?

“Wir haben zuerst nur das Schlagzeug live zu den Gitarren und mit Analog-Equipment aufgenommen, ohne Metronom. Die anderen Instrumente haben wir passend zu den Drums aufgenommen, in unserem Proberaum im Keller. Der Gesang kam zum Schluss, meistens als First-Take. Wir haben einige Texte noch während der Aufnahmen geschrieben, das war essenziell und emotional für uns.”

Wer auf eigenständigen Black-Metal-Punk mit Einflüssen aus Thrash und Crust steht, der sollte dringend ein Ohr riskieren. Hierzulande dürfte bislang allerdings kaum jemand etwas von Truchlo Strzygi gehört haben. Das könnte sich bald ändern, hofft auch P.:

“Ich hoffe, dass wir bald nach Deutschland kommen. Wir haben eine Einladung nach Leipzig bekommen. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.”

Autor: Florian Forth