SINISTER, REVEL IN FLESH, WILT

Bochum, Bahnhof Langendreer, 21.02.2020


Seit über dreißig Jahren finden im Bahnhof Langendreer Konzerte statt, und erst heute waren wir zum ersten Mal hier, wo wir sonst im Bistro im Gebäude eine Tür weiter die Bauernfrikadelle verzehrt haben. Die Konzertlocation befindet sich in der großen Halle neben dem Bistro. Sie ähnelt vom Aufbau dem Turock und wurde mit digitaler Dezibelanzeige unter der Decke ausgestattet. Und heute steht ein feines Death Metal Billing an, das man sich besser nicht entgehen lässt. Und tatsächlich darf sich der Opener freuen, in diesem Billing für X-CRASH eine besondere Rolle zu spielen. Denn es ist noch gar nicht so lange her, dass wir die Ostwestfalen Wilt nach Veröffentlichung ihres Albums im Interview hatten. Seit dem sind ein paar Tage vergangen und “Faces Of The Grave” ist noch immer das Aktuelle. Die Uhr zeigt 20:00 Uhr, als unter dem Banner von Revel In Flesh der Wilt-Panzer losrollt. Und der macht sofort alles platt. Flying-V Gitarrist Marko ist der Aktivposten in der Band, dauernd am Posen und Umherlaufen, hält aber die Soli, wenn vorhanden, knapp. Er richtet auch die Becken am Kit, die er dabei leicht verschiebt. Der Vierer hat Spaß und Drummer Börgy bewirft Tiefstgrowler und Bassist Matze mit nem Drumstick. Also haben sich die Ostwestfalen den ordentlichen Applaus zwischen den Tracks verdient. Der Rausschmeißer “Rise From The Grave” plattwalzt unterhalb Midtempos den Rest und beendet den siebenunddreißigminütigen Auftritt. Geile Scheiße. Diese Geradeausbolzer von Wilt werden wir uns immer wieder ansehen, denn das hat sehr gut gezündet. Darauf ersma das Vinyl abgegriffen und eiskalt n Schluck Krombacher aus der am Tresen erworbenen 0,5er Pulle… Prost!


Eine der im Moment angesagtesten nationalen Death Metal Bands sind zweifelsohne Revel In Flesh aus Schwäbisch Gmünd. Sofort übernehmen fliegende Haare und größeren Bewegungsradien die Action auf der Bühne. Die Energie überträgt sich auch ins Publikum, das trotz der sicher nicht zu schlecht beheizten Halle in Bewegung kommt. Der Sound ist klar und stellt nicht nur die flexiblen Growls mit Screams gut raus. Das fünfte Album „The Hour Of The Avenger“ ist seit Dezember erwerblich, nur das darauf enthaltene Motörhead-Cover „Rock Out“ haben sie leider nicht mit im Programm. Während unser Fave vom aktuellen Album “The Nightbreed” ist, zündet das coole „Blood Oath“ hier in Bochum ziemlich gut. Der gut gefüllte Bahnhof feiert Songs wie „In The Name Of The Flesh“, “Emissary Of All Plagues“ und „Torture Throne“ ab. Blöd nur, dass plötzlich Ende sein muss. Offensichtlich hat der Zeitplan nach 48 gespielten Minuten etwas gegen eine Zugabe gehabt. Unterm Strich muss dem Fünfer ein mehr als bodenständiger Gig attestiert werden. Revel In Flesh haben wir in jüngerer Zeit etwas verloren, jetzt haben sie uns wieder.


Von Sinister waren wir zuletzt gar nicht mehr so überzeugt, haben sie doch auf ihrem 2017er Album „Syncretism“ deutlich Synthesizer verwendet. Mal sehen wie sich das bei den Tracks des neuen Albums „Deformation Of The Holy Realm“ verhält, welches im Mai erscheinen wird, denn hier auf der Bochumer Bühne sind heute keine Tasten zu hören. Wollen wir nur mal hoffen, dass es nicht üblich wird, dass Monate vor Release der neuen Scheibe die Songs live vorgestellt werden, bevor die Fans etwas davon gehört haben. Heute wird das neue „Apostles Of The Weak“ eine Vorschau auf das im Mai erscheinende Album halten, doch ersteinmal betreten die Südholländer um Aad Kloosterwaard nach dem Intro die Bretter und fahren das erwartete Brett. Als einzige Entspannung gibt es mal ein Intro zwischendurch, sonst walzt dich permanent die Druckwelle der Holländer breit. Leider kommt der Sound den ganzen Gig über brutal brummig, das haben wir bei den beiden Bands zuvor klarer gehabt. Auch die Ansagen mit cleaner Stimme brummgrummeln unklar. Doch die zu “Blood Ecstasy“ kann man noch verstehen. Der Mann unter der Camouflage-Kappe scheint sich mit den brutalen Rauchsäulen aus den Podesten anfreunden zu können und scheut nicht davor zurück, mal seinen Schädel reinzuhalten. Weißbartgitarrist Walter Tjwa wirft gefährliche Leads von links ein. Er spielt noch bei den Thrashern Mandator und Radiator und wird als Neuzugang begrüßt. Später in der Bandvorstellung bekommt der Mann Sprechchöre. Trotz stumpfem Sound werden Songs wie “The Science Of Prophecy“, “The Masquerade Of An Angel” und dem alten und unbedingten „Sadistic Intent“ abgefeiert. Nach dem seltenen “Unheavenly Domain” hält der Moshpit bis zur Zugabe “Epoch Of Denial“ an. Nach gut 65 Auftrittsminuten markiert ein Streicheroutro aus dem Back den Schlusspunkt. Das hier in gut zwei Wochen angekündigte Konzert mit den Bajuwaren von Fleshcrawl wurde übrigens auf den 14.11.2020 verschoben …

Autor & Pics: Joxe Schaefer