Brofest #6

Newcastle (UK), Newcastle University, 28.02.2020 – 29.02.2020


Brofest Tag 1, Freitag, 28.02.2020: Risen Prophecy, Riot City, Haunt, Traveler, Heavy Pettin

Für den ersten Tag des Festivals haben Risen Prophecy den Zuschlag erhalten, den Eröffnungsslot zu füllen. Fand das letzte Brofest vor zwei Jahren in den oberen Etagen der benachbarten Northumbria Universität statt, begrüßen wir diesmal den Keller der Newcastle University. Die Deckenhöhe ist niedriger und es ist im allgemeinen dunkler. Und wieder einmal ersetzen projizierte Bandlogos die Backdrops. Der Bass hallt sehr heftig durch die Katakomben, was sich im Laufe des Festivals noch geben wird. Jetzt kann es sein, dass es deswegen die Mucke der Band um den Drummer von Spartan Warrior schwer hat, gleich zu zünden, am Shouter mit seiner hellen Stimme hat’s in der halben Stunde Spielzeit jedenfalls nicht gelegen. Drei Alben hat der Vierer aus Sunderland raus und „Brood Of Viper“ vom zweiten haben sie auf jeden Fall gezockt. Mal sehen, was die nun folgenden Jungspundbands auf die Kette kriegen. (Joxe Schaefer).


Ihr Album ist in vielen Top-Ten des vergangenen Jahres zu finden, denn die Oldschooler lieben genau diesen unbekümmerten Sound. Darum ist es auch nicht weiter verwunderlich, sie auch auf dem Billing des Brofests anzutreffen. Für Riot City aus Kanada ist es nun das erste Mal in Europa und es sieht alles danach aus, als bekäme der Vollgas-Fünfer die Highspeedmacht vom Album live genau so umgesetzt. Deswegen fragt unser Metallfachmann Tino schon nach dem zweiten Song: “Was soll heute noch kommen?” Die Screams sitzen, aber nicht, weil Basser Dustin aus Versehen den Hals seines Arbeitsgerätes in den Unterbauch des Sängers rammt. Es ist halt actionmäßig mächtig was los, so geil, dass gleich unbedingt das Vinyl abgegriffen werden muss. Treffer wie “In The Dark” werden versenkt, das neue „Tyrant“ reiht sich nahtlos ein. Die Chöre sitzen mal eben so und Drummer Chad, der heute noch einmal mit Traveler auf diese Bühne geht, scheint bei den hohen Tempi durch Drehereien seiner Sticks noch unterfordert zu sein. Das erklärt uns auch der Drummer unserer Reisegruppe, der ebenfalls grad im Publikum abfeiert. Nur ob eine Gitarre jetzt unbedingt leuchtgelb sein musste, wird bei der hohen Bandqualität nicht mehr diskutiert. Bei einer schnelleren Version von Priests “The Sentinel” verlor Gastsänger Jean-Pierre von Traveler zweimal die Sonnenbrille beim Versuch, im Tempo mitzubangen. Einfach ein grandioser Auftritt und nach achtunddreißig schweißtreibenden Minuten legt sich der Staub – ein Ausrufezeichen für alle Festivalveranstalter. (Joxe Schaefer).


Die kanadisch klingende Band Haunt, die aber eigentlich aus Kalifornien kommt, markiert mein persönliches Highlight des ersten Tages am Brofest #6. Ich freue mich, den dynamischen Vierer wieder zu sehen, da der bereits auf dem Heavy Hamburg Halloween an eben diesem Datum des letzten Jahres in eben dieser Stadt schon mein Highlight war und da haben wohlgemerkt noch Night Demon und Angel Witch hinterher gespielt. Zu dem Zeitpunkt waren „erst“ zwei der drei Alben draußen, was aber für zwei Alben in zwei Jahren ziemlich fleißig ist. Der dritte Rundling ist dann schon im Januar 2020 hinterher gekommen. Dann geht’s los, man dachte schon, es könnte schwer werden, nach Riot City noch irgendwas reißen zu können. Haunt schaffen das. Die KollegInnen, die zu meiner Reisegruppen zählten, waren zwar mehrheitlich eher von Riot City angetan. Mir gefiel Haunt ein Quäntchen besser, das sind jetzt aber auch Luxusprobleme. Die beiden Gitarristen haben sich bei der Farbwahl für ihre stromgespeisten Sechssaiter abgesprochen und sich für einen Klassiker ganz in Weiß entschieden. Sound geht voll in Ordnung, was ich beim Brofest auch schon anders erlebt habe. Scheiße is datt geil! Absolutes Highlight ist dann der Drummer, der mit etwas Übermut anscheinend gleich beide Bassdrums kaputt gekloppt hat. Die Zwangspause wird durch den Gitarristen mit in einem total abgefahrenen Griffbrettgewichse musikalisch untermalt und so bricht die Stimmung keines Falls ab. In Nullkommanix steht ‘ne neue Bassdrum bereit und man macht genauso weiter wie vorher, als wär nix gewesen. Nummern wie “Winds Of Destiny” oder “Hearts On Fire” haben so gar nix mit den evtl. naheliegenden Nummern von Priest oder Hammerfall zu tun, Gott sei Dank in letzterem Fall. “Hearts On Fire” ist dann der krönende Abschluss eines absoluten Boss-Auftrittes. (Janosch Besen).


Nach Riot City und Haunt kommt jetzt mit Traveler die nächste Band von Übersee auf die Bühne. Die Kanadier zählen seit ihrer Demo- und Debütveröffentlichung für mich zu den besten Newcomern der vergangenen Jahre. Auch live haben die Jungs mich zweimal richtig vom Stuhl gerissen. Nach den bereits beschriebenen Soundproblemen bei den vorherigen Bands, haben auch Traveler mit einem viel zu lauten Schlagzeug zu kämpfen. Die Gitarren verschwimmen im Nirvana des Kellergewölbes. Eine Rundreise durch die Räumlichkeiten auf der Suche nach brauchbarem Sound verläuft erfolglos. So bleibt mir leider auch der Titeltrack des in Kürze erscheinenden zweiten Albums „Termination Shock“ eher verwässert in Erinnerung. Hymnen wie „Behind The Iron“, „Fallen Heroes“ oder das übermächtige „Starbreaker“ können leider am heutigen Tag bei Weitem nicht ihre volle Stärke entfalten. Fronter Jean-Pierre Abboud liefert die souveränste Leistung auf der Bühne ab und zeigt eindrucksvoll was in ihm steckt. Echt schade, sollte Traveler doch heute mein persönliches Tageshighlight werden. Zum Abschluss wird noch „Speed Queen“ in die Menge geballert, bevor der Fünfer unter viel Applaus die Bühne verlässt. (Tino Sternagel-Petersen).


Sehr gespannt sind wir alle auf den Tagesheadliner. Erstmal deswegen, weil grad die jungen Wilden alles durchgewirbelt haben. Und dann natürlich, weil wir ihn noch nie live gesehen haben. In der Tat sind Heavy Pettin die erste NWoBHM Band auf dem sechsten Brofest und wir erwarten etwas im Stile von Def Leppard. Doch was uns beim Eröffnungssong als erstes in den Kopf kommt, sind Saxon. Großen Anteil daran hat Sänger Stephen allein schon wegen seiner Stimme und dem Hall auf seinen Vocals. Das funzt unkomischerweise bei den Freunden von Biff und Co. sehr gut, und bei dem, der die Sachsen nicht so mag, eben weniger. Betrifft in unserer Reisegruppe aber nur einen, doch der zieht sich den Auftritt auch rein. Warum auch nicht, macht nämlich Laune, zumal der Fünfer auch erstmal zwei High Speed Tracks auf die Bretter legt. Stephen gibt seine Jacky-Pulle ins Publikum und wirbelt Freestyle mit seinem weißen Mikrofonständer. Er sucht immer wieder Kontakt mit dem Publikum, aber nicht, weil er seine Pulle wiederhaben will. Beim Acting der Briten ist es scheißegal, welcher Gitarrist sich grad wo befindet – die Backings werden halt da gebrüllt, wo grad ein Mikrofon steht. Ins Ohr gehen “Shout It Out” und besonders “Love Times Love”, das wir schon in der Playlist unserer Hinreise gehört haben. Nach einer Stunde ist die Messe gelesen und bevor wir uns an den Tresen auf der priestlichen Aftershowparty begeben, wo tatsächlich auch etwas Judas Priest aufgelegt wurde, kommen wir am Merchandise über Brofest-Sticker für lustige 50 und Brofest-Buttons für aberwitzige 800 Pfund ins Gespräch, und dürfen diese alsdann Gratis einsacken. (Joxe Schaefer).


Tag 2, Samstag, 29.02.2020: Skyryder, Heavy Sentence, Rhabstallion, Medusa Touch, Seven Sisters, Sacred Alien, Overdrive, Alien Force, Hydra Vein, Saracen, Stormchild.

Nach einer kurzen Nacht darf hier High Noon eine heimische Band den zweiten Tag abketten. Anscheinend ist Skyryder der Club der bunten Leggins, denn die leuchten uns von der Bühne aus als erstes entgegen. Und weil wir in diesem Zusammenhang auch gleich Gitarren in Leuchtlackierung erwarten dürfen, weil das offensichtlich grad ziemlich angesagt ist, werden wir nicht enttäuscht. Diesmal ist es eine Grüne, die uns die lokale, aber grad international aufstrebende Truppe vor die Augen setzt. Der Fünfer mit angenehmer Brüllstimme trägt aber Shirts von Speed Queen und King Diamond, das reißt es wieder raus. Grad zur Erscheinung bereit steht ihre zweite, schlicht mit “Vol. 2” betitelte  EP, von der sie mit dem neuen Track “Midnight Rider” eröffnen. Sicher sind noch nicht alle Töne gerade, was den frühen Bangern vorn an der Absperrung aber völlig egal ist, denn dort werden Skyryder gefeiert. Abgeschlossen wird mit dem überall Allesklassiker “Angel Witch”, mit dem nun wirklich jeder der Anwesenden etwas anfangen kann. (Joxe Schaefer).


Erstmal einen Schluck aus der Bierdose, dann den Regler aufdrehen und in die Saiten gehauen. Heavy Sentence beginnen mit einem Krachen, hohem Tempo und viel Motörhead Attitüde. Auch vom Punch her erinnert die Truppe aus Manchester an Lemmy und Co. Das und die gemeinen Brüllkrächzvocals lassen die Protagonisten zur extremsten Band des Festivals werden. Ja ja, das sind schon Heavy Sentence, nur wurde das Bandlogo erst nach einigen Songs ins Back projiziert, aber es steht auch auf dem Shirt vom Shouter, der mit Sonnenbrille auftritt, immer eine Hand am Mikro hat und in der anderen ‘n Drink. Und während sie uns „Edge Of The Knife“ ihrer gleichnamigen EP aus 2018 ins Gesicht blasen, weiß Mister Janosch anzumerken, unser Fachmann für Extremstahl, dass dies eine gute Band wäre und greift sich am Merchandise nach siebenunddreißig Minuten auf die Fresse mal eben das weiße Shirt ab. Sehr coole, wenn auch recht statische Performance. (Joxe Schaefer).


Als sie die ersten Takte gespielt haben, bewirft niemand mehr den Bandnamen mit Fragezeichen. Zumal es sich bei Rhabstallion um die erste reine NWoBHM Band des Tages handelt, die es Anfang der Achtziger auf ein paar Demos und der “Day To Day” Single gebracht haben. Gespielt wird hardrockiger und stampfender Metal, der irgendwie Southern mit drin hat und irgendwas von Y& T. Dazu passt der Hut und die rote Sonnenbrille von Shouter Andy Wood. Für Heavy Metal Verhältnisse ungewöhnlich, aber wir haben es hier mit einem Fünfer mit drei Gitarren zu tun. Eine von denen hängt um den Hals von Andy, war auch mal bei Cloven Hoof und Gaskin, der hier seine markant roughe Singstimme und prägnante Ansagen bringend. Er begrüßt das Fachpublikum auf hiesigem Brofest und sagt darauf irrtümlich “Never Say Never” nocheinmal an. Dass die Jungs richtig geil sind, wirft auch Shirtfachmann Tino ein, denn man merkt den Rockern nicht nur in “Driving Seat“ deutlich an, dass sie richtig Bock haben. Zu diesem Zeitpunkt erhalten wir grad die Whats App Nachricht, Metal Inquisitor haben einen neuen Drummer. Wir antworteten deren Gitarristen TP, das gleich mal im Plenum zu diskutieren… Zurück nach Newcastle. Auf der Brofestbühne tobt grad die tight rockende Oldschool Action zu „Stand Up“ mit synchronen Twinsoli. Das ergibt unterm Strich mächtig Applaus für ihre 42 Minuten Überzeugungsarbeit. (Joxe Schaefer).


Weiter geht es im Programm mit den nächsten echten Veteranen der NWoBHM, denn von allen Bands auf diesem Planeten, die sich nach der Berührung von Medusa benannt haben, sind dies hier die in 1982 gegründeten Schotten aus Edinburgh. So stellt auch Shouter und Gitarrist Gordon die Band vor und sagt gleich das Band-Anthem an. Die Liste der Interpreten mit Leuchtfarbgitarre auf dem Brofest bekommt mit Medusa Touch einen weiteren Eintrag, denn der Mann spielt eine in Leuchtrot. Im Mittelpunkt ihres statischen Auftritts steht ihr straight riffendes Material noch deutlich vor höherem Bewegungsdrang. Der Bass wird schön mit Plektrum genagelt und Tracks wie “Street Lethal“ feiert die Menge ab, wenn auch mit weniger Zappeleien als bei der Band zuvor. Dabei kommt das scharfe Startriff von “Craze Amazing” echt verschärft, ebenso wie sein rotes Shirt mit dem Label einer Tabasco-Pulle des Gitarristen, haha. Aber seine Soli hört man rechts in der Audienz leider nicht. Gordon sagt an, der nächste Song „Too Young“ gelte für niemandem in dieser Halle, bevor das Quartett mit “Get Ready Baby” über die Ziellinie brät und eine hochzufriedene Audienz hinterlässt. (Joxe Schaefer).


Gitarrist und Sänger Kyle war schon früh in der Audienz anzutreffen, die ersten Bands abzuchecken, stilecht gekleidet in schwarzer Moppedjacke. Am heutigen Tage ab 16:00 Uhr ändert sich das, denn die Londoner von Seven Sisters treten wieder in bunten Oberhemden auf, wie wir sie zuletzt auf dem German Swordbrothers Festival im vergangenen Jahr live gesehen haben. Und Gitarrist Graeme liefert einen weiteren Beitrag dazu, dass das diesjährige Brofest ein Festival der Leuchtgitarren wird, denn bei ihm bekommen wir es optisch grell mit der Farbe Rosa zu tun. Echt ein Scheiß gegen die Farben der Hosen von Skyryder. Das gebrachte Material der Briten wahrt jeden Anspruch und ist von ordentlich Tempo geprägt, vielen Ideen für amtliche Gitarrenarbeiten und auch einem Hauch Prog. Also lauscht die Audienz gespannt den Klängen, unter denen sich natürlich auch das Titelstück “The Cauldron And The Cross” ihres aktuellen Albums befindet. So richtig Metal kommt das Tier am Bass, Mister Gareth, allein schon wegen seiner urigen Optik. (Joxe Schaefer).


Bei der nächsten Band erweckt es zunächst den Anschein, als ob ein gewisser Funfaktor wie etwa bei Alestom vorherrschend sein wird. Sänger Sean trägt einen Punkt auf der Stirn, ein Shirt mit selbstleuchtenden Applikationen und glänzt dazu noch in einer silbernen Hose. Sacred Alien sind ebenfalls ganz bestimmt nicht langsam, halten aber alles etwas einfacher. So präsentieren sich Songs wie “Portrait Of A Saddened Mind”, „Beautiful Delusion“ und das Titelstück vom aktuellen Compilation-Album “Legends”. Bei den im Jahre 1980 Gegründeten spielen noch drei Originalmitglieder, das ist schon ein sehr guter Schnitt. Und als hätten wir Sean anfangs noch nicht genug beschrieben, schießt er zum Finale bei “Energy” grüne Laser aus seinen behandschuhten Fingern. Ja gut, das sorgt beim Publikum für Schmunzler, bei nicht wenigen auch für Lacher. Aber verbuchen wir das einfach mit unter ihrem Glamfaktor. Doch eins muss man den heiligen Außerirdischen lassen, langweilig geht anders! (Joxe Schaefer).


Die Band, auf die ich mich im Vorwege sehr gefreut hatte, nennt sich Overdrive und ist eine der Lichtgestalten der NWoBHM, in dessen Geburtsstätte wir uns ja bekanntlich zu diesen Sternstunden der Schwofmusik zusammengefunden haben. Die 1977 gegründete Band war, mit kleinen Unterbrechungen meines Wissens, eigentlich fast durchgängig aktiv. Das letzte Album wird allerdings dieses Jahr auch schon sechs Jahre alt. Dafür kam im letzten Jahr für viele Fans, die wie ich damals noch Joghurt waren, eine Compilation mit dem Titel “On The Run” raus, was sehr erfreulich ist. Die Live Show ist dann etwas schmäler als das, was meine hohen Erwartungen in meinem Kopf vorbereitet hatten. Die Gitarre klingt ziemlich undifferenziert, brät aber dafür so heftig, dass der Kollege morgen noch sein Spiegelei da drauf zubereiten kann. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass der Soundmann bemerkt hat, dass das Schlagzeug verdammt laut ist und seine Lösung war dann, einfach alles andere auch volle Kiste aufzudrehen. Bass hatte man zwar Gott sei Dank über alle Konzerte hinweg nie zu wenig. Zu den Highlights zählen Stücke wie “On The Run” und “Nightmare”, die auf der ersten Single 1981 zu finden sind. Netterweise souffliert mir der vor Ort angetroffene Lenni (Trveheim, Skullwinx) dann, dass der Gitarrist wohl auch bei Witchfynde spielt. Dass der mir nicht so bekannt vorkam, liegt wohl an dem wirklich schwachen Auftritt von Witchfynde auf der Pre-Party und die englische Hopfenschorle hat dann auch sein übriges dazu getan. (Janosch Besen).


Für mich persönlich steht jetzt mit Alien Force der Höhepunkt des Tages an. Die inzwischen nur noch als Quartett auftretende Kopenhagener Heavy Metal Kult Combo ist seit knapp drei Jahren wieder aktiv und jetzt habe ich endlich auch mal die Chance, diese Band live zu sehen. Dass auch hier der Sound wieder zu schlagzeuglastig ist, muss wohl nicht näher erwähnt werden. Dennoch zocken sich Alien Force routiniert durch ihre Oldschool Setlist, bei der sogar das komplette 1984er Demo zum Besten gegeben wird, flankiert von der Best Of des ’85er Hammerdebüts „Hell And High Water“. Dazu noch „Rebellions“ der 2019er Single und fertig ist die Zeitreise durch sechsunddreißig Jahre dänische Heavy Metal Geschichte. Gitarrist und Bühnenmittelpunkt Henrik Rasmussen hält die Zügel in der Hand und ungewöhnlich ist auch die Position des Sängers, der hier zwar ganz auf der linken Seite steht, aber von dort aus einen super Job macht. Der Vierer klingt frisch und energiegeladen und kann mit Leichtigkeit sogar mehrfach das Publikum zum Mitmachen animieren. Hammerauftritt,  der erwartungsgemäß mit dem oben bereits erwähnten Titelstück des Debüts ein viel zu schnelles Ende findet. Auch die Zugaberufe verhallen ungehört, während die Stagecrew schon mit dem Umbau für die nächste Band des Abends in hektische Betriebsamkeit verfällt. Alien Force haben eindrucksvoll bewiesen, dass Heavy Metal noch lange nicht tot ist. Top! (Tino Sternagel-Petersen).


Als nächstes steht in Form von Hydra Vein eine weitere Reunion auf dem Plan. Lustigerweise aber nicht die zu erwartende NWoBHM Band aus Staffordshire, sondern die bekannteren Thrasher aus Südengland. Das Quintett, was immer noch mit sage und schreibe drei Gitarristen auftritt, ist schon optisch eine Bereicherung des Billings. Sänger James Manley-Bird, der übrigens der einzige auf der Bühne ist, der nicht auf den beiden Spätachtziger Alben „Rather Death Than False Of Faith“ und „After The Dream“ zu hören ist, besticht schon durch seine Leopardenhose. Die Setlist des knapp vierzigminütigen Auftrittes meistert James großartig, auch wenn er gesanglich für mich nicht an den 2002 verstorbenen Mike Keen herankommt. Die Jungs haben mächtig Spaß in den Backen, auch wenn sie etwas statisch bis überhaupt nicht auf der Bühne agieren. Hydra Vein bringen ordentlich Druck in den Saal und die drei Gitarren braten sich durch die Show, dass es die helle Freude ist. Sehr geiler Auftritt und definitiv einer der Tageshighlights. (Tino Sternagel-Petersen).


Schreiber- und Profikollege Joxe überkam am Abend ein leichtes Hüngerchen und daher musste das amerikanische Feinschmeckerrestaurant „Zur goldenen Möwe“ aufgesucht werden. Daher überließ man mir die Ehre, ein paar Zeilen zu Saracen zusammen zu stammeln. Versuchen wir das mal. Viele Leute kommen, um sich die 1980 gegründete Band aus Derbyshire, England, anzuschauen. Bereits im Vorfeld hörte ich von vielen Fans, dass man sich sehr auf das etwas genremäßig aus dem Rahmen fallende Sechsergespann freue. Zum Glück ist es bislang die erste Band mit Keyboard auf der Bühne. Die ein oder anderen Songs können mir ein leichtes Fußzucken abgewinnen, aber der Großteil geht mir ziemlich auf den Keks. Wer das mag, hat da gerade ziemlich viel Spaß. Ich komm da einfach nicht rein. Kam ich auch beim letzten Mal nicht, als ich Saracen beim Brofest gesehen habe, und beim Keep It True ebenso wenig. Sorry, das war’s für mich. Freunde aus Belgien, die da eher drauf abfahren, erzählten mir hinterher, dass Saracen für sie das große Highlight des Festivals waren. Gott sei Dank sind Meinungen und Geschmäcker so unterschiedlich. Ich ziehe wohl beim nächsten Mal auch das gebratene Hack im Teigmantel und Erdapfelstiften vor. (Janosch Besen).


Nun wird es langsam Zeit für die finale Band des Abends. Das sollen die Stormchild aus Bolton sein, die aktuell mit “Lightning Never Strikes Twice” ein ziemlich anständiges Album draußen haben. Doch so ein richtiger Volltreffer von Headliner sind sie irgendwie nicht. Das dürfte auf dem Brofest #7 ganz anders werden, denn es sind gerade die noch immer genialen Tygers Of Pan Tang für nächstes Jahr angekündigt. Sicher sind Stormchild schon stark, aber nicht so unbedingt. Nach dem langen Tag mit elf Bands hätte jetzt ein Pfund kommen müssen, ein etwas größerer Name. Mehr so im Melodic Bereich angesiedelt, macht es schon Laune, bei ihren Takten mitzuwippen, doch der große Ruck geht nicht durch die Menge. Sicherlich ist der mit Jeanshemd gekleidete Sänger Ian Bridge schon eine imposante Erscheinung, die nicht mit großen Gesten geizt, doch ein paar Ansagen werden vom Schlagzeuger übernommen. Was sofort auffällt, ist der Refrain vom coolen “Rock Steady“ zu dem man auch mühelos “Big City Nights” von den Scorpions mitsingen kann. Insgesamt ist das alles etwas zu soft und dem Keyboarder würden wir sein weißes Hemd mit Krawatte verzeihen, wenn der Druck von der Platte rüberkäme. Als dann kurz nach 23:00 Uhr im Keller Schluss sein muss, legt im Erdgeschoss die Metaldisco mit angekündigtem Iron Maiden Schwerpunkt los, bei der tatsächlich mehr eiserne Jungfrauen aufgelegt wurden, als im Gegensatz dazu am Vorabend Judas Priester.

Vielen Dank an alle Beteiligten, unserer achtköpfigen Reisegruppe und natürlich an Stu und seinem Orga-Team. Wir sehen uns am 26. und 27. Februar 2021 in diesem Kino wieder, wenn das Brofest in die siebte Runde geht. Neben den bereits erwähnten Tygers Of Pan Tang haben sich schon die neuen Londoner Coltre und die Veteranen von Marquis De Sade und Elixir angekündigt … (Joxe Schaefer).

Autoren: Tino Sternagel-Petersen, Janosch Besen, Joxe Schaefer
Pics: Tino Sternagel-Petersen, Joxe Schaefer