ATTIC

Ein Konzept und der christliche Duktus


Sie holen zum zweiten großen Schlag aus. Attic aus dem Pott sind die größten Mercyful Fate Erben und bauen ihren Erfolg noch weiter aus. Das zweite Album
“Sanctimonious” hat es faustdick hinter den Ohren, birgt ein Konzept in sich und überzeugt wie der Vorgänger. Es beinhaltet viel Gewohntes, aber auch Neues, dass wir ein paar Fragen stellten, auf die Gitarrist Katte die Antworten hat:


Joxe: Moin Katte, wie sind die Dinge in den letzten Jahren für euch gelaufen, seid ihr zufrieden?

Katte: Hey Joxe. Aus eigener Sicht würde ich behaupten, dass die Dinge für uns unglaublich gut gelaufen sind, zumindest überstieg es alles, was wir im Vorfeld erwartet hätten. Unsere Musik wurde von vielen Leuten sehr positiv aufgenommen, wir haben auf tollen Festivals und in vielen Ländern live gespielt und es war einfach eine sehr schöne und aufregende Zeit, wir können also wirklich zufrieden sein.

Joxe: Ganze fünf Jahre hat es bis zum neuen Album “Sanctimonious” gedauert. Ihr wart viel auf Tour, was habt ihr sonst noch getrieben?

Katte: Neben den vielen Konzerten hatten wir noch einen wirklich fruchtbaren Drummerwechsel und haben intensiv am aktuellen Album gearbeitet. Darüber hinaus ereignet sich natürlich auch im Privatleben relativ viel innerhalb einer so großen Zeitspanne, was unserer Entwicklung sicherlich auch geholfen hat, einen manchmal aber auch ausbremst.

Joxe: Erazor und Warhammer hast du schon drangegeben. Könnt ihr es euch zeitlich noch leisten, in anderen Bands zu spielen, oder wird das jetzt nicht mehr klappen?

Katte: Das wird bei jedem vollkommen unterschiedlich sein. Da ich bei Attic ziemlich stark eingespannt bin und darüber hinaus im Studium und Okkultbereich sehr aktiv bin, werde ich meinen Fokus weiterhin auf Attic legen, aber J.P., unser Drummer, spielt zusätzlich auch noch in den Black Metal Bands Paria und Hallig und nimmt obendrein auch manchmal Sessionjobs als Drummer an. Das Spielen in anderen Bands ist also durchaus möglich.

Joxe: Das Artwork von “Sanctimonious” unterscheidet sich deutlich vom Vorgänger “The Invocation”. Welche Vorgaben habt ihr dem Künstler gegeben?

Katte: Markus Vesper, der bisher für beide Albencover verantwortlich war, bekam von uns sehr detaillierte Vorgaben und über einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder Verbesserungswünsche. Er selbst gestand mir, dass es aufgrund dessen das aufwendigste und unüblichste Artwork sei, das er je für eine Band gestaltet hat, aber wir wussten genau was wir wollen und welchen Eindruck das Cover vermitteln soll. Trotz unseres Anspruchs war es mal wieder eine sehr gute und enge Zusammenarbeit und darüber hinaus gibt es von Misanthropic-Arts noch zu jedem Song eine Illustration, sowie einen Klosterplan, was das Gesamtbild des Albums visuell unterstützt.

Joxe: Wie geht ihr beim Songwriting vor, habt ihr einen Hauptsongwriter?

Katte: Die Riffs werden von uns Gitarristen geschrieben, wobei wir unsere Ideen dann gemeinsam im Proberaum mit allen besprechen und ausarbeiten, es ist also eine Zusammenarbeit, an der jeder beteiligt ist. Was die Lyrics und Gesangsmelodien betrifft, stammt alles aus Meister Cagliostros Feder, weil er dadurch am besten aus seinen gesanglichen Möglichkeiten schöpfen kann.

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Joxe: Ihr habt das Album wieder mit Mersus produziert. Wie viel Einfluss hatte er auf die Songs?

Katte: Mersus ist ein wirklich großartiger Produzent, der sehr viel zum Gesamtsound unserer Alben beigetragen hat und von dem wir in vielerlei Hinsicht sehr viel lernen konnten. Die Songs stammen natürlich von uns, aber er ist meist die erste externe Instanz, die sich mit unserem neuen Material objektiv auseinandersetzt und uns auch kritisches Feedback dazu gibt. Bei “Sanctimonious” hat uns zusätzlich Laurent Teubl, der Sänger und Gitarrist von Chapel Of Disease bei den Aufnahmen unterstützt, sodass wir im Studio einen unglaublich guten Drummer und einen fabelhaften Gitarristen bei uns hatten, die jeweils versucht haben, das Beste aus uns heraus zu holen und uns bei Schwächen nicht verschont haben. Im Unterschied zu “The Invocation” haben wir uns diesmal auch beim Mixen und Mastern voll eingebracht und wussten genau, was wir wollen, aber es war einfach die gute und enge Zusammenarbeit mit Mersus und Laurent, die das Album und dessen Sound geprägt hat, wofür wir sehr dankbar sind.

Joxe: Es sind starke dreizehn Tracks geworden und es wurde eine Spielzeit von über einer Stunde erreicht. Ich nehme mal an, ihr habt alle Songs auf das Album gepackt, dass es keine Überbleibsel gibt?

Katte: Tatsächlich haben wir nicht alle geschriebenen Songs und Ideen verwendet. Einen Song hatten wir zum Beispiel komplett fertig geschrieben und auch schon live gespielt, um uns psychisch etwas aus dem Korsett des Konzeptes zu lösen und wieder einen kreativ freien Kopf zu bekommen. Ansonsten schlummern viele Ideen in unseren Köpfen und es gibt viele gute Riffs, die wir erstmal beiseite legen mussten, weil sie nicht mehr in die fehlenden Fragmente des Konzepts passten. Das dritte Album dürfte also keine weiteren fünf Jahre in Anspruch nehmen.

Joxe: Ein sehr starkes Stück titelt “Die Engelmacherin”. Macht es dort jemand den Engeln, oder werden Engel hergestellt?

Katte: Nein, eine Engelmacherin ist umgangssprachlich jemand, der ungewollte Schwangerschaften abbricht und die Kinder somit zu Engeln macht. Da der Titel sich wunderbar in die Geschichte und deren christlichen Duktus eingliedern ließ, es jedoch kein englischsprachiges Äquivalent zu dem deutschen Wort gibt, ist es auch der einzige deutsche Titel.

Joxe: In den Lyrics taucht häufig auf der Begriff ‘Pregnancy’ auf. Wird etwa jemand bei euch Vater?

Katte: Ich hoffe nicht, dass es bei einem von uns schon so weit ist. Auch dies ist natürlich ein wichtiger Part der Handlung und man darf dabei nicht immer den Inhalt des Werks mit dem Lebens des Künstlers gleichsetzen.

Joxe: Ihr spielt ja schon neue Stücke. Beim Auftritt auf dem Chaos Descends habt ihr u.a. “Penalized” gespielt, aber nicht meinen Favoriten “Die Engelmacherin”. Wird sie den Weg in das Liveset packen?

Katte: Ich denke jeder Song wird immer mal ins Liveset aufgenommen. “Die Engelmacherin” ist jedoch einer der längsten und erzähllastigsten Songs, den wir uns eher für die Konzerte nach dem Release aufsparen, wenn die Leute sich mit ihm auseinandersetzen und sich mehr darüber freuen können. “Penalized” ist einer der kürzesten, schnellsten und eingängigsten Songs, weshalb er sich live im Vorfeld gut zum anteasen des neuen Materials anbot.

Joxe: Ihr habt zwei Orgelintermezzi untergebracht. Wer hat sich denn da an den Tasten verausgabt?

Katte: Die Orgelparts stammen wie bereits beim Debüt von Darryn McQuardt, der die entsprechenden Songs von uns im Vorfeld zugeschickt bekam und zusammen mit Meister Cagliostro passende Intros schrieb.

Joxe: Ihr steckt euch als Erben von Mercyful Fate den Rahmen eng, gönnt euch auf “Sanctimonious” aber mehr Spielraum, wie zum Beispiel Akustisches in “A Serpent In The Pulpit” und “Dark Hosanna” oder auch tiefere Variationen der Vocals. Ich nehme mal an, genau das habt ihr beabsichtigt?

Katte: Allgemein setzen wir uns wenige Grenzen beim Songwriting. Akustische Parts gab es auf dem Debütalbum bereits bei Songs wie “Edlyn” oder “Evil Inheritance” und der tiefere Gesang bot sich an manchen Stellen einfach perfekt an. Trotzdem sind wir experimentierfreudiger geworden und haben viele neue Elemente auf dem Album eingebaut, die es zuvor bei uns nicht gab, z.B. der Chor im Chorushintergrund des Titelsongs oder die besungenen und besprochenen Intros.

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Joxe: Als Videoclips gibt es schon “The Hound Of Heaven” und das Titelstück als Lyric-Video zu bestaunen. Welcher Art wird es weitere Auskopplungen geben?

Katte: Wir werden natürlich weitere Songs des Albums hochladen, aber im Grunde war das Video zu “The Hound Of Heaven” etwas ganz Besonderes. Das Lyric-Video sollte einfach eine nette Möglichkeit sein, um einen Einstieg in die Story zu bekommen und beim Hören nicht nur ein Plattencover anschauen zu müssen, aber das Musikvideo war etwas, dass wir schon lange umsetzen wollten. Wir sind große Filmfans und unser anderer Gitarrist Rob studiert an einer Filmhochschule, weshalb es für uns ganz natürlich war, zum neuen Album ein Musikvideo zu drehen, dass unseren Vorstellungen von Atmosphäre und Stil des Albums entspricht und wir sind wirklich zufrieden mit dem Resultat.

Joxe: Zum Schluss fragen wir immer gerne nach den fünf Lieblingsplatten für die einsame Insel. Welche würdest du mitnehmen?

Katte: Immer eine sehr schwierige Frage, die ich nicht immer einheitlich beantworte, aber ich versuche es mal in willkürlicher Reihenfolge: Dissection – “Storm Of The Light’s Bane”, Iron Maiden – “Somewhere In Time”, Rush – “2112”, Warning – “Watching From A Distance” und Judas Priest – “Sad Wings Of Destiny”.

Joxe: Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören dir!

Katte: Ich habe zu danken.

Autor: Joxe Schaefer