LIQUID STEEL

Abwechslungsreiche Alpenkrieger

oder:

Wo ist das WC?


Liquid Steel haben mit ihrem dritten Studioalbum bei mir für ordentlich Puls gesorgt und mich wirklich total überrascht. “Mountains Of Madness”, so der Arbeitstitel des Rundlings, ist ein Feuerwerk an frischen und dynamischen Heavy Metal Songs, die mich von Beginn an gefesselt und mir ein breites Grinsen ins Gesicht gemeißelt haben. Für mich jetzt schon eines der Veröffentlichungshighlights des Jahres. Grund genug, sich mit Drumtier Martin mal etwas über das neue Werk, Corona und das Leben an sich zu unterhalten.


Tino: Martin, vielen Dank, dass Du dir Zeit für ein Interview mit X-CRASH nimmst und Gratulation zu eurem neuem Album “Mountains Of Madness”. In meinen Augen euer bestes der drei Longplayer, das vor Ideen und Energie nur so strotzt. Blöde Frage zuerst: Wie zufrieden seid ihr mit der Scheibe und würdet ihr im Nachhinein etwas ändern wollen?

Martin: Hallo Tino, hi X-CRASH Community! Gerne nehme ich mir für den Austausch Zeit. Zuerst möchte ich danke für deine Gratulation und deine Arbeit hier sagen. Wir sind alle total happy mit „Mountains Of Madness“, angefangen bei den Songs bis hin zum Artwork! Selbst mag man ja seine Leistungen eher ungern bewerten, aber auch ich finde, dass es unser bestes und reifstes Album ist. Mich freut besonders, dass du die Punkte „Ideen und Energie“ ansprichst. Unser Producer Jay Hundert hat die Energie und Spielfreude der Band eingefangen und dem Album einen fantastischen Sound verpasst! Natürlich ist jeder Longplayer eine Momentaufnahme. Vielleicht denke ich in Monaten oder Jahren anders, aber zum jetzigen Zeitpunkt, würde ich am Album alles gleich machen und nichts ändern. Ich finde es als Gesamtwerk stimmig und harmonisch.

Tino: Da bin ich absolut Deiner Meinung, Martin! Gehen wir dazu gleich mal etwas ins Detail: Wer hat was gemacht auf der Scheibe? Wie ist die entstanden – erst die Texte, erst die Musik? Da hat ja jede Band ihre ganz eigene Philosophie.

Martin: Wir sind im Laufe der Zeit darauf gekommen, dass ein Jammen uns nicht liegt und wir lieber mit konkreten Ideen im Proberaum arbeiten. Julle ist unser Hauptsongwriter. Er hat die meisten Ideen zu Hause entwickelt, aufgenommen und uns geschickt. „Nothing To Lose“ stammt von Ferdl und Fabio hat die Grundidee zu „Heavy Metal Fire“ geliefert. Im Proberaum merkt man dann, welche Nummern der Band liegen. Manche Ideen zünden sofort, an einigen Songs wird gebastelt und manche Nummern werden verworfen. Das bedeutet nicht, dass die Ideen schlecht sind. Es bringt einfach nichts, wenn man Dinge verfolgt, die der Band nicht liegen. Wir entscheiden das auch immer demokratisch. Ich finde, wir haben uns aktuell für die zehn richtigen Nummern entschieden. Fabio gibt der musikalischen Idee dann durch seine Lyrics erst einen Inhalt und eine Gestalt. Deswegen steht bei uns meistens vorher die Musik und dann folgt der Text. Wir ergänzen uns gut, jeder hat ein Mitspracherecht. Besonders im Studio genieße ich die Freiheit eigenen Input zu liefern. Für mich persönlich war da unser Producer sehr wichtig, er hat mir immer wieder neue Ideen angeboten, wofür ich dankbar bin.

Tino: Das klingt wirklich sehr harmonisch. Finde ich persönlich absolut cool, wenn jeder ein gleichberechtigtes Mitspracherecht hat. Auf welchen Song von “Mountains Of Madness” seid ihr besonders stolz und warum?

Martin: Ich finde „Phoenix“ ist ein super Song geworden! Der Mittelteil zeigt uns einmal von einer ganz anderen Seite. Es wirkt total frei und gelöst, deshalb nenne ich diesen Teil auch gerne „Jammteil“. Auch beim Recording haben wir darauf Wert gelegt, dass das locker klingt. Eine Riesenüberraschung war für mich der fertige Mix von „Alpine Warrior“. Die Nummer ist so stark geworden. Anfangs war unklar, ob wir den Song überhaupt aufnehmen. Ein großer Dank an Jay Hundert, der die großartige Idee mit dem Erzählen einer Geschichte im Song hatte. Mike Young hat mit seiner tiefen Stimme den Song richtig zum Leben erweckt und unser sechstes Bandmitglied, Phil, hat das Lied durch die geilen Backings um so viel besser gemacht!

Tino: „Alpine Warrior“ ist wirklich ein absolut fantastischer Song. So vielseitig und kraftvoll, kaum vorstellbar, dass der es nicht auf den Longplayer geschafft hätte…  Für alle, die euch bis dato noch nicht kennen, erzählt doch mal etwas über Liquid Steel und warum man euch unbedingt mal hören und vor allem sehen sollte?

Martin: Wir sind eine Band, die einfach Bock hat zu spielen. Ich finde diese Spielfreude merkt man uns ganz besonders bei Shows an und auch auf „Mountains Of Madness“ höre ich diese Leidenschaft. Wir haben ein Demoalbum und drei  Langrillen veröffentlicht, das aktuelle Album ist am 21.05.2021 auf Metalizer Records erschienen. Seit acht Jahren haben wir ein konstantes Line-up. Wir sind eine Band, die offen für Neues ist und nicht in Schubladen denkt. Deshalb sind unsere Alben auch recht bunt gemischt von den Songs her. Da kann es schon passieren, dass eine Ballade auf eine speedige Nummer trifft und dann Sleaze-Elemente im Album auftauchen. Dennoch harmonieren die Songs als Gesamtes. Wir machen das, was uns gefällt und lieben die Abwechslung. Wahrscheinlich ist das so, weil wir im Metal auch unterschiedliche Genres cool finden. Ich finde unsere Songs haben tolle Melodien und der Chorus bleibt einem oft im Ohr. Wenn ich mit drei Punkten zusammenfassen müsste, was uns auszeichnet: Spielfreude, melodischer Chorus und Abwechslung.

Tino: Sehr schön auf den Punkt gebracht, da bin ich voll bei euch. Aber lass uns nochmal kurz zu „Mountains Of Madness“ zurück kommen: Viele Bands überschlagen sich ja heute mit den verschiedensten Versionen ihrer Alben. In welcher Form wird euer neuestes Werk veröffentlicht; Vinyl in 30 Farben, CD, Digipack, Tape, Special Edition Box in Berg-Form…? Auf was können sich die Fans alles freuen?

Martin: „Mountains Of Madness“ gibt es auf CD und auf Black und limitiertem Green / Black marbled Vinyl. Zudem gibt es das Album auf Tape (limitiert in White und transparentem Green) und auf allen digitalen Streamingportalen. Es gibt sechs  Packages, auf www.liquidsteel.at haben wir einen eigenen Webshop.

Tino: Ja, da habe ich auch schon gestöbert und mir mein Package mit Album Cover Shirt ausgesucht. Das bringt mich auch direkt zu meiner nächsten Frage über die weltpolitischen Lage: Wie habt ihr als Band die Coronazeit erlebt? Habt ihr die „Ruhe“ genossen und euch mehr auf die Band fokussiert, oder welche Schwierigkeiten musstet ihr meistern?

Martin: Mich trafen die Lockdowns weniger, ich habe mir immer Beschäftigungen gesucht. Die Entschleunigung in unserem hektischen Alltag ist etwas, was ich oft sogar genießen konnte. Bandintern hatten wir auch immer etwas zu erledigen. Ich habe die Drums schon vor Corona eingespielt gehabt, die Jungs haben dann mit dem Producer individuelle Lösungen für das weitere Recording getroffen. Einige Monate konnten wir gar nichts machen. Ich denke aber, dass wir die Zeit insgesamt gut genutzt haben. Ich habe mich auch immer über Updates aus dem Studio gefreut. Man hatte somit einfach mehr Zeit, wir konnten mehr auf Details achten und die Songs immer wieder mit frischen Ohren bewerten. Ich finde das hört man auch ganz deutlich im harmonischen, frischen und stimmigen Mix!

Tino: Das hört man definitiv. Mir persönlich hat diese von dir angesprochene Entschleunigung auch ziemlich gut gefallen, obwohl einem nach gewisser Zeit doch schon Livekonzerte fehlten. Ihr habt ja auch schon mit einigen großen Bands zusammengespielt, wie etwa Blaze Bayley, U.D.O. oder Iced Earth. Was war da euer interessantestes oder verrücktestes Erlebnis und mit welcher Band würdet ihr gerne mal zusammen auf der Bühne stehen?

Martin: Mit einigen der Jungs von Iced Earth haben wir kurz Volleyball gespielt. Nach dem Konzert in Wien mit Blaze Bayley mussten wir gleich wieder weg – nach Innsbruck sind es doch über 500 km und in der Früh rief die Arbeit. Mit U.D.O. haben wir schnell ein Foto machen können. Brian Tatler (Gitarrist von Diamond Head, Anm. d. Red.) hat uns damals gefragt, wo das WC ist. Wir waren da kurz sprachlos, als er vor uns stand! Die Aftershowpartys mit den Jungs von Skull Fist, Evil Invaders oder auch Kissing Dynamite waren legendär! Ich spiele einfach gerne live und lasse mich überraschen, was auf uns zukommt! Natürlich freue ich mich, bekannte Gesichter wiederzusehen. Mittlerweile haben wir doch zu recht vielen Bands im Underground eine Beziehung aufbauen können. Ich freue mich jetzt einfach, dass es wieder losgeht und man Konzerte spielen kann oder besuchen darf!

Tino: Haha, ja diese Freude teile wohl nicht nur ich mit dir. Mittlerweile ist jeder heiß drauf, dass es wieder losgeht. Habt ihr denn schon wieder Konzerte oder Festivalshows in Aussicht für dieses Jahr?

Martin: Es haben sich einige Konzerte und Festivals ergeben in den letzten Wochen. Ich freue mich darauf wirklich sehr! Ich hoffe auch, dass noch einige Dates dazukommen werden. In letzter Zeit war so wenig planbar, deshalb lasse ich mich einfach überraschen und blicke positiv und optimistisch die Zukunft.

Tino: Sehr gute Einstellung und ich denke etwas anderes bleibt einem ja auch nicht übrig. Momentan kann sich die Lage von einen auf den anderen Tag ändern. Generell blicke ich aber auch positiv in die Zukunft. Aber wo wir schon beim Thema Bands sind, welche haben euch am meisten beeinflusst in eurem Leben? In eurer Musik klingt ja viel klassischer Metal durch…

Martin: Ja das stimmt! Wir können nicht abstreiten, dass Idole dieser Zeit uns beeinflusst haben. Wir sind alle große Fans des klassischen Heavy Metals und lieben den NWoTHM. Aber wir hören alle auch im Metal zusätzlich unterschiedliche Genres. Es ist immer schwer zu beschreiben, was ein Einfluss einer Band ist und was nicht. Ich denke, unser bunter Metalmix hat dann auch Auswirkungen auf den Sound von Liquid Steel. Ich könnte jetzt viele Bands aufzählen, von der alten Garde bis hin zu jüngeren Vertretern. Wir versuchen nie etwas zu kopieren, wir machen einfach das, was uns gefällt und was uns liegt.

Tino: Finde es für mich auch immer schwer, eine Handvoll Bands zu nennen, da bin ich wohl wie ihr und mag einfach zu viele Genre. Damit kommen wir auch schon langsam zum Ende und meiner abschließenden obligatorischen Frage als Shirt-Maniac an dich: Was ist dein Lieblingsshirt und warum?

Martin: Ein spezielles Lieblingshirt habe ich wirklich nicht, da muss ich dich leider enttäuschen, Tino. Ich mag Shirts von den Idolen und auch von Undergroundbands, bin da flexibel. Vielleicht sehen wir uns ja bei einem Konzert und du bekommst als Shirt-Maniac Lust auf ein Liquid Steel Shirt (lacht). Danke für das Interview, Tino!

Tino: Da kannst Du sicher sein, dass ich das tue! Martin, ich habe zu danken für das angenehme und tolle Interview und den Blick hinter die Kulissen. Dir und natürlich dem Rest der Band alles Gute für die Zukunft und bleibt gesund. Auf dass wir uns bald mal wieder mit einem Kaltgetränk von Angesicht zu Angesicht zuprosten können (und ich natürlich ein Liquid Steel Shirt kaufe, hihi…).


Autor & Pics: Tino Sternagel-Petersen