Deaf Forever Birthday Bash

Hamburg, Markthalle, 07.09.2019


Eine der im Moment mit am meisten gefeierten Bands der Stunde sind die Kölner Chapel Of Disease. Eigentlich als klassische, traditionelle Death Metal Kapelle gestartet, haben die vier Jungs sich musikalisch weiter entwickelt und über die zweite Scheibe „The Mysterious Ways Of Repetitive Art“ dann im letzten Jahr mit „…And As We Have Seen The Storm, We Have Embraced The Eye“ etwas erschaffen, das ich in dieser Form noch nie vorher gehört habe. Der krasse Stilmix zwischen Death/Black Metal mit 70s Rock/Metal hat mich auf Scheibe schon total umgehauen und auch bereits auf anderen Festivals diesen Jahres live absolut überzeugt. Rechtzeitig zu Beginn um 18:00 Uhr steht man also mit einem Bier, das sicherlich nicht zu günstig angeboten wurde, in der prall gefüllten Markthalle. Dass der Sound ab dem ersten Ton heute absolut perfekt ist und es auch bleibt, hat mich ebenfalls schon vorher bei Chapel Konzerten immer beeindruckt. Sänger und Gitarrist Laurent betreibt meines Wissens auch ein eigenes Tonstudio, was wahrscheinlich mit ein Grund für den sehr gut eingestellten Sound ist. Die Fans der ersten beiden Scheiben werden heute leider nicht befriedigt, was aber auch nicht schlimm ist. Die Kürze des Sets lässt es aber nicht zu, dass das komplette Album runtergeballert wird, sondern nur die ersten fünf Songs, allerdings exakt in der Abfolge des Albums. Es stellt sich ein Gesamtkunstwerk dar, das seines Gleichen sucht. Ein absolutes Brett, was hier mit voller Wucht auf die Bretter gezimmert wird. Hochachtung! (Janosch Besen):


Zu dieser Truppe aus Koblenz muss man eigentlich nix mehr sagen, denn wer die nicht kennt, hat in seinem bisherigen Leben grundlegend was falsch gemacht. Nach der gewohnten Wartezeit von fünf Jährchen kam im Januar also schon das Album des Jahres raus. Auf diesem „Panopticon“ gibt es tatsächlich auch ein paar Überraschungen, aber natürlich auch absolute Metal Inquisitor Klassiker. Der Verfasser dieser Zeilen hat aktuell die Ehre, die Band dreimal an drei aufeinander folgenden Wochenenden zu sehen. Angekündigt von Götz Kühnemund höchstpersönlich und von eben diesem auch als „einen der besten Entertainer in Deutschland“ betitelten El Rojo, legen die Koblenzer Recken stürmisch los und schießen sofort mit „Free Fire Zone“ einen neuen Song raus. Auch hier ist der Sound vor der Bühne richtig gut, was am selbst mitgebrachten Soundmann Janosch liegen wird. Geiler Sound, geile Songs. Selbstredend, dass man bei sowohl Band als auch Publikum den Spaß inne Backen sieht. Trotzdem bittet der argumentationsstarke El Rojo die erste Reihe etwas mehr mitzumachen, denn sie sei ja schließlich die erste Reihe. Schön auch, dass es der etwas andere Song „Discipline And Punish“ vom neuen Album ins Set geschafft hat. Danach dann noch den „Persuader“ hinterher geschossen und mit dem Klassiker „Daze Of Avalon“ beendet. In dem Gig hat auch einfach alles gepasst, außer der Spielzeit – die war zu kurz, jeder hätte gut und gerne noch drei bis siebzehn weitere Songs hören können. Und nur damit es nicht zur Verwirrung kommt: Bassist Cliff trägt zwar ein Shirt von der eigenen Band, was ja eigentlich nicht geht, aaaaber das ist vom Demo, da war er noch nicht dabei, also darf er das! (Janosch Besen).


Hätte man mich im Vorfeld gebeten, anhand des heutigen Billings das veranstaltende Festival zu erraten, wäre die korrekte Antwort wie aus der Pistole geschossen gekommen. Eine der Bands, die nicht an jeder Steckdose spielen, aber heute hier hin gehören, sind Sulphur Aeon. Natürlich sind sie auf dem Deaf Forever Birthday Bash am Start und dürfen als drittes auf die Bretter. Das aktuelle Album “The Scythe Of Cosmic Chaos” erschien im Vorjahr und scheint offensichtlich bei den Besuchern ebenfalls hoch im Kurs zu stehen. Als erstes fällt auf, unter wie viel Licht sie ihren Auftritt absolvieren, traten sie beim Hell Over Hammaburg vor fünf Jahren fast ohne messbare Luxwerte auf; es waren nur die vorgeschriebenen Leuchten über den Notausgängen eingeschaltet. Heute kann man bei der Lightshow trotzdem bloß die Umrisse der schwarzgewandeten Gestalten erkennen, deren Gesichter meist hinter langen Haaren verborgen bleiben. Mehr Identität haben die Tiefensounds und als der Pultmann den anfänglichen Soundbrei in den Griff bekommt, werden breitere  Atmosphären entfacht. Noch tiefer und intensiver als zuvor bei Chapel Of Disease übrigens. Daran gehen die Fans der Band kaputt und die Freunde dieser Subebenen feiern besonders das hervorragende Titelstück vom ersten Album „Swallowed By The Oceans Tide“ ab. (Joxe Schaefer).


Ohne Zweifel sind Satan eine der besten und derzeit aktivsten NWoBHM Bands, und waren in den letzten Jahren erwartungsgemäß immer eine Bank waren. Aber irgendwie weiß keiner so ganz genau, warum ihr Auftritt beim diesjährigen Party.San Open Air als mal nicht so klasse im Gedächtnis blieb. Das krankheitsbedingte Fehlen von Dauerbanggitarrist Steve Ramsey war dafür der plausibelste Grund. Doch der ist heute wieder mit am Start und komplettiert zusammen mit Sean Taylor, Brian Ross, Russ Tippins (für uns der Gitarrist des Jahres) und Graeme English das Line-up. Mit dieser stabilen 1983er Besetzung haben sie in den letzten sechs Jahren drei Superalben veröffentlicht und mischen diese Songs auch heute mit dem Material ihres “Court In The Act” Klassikers, gleich beginnend mit dem unbedingten “Trial By Fire”. Nach der aktuellen Single “Doomsday Clock” und dem unverzichtbaren “Twenty Twenty Five” findet auch ihr 1982er Demosong “Break Free” Berücksichtigung. Das begeistert nicht nur Metal Inquisitor Shouter Rob, der im Publikum voll abgeht. Die bodenständigen Briten liefern ab und kommen mit “Alone In The Dock” schon zu früh zum Ende. Leider müssen zeitplantechnisch Rufe nach Zugabe unerhört bleiben. Für das komplette Programm reicht die zugedachte Spielzeit nicht, doch dieser Auftritt gehört trotzdem zu den besseren der Veteranen und legt die Messlatte für das noch Folgende sehr hoch. (Janosch Besen, Joxe Schaefer).


Gerade bei den Leserschaften des Deaf Forever steht der Headliner des heutigen Abends ganz hoch im Kurs. Über das neue Album „The Course Of Empire“ wird auch nicht gerade wenig geschwärmt, also sollte Atlantean Kodex hier und heute tatsächlich der passende Headliner sein. Ganz anders war das noch auf der 2014er Ausgabe des Hell Over Hammaburg Festivals, das übrigens ebenfalls hier in der Markthalle stattfindet. Damals spielten Atlantean Kodex noch vor Satan, heute kommen sie als Headliner. Gestern trafen wir auf der Warm-up Show ex-Gitarrist Michael Koch, der uns erzählte, dass er sich nach seinem Ausstieg den Gig heute mit gemischten Gefühlen ansehen wird. Die inzwischen für ihn eingestiegene Klampferin sieht er allerdings nicht. Coralie muss heute leider fehlen, weil sie einen Gig mit ihrer Band Antipeewee hat, der bereits vor ihrem Einstieg bei den Epic Doomern feststand. Dafür steht ersatzweise Markus von Septagon und Them auf der rechten Bühnenseite, gegenüber der siebensaitigen Paula von Manuel Trummer. In einer nicht ganz vollen Halle nehmen die Protagonisten mit ihren erhabenen Atmosphären die Anwesenden mit in ihre Welt, allerdings werden hereinbrechende Speedparts auch sofort bejubelt. Die ganze Halle macht mit und die ‘Kodex’-Rufe sind längst fester Bestandteil ihrer Shows. Sänger Markus bedankt sich schließlich bei der Audienz und verabschiedet sich mit den Worten: “… ihr seid der Kodex!” Höhepunkt der Show war nicht nur für Michael ein ganz persönlicher, der für die Zugabe auf die Bretter kam und noch einmal mit seinen alten Bandkumpels “Enthroned In Clouds And Fire” zockte. Ganz großes Kino. Das gilt auch insgesamt für die komplette Veranstaltung, welche das Deaf Forever gerne wiederholen darf! (Joxe Schaefer).

Pics: Joxe Schaefer