IRON MAIDEN, SHINEDOWN

Newcastle Upon Tyne (UK), Metro Radio Arena, 14.05.2017

Ganze zweiundzwanzig Jahre sind bislang ins Land gezogen, als der Verfasser dieser Zeilen Iron Maiden das letzte Mal live gesehen hat. Damals noch in einem Club in Bielefeld mit Sänger Blaze Bayley. Darüber hinaus sind bei mir Gigs in Hallen mit einem fünfstelligen Fassungsvermören auch eher die Seltenheit. Die Metro Radio Arena ist mit 11.000 Besuchern ausverkauft. Weil aber die durch die Anreise zum Brofest und X-mas Rocka bekannte Fähre nach Newcastle eine sehr angenehme Reise ist, die man öfters unternehmen kann, fiel in unserer Runde die Wahl auf das Maidenkonzert in Newcastle, obwohl wir der Tour auch bequem in unserer Heimat hätten beiwohnen können. Doch sie hier in England zu sehen, ist schon etwas Besonderes, was sich mehrmals deutlich bemerkbar macht. Drei komplette Merchstände mit je zehn verschiedenen Motiven sind im Vorraum aufgebaut, und alle drei werden von langen Schlangen belagert. Im Preis liegen die Shirts zwischen 25 und 30 Euro, darunter auch ein Eventshirt mit Eddie über der Metro Radio Arena mit der lokalen Statue “Lady Of The North” in der Hand.

shinedown

So weit, so gut. Von dem um 19:30 Uhr loslegenden Opener Shinedown haben wir im Vorfeld nicht viel Gutes gehört. Zwar will die Band aus Jacksonville gemäß Wikipedia schon Etwa 15 Millionen Tonträger veräußert haben, doch ist sie bei Metal-Archives gar nicht gelistet. Das mag am Stil liegen, der nach modernem Hardrock klingt, für manche Ohren auch wie Post Grunge. Die einen erzählen davon, eine große Summe gezahlt zu haben, um ins Vorprogramm zu rutschen, andere empfinden sie als kompletten Müll. Auch optisch wird der Metaller nicht gerade angesprochen, denn ihr Basser trägt eine Frisur wie damals Robert Smith von The Cure, an der Gitarre gibt’s kurze Haare und am Gesang Zurückgegelte. Der Anblick von Schlips und Kragen unter Moppedjacken wirft ebenfalls eher Fragezeichen auf. Jedenfalls fällt hinter beleuchteten Bassdrums Rastadrummer Barry Kerch positiv aus dem Rahmen, denn der wirbelt die Haare und prügelt kräftig drauf. Wie kriegt man als Nobody 22.000 Arme hoch? Man fragt einfach, wer sie noch nie live gesehen hat. Das kommt so sympathisch rüber, dass der auch mal ins Publikum rennende Shouter, ein heller Schreihals, im folgenden Mitsingpart ein paar mehr hüpfende Mitmacher gewinnt, das hat also schon mal geklappt. Ihr posermäßig eingefärbter Hardrock mit Synthies vom Band wirkt etwas aufgeblasen, hat aber auch keinen zu fetten Gitarrensound, als steckte ein Korken drin, wird aber mit viel Action gebracht, dass die Jungs aus Florida musikalisch am besten sind, wenn sie stampfende Rhythmen bringen. Shinedown kamen beim Publikum besser an als erwartet.


iron maiden

Die Setlist ist in Zeiten des Internets meist keine Überraschung mehr. Auch im Falle von Iron Maiden in Newcastle Upon Tyne nicht. “Hallowed Be Thy Name” fehlt schon seit Längerem im Programm wegen eines Urheberrechtstreits, also gibt es viel  neues Zeug vom aktuellen Doppeldecker “The Book Of Souls”, dafür musste Bewährtes weichen. Die Eventshirts waren bereits ausverkauft, noch bevor die Halle zum bewährten Intro “Doctor Doctor” von UFO komplett durchdreht. Schon was Besonderes, der tourenden Band im Heimatland beizuwohnen. Danach wird auf Twinscreens neben der Bühne ein im Albumkontext animierter Videovorspann gezeigt, bevor Bruce zu “If Eternity Should Fail” mit Kapuze hinter einem mystisch qualmenden Altar auftaucht und die ersten Zeilen singt und kurz darauf schon die ersten “Scream For Me Newcastle” Rufe einbringt. Feuerschalen unterstreichen die Albumthematik bis zu “Speed Of Light”. Danach wird mit “Wrathchild” das erste alte Stück gezockt und man bemerkt, auch gemessen an der Action des Sechsers, das sie live noch immer eine Hausnummer sind. Es folgt eine von drei längeren Ansagen, in der Bruce die Geschichte von der Biene und der Blume auf seine Art erklärt, dass wir alle “Children Of The Damned” sind. Der Spaßvogel performt “Death Or Glory” mit alberner Affenmaske und bietet den Gitarristen Bananen an. Die Synthies hört man im Steve Harris Stück “The Red And The Black” besonders deutlich, sind auch ein nicht unwesentlicher Bestandteil des heutigen Bandsounds im Allgemeinen und des Songs im Speziellen. Eine stattliche Anzahl Kameras verfolgt die Aktionen der Musiker und wirft sie auf die Twinscreens. Ohne Kameras am Drumkit hätte man Nicko hinter seinen sehr hoch aufgebauten Hängetoms nicht gesehen.

iron maiden

Spaß hat das Sextett ganz sicher, dass Bruce in “The Trooper” vor Lachen die Stimme wegbleibt. Dann lässt uns eine besonders gelungene Version von “Powerslave” jubeln, auch wenn Bruce wieder eine lustige Maske trägt. Nach “The Great Unknown” kommt Bruce zum Titelstück “Book Of Souls” wieder mit Kapuze, als ob es hier in der Halle nicht schon warm genug wäre. Dazu werden wieder die Feuerschalen entzündet und Eddie taucht zu “Fear Of The Dark” auf der Bühne auf, macht etwas Spökus und lässt sich von Bruce das Herz rausreißen. Im Finalstück des regulären Sets wird zum Anthem “Iron Maiden” ein großer Eddie hinter den Bühnenaufbauten hochgezogen. Der Zugabenblock lässt nicht lange auf sich warten. Nach nur einer Minute Wartezeit ertönt das Spoken-Word-Intro von “The Number Of The Beast”, in dem man den Bass schön nageln hört. In einer letzten langen Ansage verbindet Bruce die von weit her angereisten Fans von überall, wir sind “Blood Brothers”, bevor der Set mit einem abschließenden “Wasted Years” die Halle über insgesamt 107 Minuten ins Glücksnirvana befördert hat. Der Tourtross war vor drei Tagen in Leeds und wird übermorgen in Glasgow sein. Wir befinden uns in mitten der Tour und man wird noch sieben Dates vor sich haben, bevor man in London mit zwei Dates das Tourende feiert.

Autor: Joxe Schaefer

Pics: Tino Sternagel-Petersen, Andreas Herb