KRYPTOS, ANCORAE, COLDSPOT

Monheim, Sojus 7, 20.07.2019


Schön nah am Rheinufer gelegen, betreten wir das niedliche Sojus 7, das Ortsunkundige an der Anhäufung Schwarzshirtträger am Straßenrand erkennen. Die Punkmusik vor der Show ist zwar nicht zu verachten, jedoch zum Billing passend ginge anders. Dafür gibt es Bitburger, hübsch gezapft in Zahnbecher mit dem Sojus 7 Logo. Aus Bonn, was für sie noch immer die Hauptstadt ist, kommen Coldspot, die heute Abend den Anfang machen dürfen. An ihr Album “Sieben”, das bereits zwei Jahre auf dem Buckel hat, erinnern sich offensichtlich eine Handvoll Besucher, während von der Bühne aus modern und coremäßig gebolzt wird. Dort wird ein höheres Maß an Bewegung nur bei Shouter Danny festgestellt, die anderen Vier stehen stabil und bekommen nur ihren Kopf zum Nicken. Trotzdem können sie das Publikum näher vor die Bühne locken, wo man zu mehr Rhythmus als Tempo und bei mehr Straightness als Breaks in Bewegung kommt. Danny lässt seine Matte als Propeller kreisen und wir dürfen feststellen, die Audienz ist mit dem über fünfundvierzig Minuten dauernden Auftritt zufrieden und spendet Applaus.


Wollen wir mal schauen, ob die modernen und corelastigen Ancorae ins Billing passen, zur Band zuvor in Sachen modernerer Ausrichtung bestimmt. Es schaut aber danach aus, als ob der ortsansässige Vierer unheimlich viel durch Anspruch besticht. Schon die Einführung in ihren Gig haben sie super spannend gespielt, echt starke Leistung! Ohne ihr Liedgut gleich mit Definitionen von Prog abgleichen zu wollen, weil sich die Gitarristen an ihren Ibanez vierzehn Saiten teilen, überzeugen Growls gemischt mit Cleangesang, sowie immer wieder zarte bis unverzerrte Passagen, die bis zum Thrash reichen. Heute verzeichnen wir übrigens ihren ersten Auftritt mit Nikolai am Bass, der auch gleich ein paar Gesangszeilen übernimmt. Zum Schluss ihres beachtenswerten Auftritts punkten sie mit „My Origin“, einem Song über ihre Heimat Monheim. Wenn man es so macht wie der sympathische Vierer in seiner Dreiviertelstunde, kann sowas auch Oldschoolern gefallen.


Unvergessen bleiben die Auftritte der Inder im Turock 2015, als sie Death Angel supporteten und als Opener auf dem Headbangers Open Air 2016 auftraten. Ein weiterer Beweis dafür, dass Kryptos gerne in den Sommermonaten in unsere Breiten rüber kommen, war ihr Gig auf dem Nord Open Air vor zwei Jahren. Diesmal haben sie eine ganze Tour gebucht, auf der sie hier am Rhein Station machen. Ihr aktuelles Album “Afterburner” ist bereits ihr fünftes, und offenbar weiß man hier in Monheim um die Qualität der Inder, die hier mit Tourdrummer Vijit Singh antreten, denn es ist auf einmal gut voll vor der Bühne. Es gibt reichlich Gebange und Randale im Sojus 7, sogar ein paar Circle Pits trotz der stickigen Luft, aber Basser Ganesh fühlt mit dem Publikum und verteilt Wasserpullen an die ersten Reihen. Shouter Nolan lässt sich Zeit mit seinen Ansagen, die allen Beteiligten auch zur Wasseraufnahme dienen und kombiniert das mit der Aufforderung “Saufen!“ Ihr neueres Material der beiden jüngsten Alben wie „Dead Of Night“, “One Shot To Kill“ und „On The Run“ bedient mit eingängigen Riffs sehr straight die klassische Oldschoolschiene. Die Songs kommen alle wie aus einem Guss und wirken wie an der Schnur gezogen. Da fällt der Groover „Visions Of Dis“ schon auf. Das temporeiche „Waverider“ gibt gut Mische im Publikum, dass Sprechchöre und Kryptos-Rufe die logische Folge sind.

Offensichtlich gibt der Vierer in der zweiten Hälfte der Show schon von der Setlist her  noch mehr Gas, denn in Sachen Tempo geht es nach oben. Dafür sorgen die Titelstücke „Afterburner“ und natürlich „The Coils Of Apollyon”. Letztgenanntes Album punktet durch eine angenehme Thrashlast, von der hier auch live im Sojus 7 noch eine respektable Kante rüberkommt. Davon schießen sie gleich noch „The Mask Of Anubis“ hinterher und dann noch die Zugaben „Mach Speed Running“ und „Full Throttle“. Mein Favorit “Serpent Mage” von besagtem “The Coils Of Apollyon” bleibt in den anständigen achtzig Minuten leider unberücksichtigt. Die Konzertbesucher, die dem Gig dieser Tour in Hamburg beiwohnten, waren schon begeistert. Kryptos sind offensichtlich auf dem Vormarsch. Wir behalten sie besser weiter im Auge und schenken mal Nolans Worten Glauben: “See you next year!”

Autor & Pics: Joxe Schaefer