MASTERS OF DISGUISE

Was diesmal passiert


Ganz offensichtlich laufen die Dinge sehr gut im Hause Masters Of Disguise, deren Namen wir nun abkürzen können, ohne dass sie mit dem New Yorker S.O.D. Ableger Method Of Destruction verwechselt werden. Mit “Alpha / Omega” liegt das dritte Langwerk von MOD vor, das gehörig Arsch tritt und definitiv ein paar kleine Überraschungen parat hält. Unser Gesprächspartner ist Mister Kalli Coldsmith, der nicht nur die Dinge bis zum Beginn umreißt und abhandelt, wieviel das Ganze noch mit ihrem Ursprung zu tun hat, sondern auch die Dinge in anderen Betätigungsfeldern der Members erklärt, Pläne für die Zukunft anspricht und die Lücken in den Fragestellungen so füllt, dass man sich beim Lesen gut unterhalten fühlt. Fangen wir mal im Präsenz an:


Joxe: Moin Moin Kalli! Was beschäftigte dich grad, bevor du dich diesen Fragen stelltest?

Kalli: Ich hab gerade das erste Review zu unserer neuen Scheibe gelesen, 8,5 von 10 Punkten, und mich darüber gefreut. Wenn das mal kein Einstand ist!

Joxe: Hast du mal gezählt, in wie vielen Bands du schon gespielt hast? Welche sind denn grad aktuell?

Kalli: Keine Ahnung, mit sämtlichen Bands und One-off-Shows für einige gealterte Metal-Heroen dürften es insgesamt so an die 15 bis 20 gewesen sein im Laufe der Jahre…

Joxe: Wie sehr muss sich eine Band ins Zeug legen, dich als Musiker in ihren Reihen begrüßen zu dürfen?

Kalli: Naja, es muss schon meinem musikalischen Geschmack entsprechen, sich also irgendwo in der Schnittmenge zwischen Heavy / Speed / Power / Thrash Metal bewegen. Wenn dann noch die Persönlichkeiten passen, also wenn es keine übergroßen Egos gibt und man zu guter Letzt nix drauflegen muss, dann sind eigentlich schon die wichtigsten Kriterien erfüllt. Natürlich muss ich dabei auch meinen Horizont erweitern können, sei es musikalisch oder auch, um neue Herangehensweisen kennen zu lernen. Außerdem muss eine Band, die auf mich zukommt, einen gewissen Status haben. Man will ja nicht jedes Mal wieder von Null anfangen. Das haben wir mit Masters Of Disguise zwar vor sieben Jahren gemacht, aber diese Band ist ja musikalisch auch mein Baby, daher ist das okay.

Joxe: Ihr habt mit Masters grad ein ziemlich feines neues Album “Alpha / Omega” in der Pipeline. Läuft grad gut bei euch, nehme ich an?

Kalli: Ich würde sagen, wir haben da ein ganz heißes Eisen im Feuer. Wir sind jetzt bei der dritten Platte angelangt, wenn man mal unsere beiden EPs außen vor lässt, und haben uns musikalisch gefunden. Irgendwo in der Schnittmenge von US (Speed) Metal, Melodic Thrash und Teutonenstahl würde ich uns ansiedeln, aber nach wie vor mit Schwerpunkt US / Speed Metal. Wie ich schon angemerkt habe, trudeln jetzt langsam die ersten Reviews ein und wir hoffen, dass wir die Erwartungen erfüllen können. Das dritte Album ist ja bekanntlich das “Make it or break it”-Album, insofern wird sich an den Resonanzen abzeichnen, wo für uns die Reise zukünftig hingehen wird.

Joxe: Mit der EP „Knutson’s Return“ seid ihr gestartet. Wie hat sich aus deiner Sicht seit dem das Songwriting entwickelt?

Kalli: Da wir ja aus der US-Speed-Metal-Legende Savage Grace hervorgegangen sind und wir anno 2010 eigentlich eine neue Scheibe unter dem Namen Savage Grace veröffentlichen wollten, war das gesamte Songmaterial auf den SG-Stil zugeschnitten, und zwar exakt auf das Material des Debüts “Master Of Disguise” von 1985. Nachdem Bandleader Chris Logue sich uns, aber auch der Justiz gegenüber nicht korrekt verhalten hatte, waren SG Geschichte. Da standen wir nun da mit einem Album in der Hand, aber ohne Band. Nach einiger Zeit kam ich auf die Idee, das Material einfach unter anderem Namen zu veröffentlichen. So wurde Masters Of Disguise aus der Taufe gehoben, mit der EP “Knutson’s Return” als erstem Lebenszeichen, die einige Wochen vor dem ersten Album “Back With A Vengeance” veröffentlicht wurde, mit zwei Albumtracks sowie dem SG-Cover “Into The Fire”. Beim zweiten Album “The Savage And The Grace” kam in mir dann schon mehr der Wunsch auf, aus dem engen SG-Korsett ein Stück weit auszubrechen. Die Kompositionen waren stilistisch etwas breiter gefächert und wir hatten von einer vollwertigen Ballade über Stampfer bis hin zum US Speed und Thrashanleihen alles im Programm. Außerdem verließ unser damaliger zweiter Gitarrist Roger kurz vor den Aufnahmen die Band, so dass ich relativ frei in der Umsetzung der Songs war. Danach folgte die Cover-EP “The Fine Art Of Aging Gracefully”, auf der wir sechs ausgesuchte Songs unserer Lieblings-US-Bands aus der “zweiten Reihe” verwurstet haben. Also nicht die großen Megaseller à la Metallica oder Megadeth, sondern “kleinere”, feine Bands wie Heathen, Metal Church oder Agent Steel. Das hatte zwar nix mit Songwriting zu tun, aber es war die erste Scheibe mit unserem Neuzugang Wolle an der zweiten elektrischen Bratpfanne, was mir den Weg wies für das Songwriting des dritten Albums “Alpha/Omega”. Dafür habe ich dann auch nur drei Monate benötigt, weil ich mir einerseits nicht mehr die Frage stellen wollte, wie SG anno 2017 klingen würden, sondern ich schüttelte mir die Songs einfach nach meinen eigenen Vorlieben aus dem Ärmel, was ungemein befreiend war. Mit dem Wissen, dass Wolle ein fähiger Gitarrist ist und sehr coole Leads spielen kann, war dann auch die Abwechslung beim Solieren gesichert und ich denke, das Resultat spricht für sich. Global-galaktisch gesehen, könnte man also sagen, dass sich aus einer reinen SG-Huldigungstruppe, die wir zweifelsohne waren und ein stückweit immer noch sind, mittlerweile aber eine Band mit eigenständigem Sound gemausert hat.

Joxe: Habt ihr vorher festgelegt, wie weit ihr euch von der Savage Grace Linie freischwimmen wolltet?

Kalli: Nein, das kann man so nicht sagen. Wir haben im Lauf der Zeit einfach immer mehr eigene Identität einfließen lassen, das geschah aber eher organisch, um das mal etwas abgedroschen zu formulieren. Man kann und will nicht das gleiche Album immer und immer wieder schreiben. Außerdem versucht man ja auch ständig, neue Sachen auszuprobieren, zumindest in unserem musikalischen Rahmen. Es wird zwar immer Heavy fuckin’ Metal sein, was wir verzapfen, aber trotzdem kann man sich da doch sehr viel Spielraum zugestehen.

Joxe: Mit “Shadows Of Death” habt ihr ein mitreißendes Epos im Midtemo erschaffen. Und ihr wolltet in dem Stück auch nicht im Finale Vollgas geben?

Kalli: Danke, das mit dem Epos sehen wir auch so. Als Alexx dazu die Vocals eingesungen hatte, lief mir die eine oder andere Gänsehaut über den Rücken, so viel Leben hat er dem Song mit seiner Stimme eingehaucht. Natürlich ist man als Speed Junkie immer versucht, immer Vollgas zu geben, aber dafür hab ich ja Abandoned! Nein, im Ernst: Der Song lebt von diesem Tempo und alles andere hätte das Feeling nur kaputt gemacht. Da muss man beim Arrangieren auch mal über seinen Schatten springen und versuchen zu verstehen, was der Song benötigt.

Joxe: Mit dem Intro “The Rise And Fall Of Kingdoms” zeigt ihr nach guter Sitte, wie man auch eigenhändig gespielt anständig in eine Platte einführen kann. Seid ihr keine großen Freunde von Einspielern oder welches ist euer Statement dazu?

Kalli: Wir haben bis jetzt auf allen unseren Alben ein kurzes Instrumental als Intro gehabt. Das steht natürlich in der Tradition von Iron Maiden (“The Ides Of March”) oder auch Savage Grace (“Lion’s Roar”). In der Regel beginnen unsere Gigs dann auch immer mit dem Intro der aktuellen Platte, was aber auch praktische Gründe hat. Wir können den Bühnensound während der zwei Minuten checken, der Mischer hat die Band ohne Gesang vor sich und kann nochmal Lautstärken und Sound justieren und Alexx hat noch zwei Minuten mehr zum Warmsingen, bevor wir dann alle mit dem zweiten, “richtigen” Song Gas geben können.

Joxe: Eine grandiose Zugabe ist das Cover “Blackwitch” der Kanadier von Exciter. Welchen Bezug hast du zu Exciter und zu Kanada?

Kalli: Da ich selbst Kanadier bin, ist es für mich natürlich eine coole Sache, kanadischem Metal zu huldigen. Exciter sind für mich Kanadas Antwort auf Motörhead und haben mit ihrem Gebolze schon in den Achtzigern die Wände wackeln lassen, dafür gebührt ihnen Respekt! Als Bart Gabriel uns letztes Jahr fragte, ob wir nicht einen Song zu seinem Exciter-Tribute-Sampler beisteuern wollten, war das natürlich keine Frage für uns. Wir wollten dann unbedingt etwas vom genialen Debüt “Heavy Metal Maniac” umsetzen und haben uns für “Blackwitch” entschieden, weil dieser Song einerseits natürlich perfekt zu Alexx’ Stimme passt und andererseits jede andere Songwahl zu offensichtlich gewesen wäre. “Blackwitch” ist ein ganz besonderes, fast zerbrechliches Juwel im Backkatalog dieser Auf-die-Fresse-Combo und wir hätten uns keinen cooleren Song wünschen können! Und hier haste dann auch nochmal Vollgas am Ende des Songs, Joxe! Jetzt endlich zufrieden, der Herr?!

Joxe: Bei der Produktion hast du dir sicher nicht in die Karten spielen lassen. Allerdings hat es deine Frau geschafft, mit ihrer Stimme im Song „Knutson III: Nemesis (I Am The Law)” aufzutauchen. Ein Studiobesuch, um den Mr. Coldsmith mal wieder zu sehen?

Kalli: So könnte man es ausdrücken, ja. Wenn ich mit einer Produktion beschäftigt bin, dann hänge ich jede freie Minute im Studio rum. Da ich unsere Sachen ja meist im Alleingang schreibe, habe ich auch eine bestimmte Vision, wie die Songs gespielt, arrangiert oder gesungen werden sollen, das heißt ich produziere die Scheiben dann auch. Wenn man also den ganzen Prozess vom Songwriting bis zum Mastering entscheidend mitgestaltet, dann ist das natürlich sehr zeitaufwendig. Damit meine Familie mich dann zu Gesicht bekommt, muss sie sich schon was einfallen lassen, wie beispielsweise einfach das Gesangsmikro kapern und bei dem einen oder anderen Song mitträllern! Aber im Ernst: meine Frau hat schon bei einigen meiner Produktionen mitgewirkt, beispielsweise bei Roxxcalibur im Chor, bei der letzten Masters Of Disguise oder auch auf der letzten Abandoned EP. Da wir diesmal eine Frauenstimme als Gegenpart zu unserem fiesen Cop Knutson benötigten, war Mrs. Coldsmith natürlich die erste Wahl. Sie hat eine Gesangsausbildung genossen und kann alles singen, sogar Death Metal, wenn’s sein muss!

Joxe: Ihr seid von Anfang an bei Limb Music gewesen, wo ihr auch mit Roxxcalibur seid. Hast du schon mal unter einem anderen Dach veröffentlicht?

Kalli: Mit ROXX und MOD haben wir nun jeweils drei Platten bei Limb Music aus Hamburg veröffentlicht. Diese Kontinuität hat auch ihren Grund, da wir mit Limb, dem Labelboss, ein freundschaftliches Verhältnis pflegen. Bevor ich mit Limb zu tun hatte, war ich mit meiner Thrashband Abandoned ebenfalls bei einem Hamburger Label namens Dockyard1. Leider ging das Label nach nur drei Jahren und zwei ABA-Alben pleite, der Backkatalog wurde an AFM-Records verschachert. Das hat uns echt schwer getroffen und war ein Stück weit auch für eine zweijährige Schaffenspause im Hause Abandoned verantwortlich.

Joxe: Die Coverfrage, ob Knutson wieder drauf zu sehen sein soll, habt ihr schnell vom Tisch gehabt?

Kalli: Während der Aufnahmen habe ich mich mit Mario, unserem Bassisten und Grafikdesigner in Personalunion, hingesetzt und Coverkonzepte besprochen. Da sich der Song “Alpha/Omega” unserer Meinung nach als stärkster Track des Albums herauskristallisierte, entwarf Mario ein Konzept, das den Text des Songs reflektiert. Es geht darin um die Offenbarung des Johannes und Alexx zitiert Passagen aus einer alten, englischen Bibel, der sog. King James Bibel. Darin beschreibt der olle Johannes ein Lamm mit sieben Hörnern und sieben Augen. “Wow, was ist denn das für ein abgefahrenes Viech?!” dachten wir uns und schon war das Coverkonzept geboren. Dagegen hatte Knutson nun wirklich keine Chance, haha!

Joxe: Was macht denn sein Opfer Yvonne, habt ihr sie beurlaubt?

Kalli: Wir haben sie in Rente geschickt! Ernsthaft: Wie Du weißt, wurde sie bei unseren Gigs von einem “echten” Knutson, gemimt von unserem früheren Proberaumvermieter Roland, ans Schlagzeug gekettet. Da Roland aber krankheitsbedingt nicht länger mitmachen konnte, haben wir die Sache irgendwann sein lassen. Roland ist mittlerweile leider verstorben, was auf seine schwere Krankheit zurückzuführen war. Traurige Sache. Jedenfalls haben wir ihm die neue Platte gewidmet. Jeder, der die physische CD kauft, kann sich im Booklet nochmal von der furchteinflößenden Präsenz “unseres” Knutsons überzeugen!

Joxe: Welches ist denn dein nächstes Projekt, eine neue Scheibe von Abandoned oder Roxxcalibur?

Kalli: Wahrscheinlich wird es 2018 was Neues von Abandoned geben, mal sehen. Jedenfalls wollen wir uns in den nächsten Wochen zwecks Riffaustausch treffen. Bei Roxxcalibur dürfte es in absehbarer Zeit nix Neues geben, da die Herren Neuderth und Stahl dafür keine Zeit mehr haben…

Joxe: Wieso hast du jetzt die Buchstaben CDFV von deiner Klampfe entfernt, oder ist das eine andere Explorer?

Kalli: Das war doch nur ne andere Klampfe, eine Explorer, mit der Du mich bei Abandoned gesehen hast. Die CDFV-Klampfe ist natürlich weiterhin Bestandteil meines Gitarrenfuhrparks. Bei ABA spiele ich meist Klampfen mit fester Brücke, während ich bei MOD Gitarren mit Floyd Rose einsetze, wennzeweißtwatischmeinentu?!

Joxe: Okay, was passiert als nächstes bei Masters Of Disguise, habt ihr Bock auf eine Tour, oder wird es wegen eurer zahlreichen anderen Bands nur für einzelne Gigs reichen, euch auf den Bühnen zu zeigen?

Kalli: Da vor allem unser Sänger Alexx mittlerweile in einer größeren deutschen Band spielt, und sich der Rest ebenfalls in weiteren Bands die Freizeit um die Ohren schlägt, wird es auch mittelfristig leider nur zu vereinzelten Gigs kommen.

Joxe: Zum Schluss fragen wir immer gerne nach den Lieblingsalben für die einsame Insel. Welche Fünf würdest du mitnehmen, wenn es morgen losginge?

Kalli: Ach Du lieber Gott, man hat natürlich seine All-Time-Faves, aber ab und an mal was neues schadet ja auch nicht. Außerdem nimmt kein Schwein auf ne einsame Insel mehr Platten oder CDs mit! Da wird der MP3-Player mit zig Gigabyte vollgepackt und dann haste die ganze Sammlung dabei! Aber gut, ich probier’s mal: Ich nehm fünf Exemplare von “Alpha / Omega” mit, damit man für alle Fälle ein paar Promos dabei hat!

Joxe: Okay, Kalli! Vielen Dank für das Interview, hast du an paar letzte Worte an eure Fans?

Kalli: Danke Joxe, war nett, mal wieder mit Dir zu plaudern. Was ich noch erwähnen will und was man zu “Alpha/Omega” noch wissen muss: Wir haben auch diesmal wieder einen unveröffentlichten Song von Chris Logue aufgenommen namens “Sign Of The Cross”, in dem es mal wieder um Chris’ offensichtliches Lieblingsthema geht, nämlich Kreuzzüge und die Tempelritter. Außerdem haben wir mit “Knutson III: Nemesis (I Am The Law)” den dritten Teil unserer Knutson-Saga fertig gestellt. Ein ungewöhnlicher Song mit noch ungewöhnlicherem Inhalt, aber jeder, der uns schon kennt und die Geschichte vom sadistischen Cop mitverfolgt hat, wird überrascht sein, was diesmal passiert, haha. Cheerz!!!

Autor: Joxe Schaefer