R-Evolution Of Steel

Hamburg, Kronensaal, 06.10.2023


Es gibt viele Gründe, nach Hamburg zu fahren. Es gibt aber auch viele Gründe, Sodom zu sehen. Bevor wir uns hier jetzt in endlos Aufzählungen verzetteln, werfen wir doch lieber mal den Fokus auf die erste Band. Die nennt sich Reavers, ist hier beheimatet und schmeißt den Job des Openers. Shouter Klitz, mit Patronengurt und Bass bewaffnet, hat irgendwie was von Tom Angelripper, shoutet in einer Tonlage und bekommt nicht nur deswegen die ersten Publikumsreaktionen in Form von Bangereien und Haarefliegen entgegen gebracht. Der Song und der Clip zu „Violator“, ihrer aktuellen Single, wird deutlich beworben und das Teil hämmert amtlich im Oberspeed. Die Menge steht nicht zu dicht, es ist noch bewegungsfreudigeres Gemoshe möglich. Zum Abschluss wird das deutschsprachige „Bier Und Korn“ gebracht, das man mir ein paar Stunden zuvor in der „Plattenkiste“ bereits prophezeite. Cooler Gig, für alle anderen gibt es jetzt erste Hilfe. (Joxe Schaefer).


Weiter geht es nach einer kurzen Umbaupause mit guten Bekannten aus der Hauptstadt. First Aid sollten, genau wie Contradiction, bereits bei der 2020er Auflage des R-Evolution Of Steel den Kulturpalast zum Beben bringen. Daraus wurde aus bekannten Gründen ja nun nix. Umso geiler, dass sie bei der diesjährigen Ausgabe mit am Start sind. Leider mit einem etwas bitteren Beigeschmack, denn vor wenigen Tagen haben die Berliner gerade ihr Ende bekannt gegeben. Am heutigen Tag zocken die Fünf ihren vorletzten Gig und morgen das großes Finale in ihrer Heimatstadt. Echt schade drum, aber von Wehmut ist zumindest optisch nix zu merken. Die Jungs geben von Beginn an richtig Gas. Mit Songs wie „Lifetime Torment“, „Boozing Maniacs“ oder „The World’s New Chapter“ hat das Quintett auch `n paar echte Kracher am Start. Die Menge vor der Bühne ist noch etwas zurückhaltend, aber das ändert sich dann bei „Grimace Of Lies“ mit seinem geilen Moshpart. Jetzt gibt es sogar den einen oder anderen Moshpit und bei „Missing In Action“ bekommt Fronter Chris die Menge gar zum Mitmachen animiert. Zum vorletzten Song „Rise Of The Dead“ bekommt Chris noch Unterstützung von seinem Kumpel Matze, der als Gastsänger einige Parts übernimmt. Mit seiner Ansage zu „Suicide Moshpit“: „Ihr müsst alle ausrasten, sonst macht der Song keinen Sinn!“ trifft Chris voll ins Schwarze und jetzt geht es nochmal richtig ab. Ein mehr als starker vorletzter Auftritt – Danke First Aid für vierundzwanzig Jahre Thrash Metal!!! (Tino Sternagel-Petersen).


Die alten Haudegen von Contradiction liefern wie gewohnt ein absolut solides Thrashbrett. Zwar ist Basser Ili nicht mehr mit dabei, dafür aber Mike. Die Jungs kommen aus Wuppertal, und dort im Live Club Barmen soll auch am 09. Dezember diesen Jahres ihr Abschiedskonzert gegeben werden, zu dem wir alle eingeladen sind. Wenn das dort so abgeht, wie grad hier, wird man im Publikum von vorn weg die Arme hoch sehen. Egal in welchem Tempo, die zackig tighte Rhythmik überträgt sich und es entsteht ordentlich Bewegung vor der Bühne. Auf der Bühne lässt man sich das Bier aus der ersten Reihe reichen, der Austausch zwischen Fans und Band stimmt also. Kann sein, dass Contradiction zum selbstbestimmten Karriereende immer besser werden, kann aber auch daran liegen, dass ich schon drei Wasser getrunken habe. Da wirkt es tatsächlich schon etwas ernüchternd, wenn der Oldie „In Zaire“ gebracht wird. Und die Begründung, weil man auf dem schwarzen Kontinent war, nützt uns im Moment irgendwie auch nichts, aus der Situation zu kommen. Egal, wir sehen uns in Wuppertal! (Joxe Schaefer).


Richten wir mal weiter unseren Fokus auf Warrant. Und während wir da in der Umbaupause noch so vor der Bühne stehen und unsere Jokes über den Song „Cherry Pie“ machen, natürlich von den amerikanischen, leicht weicher klingenden Namensvettern, werden wir von einem Mithörenden freundlich darauf hingewiesen, dass der Song aber von den anderen Warrant wäre. Na ja, hat er dann auch selber gemerkt. Aber im weiteren Gespräch stellen wir auch fest, dass viele Fans aus hiesigem Norden Deutschlands das nächste Quartett noch gar nicht so oft live gesehen haben. Wenn man so wie wir aus dem Pott angereist ist, hat man die Düsseldorfer in den vergangenen Jahren bereits einige Male live gesehen, wie zum Beispiel auf dem Ruhrpott Metal Meeting. Mitten im Gesabbel geht’s dann auch schon los. Selbstredend erscheint auch der Enforcer ein paarmal auf der Bühne, ein Auftritt ohne ihn ist schon lange nicht mehr denkbar. Der war schon auf unserer Favoritenscheibe, der „First Strike“ EP aus dem fruchtigen Jahr 1985 auf dem Coverartwork. Und wären wir weniger mit Bierholen und Sabbeln beschäftigt gewesen, hätten wir auch noch mehr von ihrem Auftritt mitbekommen, wir gehen aber zufrieden in die Pause. (Joxe Schaefer).


Headliner heute Abend sind Sodom. Der Kronensaal ist gut gefüllt, trotzdem ist der Weg zum Tresen unfallfrei möglich. Am Nachmittag musste der Soundcheck leider abgebrochen werden. Deshalb ist die Umbaupause zwischen Warrant und Sodom etwas länger, da der Sound noch optimiert wird. Das Warten lohnt sich jedoch, denn als die Mannen um Tom Angelripper auf die Bühne kommen, ist der Sound druckvoll und differenziert, aber trotzdem noch räudig genug für oldschool Thrash. Sodom knüppeln sich durch einen wilden Mix aus vierzig Jahren Bandgeschichte und zeigen, wer im Teutonen Thrash die Nummer eins ist. Vor der Bühne wird ausgiebig gemosht und der ganze Kronensaal feiert, als gäbe es keinen Morgen. Zum Schluss stehen Frank, Tom und Yorck ohne Shirts auf der Bühne und der Schweiß tropft gefühlt von der Decke. Um Mitternacht muss Schluss sein und so ist die Setlist ein wenig abgekürzt worden. Dies tut der Superstimmung bei Publikum und Band jedoch keinen Abbruch und alle verschwinden glücklich in die Nacht. (Matze Fittkau).

Autoren: Tino Sternagel-Petersen, Matze Fittkau, Joxe Schaefer
Pics: Joxe Schaefer