TYRANEX, TERRA ATLANTICA, SØRDLICH

Spirit-Of-Metal III Warm-up Show
Hamburg, Bar 227, 01.09.2017

In Hamburg ist Krieg. Schon am Nachmittag war ein Zerstörer im Hafen zu sehen, an den Landungsbrücken herrschte militanter Drängelangriff für die besten Plätze auf den Fahrgastschiffen und die Krachkulisse in der Pizzeria unter der Sternbrücke im Schanzenviertel klingt auch nicht sehr friedlich, wird aber wieder nur durch Verkehrslärm verursacht und nicht mehr durch Demonstrationen des G20 Gipfels. Und genau unter dieser Brücke ist unser Schlachtfeld für den heutigen Abend, wo die kleine Bar 227 seine Pforte für eine bunte Musikmischung öffnet.


sørdlich

Es wurde dieses Konzert mit den Schweden Tyranex, Terra Atlantica und Sørdlich als Warm- up Show für das morgen stattfindende “Spirit Of Metal III” deklariert, also gehen wir dahin. Irgendwie kommt man ja eh nie mit einen Konzert davon, wenn man mal länger in Hamburg ist. Zuerst legen Sørdlich los. Die drei Jungs spielen deutschsprachigen Punk und streichen ihr ‘o’ im Namen gern dänisch durch. Gitarrist und Basser wechseln sich im Gesang ab und lassen einen kleinen Junge von dreizehn Jahren ans Drumkit, der aber einen Song mit keinem einfachem Rhythmus gespielt hat, Respekt! Nach dem Drummerwechsel heißt ein anderer Titel zwar mutig “Valhalla”, doch die Schleswig-Holteiner punkten mehr mit improvisierten Ansagen, die auch quantitativ viel ihrer Spielzeit einnehmen.


terra atlantica

Hamburg liegt an der Waterkant. Da kann sich schon mal ein Fischernetz am Drumkit verfangen oder ein Dreizack am Mikrofonständer. Vor allem, wenn man sich powermetallisch Terra Altlantica nennt und nach eigener Aussage in Atlantis zu verorten ist, was aber tatsächlich auch die Hansestadt sein kann. Ihre Ansage “wir sind hier, um euch in Power Metal zu ertränken!” ist jedenfalls eindeutig zu verstehen und auf genau dieses Manöver geht es nun, stilecht mit Piratenoutfit, einigen Ohoho-Chören und sicher nicht ohne Doublebass. Zeitweise sind auch Synthies zu hören, ein Keyboarder steht aber nicht auf der Bühne. Zwei Gitarristen aber schon, von denen einer ein aus dem Back kommendes Solo auch hätte live spielen können. Der Vierer schießt in hohen Tempi und hat zeitweise sehr gut geholzt, sympathiesiert aber insgesamt mit zu vielen Regenbögen und Sternenstaub. Nicht alle Powermetaller sind glücklich mit diesem Auftritt, aber einen weiteren Anlauf gibt es noch, denn das Szenario soll sich mit diesem Billing in sieben Tagen noch einmal in Kiel wiederholen, wo R-evolution Of Steel die drei Bands für den Hochbunker vorgesehen hat.


tyranex

Dann ist es endlich Zeit für Tyranex, Thrash mit kratzigen female Vocals. Als wir sie zuletzt auf dem Muskelrock 2015 gesehen haben, wo sie auch 2016 zu Gast waren, eröffneten die Schweden den dritten Tag und zogen gut vom Leder. Inzwischen gabs ein paar Besetzungswechsel und ein neues Album, “Death Roll”. Shouterin Linnea Landstedt hält noch immer die Zügel stramm und scheint in Sachen Rotzigkeit und Arschtritt nicht nachgelassen zu haben. Schon die ersten drei Takte des gemischten Doppels sind heute nicht nur eine Erlösung für die Thrasherohren, sondern ganz offensichtlich auch ein Startschuss für einen ausgelassenen Partyabend. Irgendwie ist auf einmal Stimmung in der Bude, Arme werden gereckt und die kantige Thrashattacke knallt so sehr, dass ordentlich Bewegung in den Stall kommt und sich vor der Bühne ein Arm in Arm Rudelgebange bildet. Linnea teilt sich die Soli mit ihrem Gitarristen und keift ihre Vocals wie Destructions Schmier, nur noch etwas heller und mit ein paar spitzen Schreien garniert. Dabei fliegen ihre flinken Finger nur so über den Hals ihrer Flying-V. Mit den an den Tag gelegten hohen Geschwindigkeiten wird auch jeder Metaller gebauchpinselt, der auf Speed Metal steht. Ein Pfund aus ihren drei Alben wie “Tormentor” sowie die Titeltracks “Unable To Tame” und “Death Roll” veranlassen Kollegin Oxxi van Steele zu der Feststellung: “… dass man mit zwei Frauen in der Band so viel Eier haben kann.” Es wird mit Tyranex Sprechchören eine Zugabe gefordert und mit “Into Darkness” geliefert. Wir schaffen es nach Ende aber noch, am nächsten Tag davon erzählen zu können, dem siegreichen Quartett noch eine zweite und tatsächlich auch noch eine dritte Zugabe (“Bloodflow”) rausgekitzelt zu haben. Auftritte von solcher Intensität kann man sich jeden Tag geben, meint zumindest unsere lustige Reisegruppe, die sich nun noch um es herauszufinden auf den Weg macht, ob der Korn und das Astra im ‘Night Light’ Gerhardstraße so gut ist wie in der Bar 227.

Autor & Pics: Joxe Schaefer