UDO LINDENBERG

Dortmund, Westfalenhalle, 07.06.2022


Eigentlich ist der Verfasser dieser Zeilen kein Freund von Großveranstaltungen. Die Meinung kann allerdings schon mal in den Hintergrund rücken, wenn man einen geschätzten Interpreten noch nie live gesehen hat, in diesem Falle Udo Lindenberg, der hier grad auf seiner auf seiner Udopium-Tour landet. Gleich schon die Parksituation und ein „freundlicher“ Parkplatzwächter erinnert unfreiwillig an die Liebe zu Massenveranstaltungen, aber für sieben Euro konnten wir das Gespräch beenden. Die Westfalenhalle vermeldete volle Bude und ebenso voll waren die Bierstände. Einer bunten Menschenmenge von jung bis alt wurde zwar kein Vorprogramm geboten, aber alte Udo Stücke und Klassik aus den Deckenlautsprechern. Bis es pünktlich zur Tagesschauzeit mit der Titelmelodie zu „Der Pate“ lauter wurde. Der schwarze Vorhang fällt und auf der Riesenleinwand im Back landet der ‚Panik 1‘ Jumbo aus dem All, als wäre er auf der Bühne. Die Tür öffnet sich und heraus steigt  … Udo. Und noch einer … erst als eine große Gruppe Udos die Bühne bevölkert hat, landet der richtige in einer Raumkapsel von der Bühnendecke.

Alle zusammen geben zusammen mit einigen Kindern auf der hell erleuchteten Bühne mit Laufsteg die „Honky Tonky Show“ zum Besten. Natürlich mit dem legendären Panik-Orchester, das ist ja wohl klar. Udo selbst macht einen ziemlich fitten Eindruck, hüpft und tanzt wie eh und je in seiner Streifenhose mit Panik-Gürtelschnalle und Hut. Danach schon sein Hit „Ich Mach Mein Ding“ mit Sängerinnen reichlich zusätzlichen Musikern. Überhaupt hat jeder Song sein eigenes Showelement erhalten und Udo ist bekannt dafür, viele befreundete Gaststars mit auf die Bühne zu holen. So auch beim Späthit „Cello“, nach dem sich Udo für das große ‚U‘ auf dem alten Brauereigebäude bedankt. Mit „Du Knallst In Mein Leben“ findet wieder ein schneller Song seinen Weg auf die Setlist, immer im Wechsel mit langsameren. Genug hat er ja von beiden. Nach „Ich Brech Die Herzen Der Stolzesten Frauen“ bringt Udo mit „Na Und“ sein Statement gegen alle, die Schwule und Lesben nicht anerkennen.

Mit einem Verweis auf die Situation in der Ukraine bringt Udo seine nächste Rubrik, mit den Songs „Wozu Sind Kriege Da“ inklusive dem originalen Pascal am Piano plus Kinderchor, und „Wir Ziehen In Den Frieden“ wird seine sehr am Herz liegende Antikriegsthematik rübergebracht. Zu „Rock ‚n‘ Roller“ werden Szenen aus dem Film auf den Backscreen geworfen. Jeder seiner Musiker darf Udo mal vorn auf dem Laufsteg besuchen, in „Das Kann Man Ja Auch Mal So Sehen“ sind es die Bläser. Jetzt sind schon fast 90 Minuten gespielt und Udo performte gefühlt zu 95 % ganz vorne am Laufsteg. Zum Glück findet auch ein Favorit des Verfassers dieser Zeilen Berücksichtigung, denn „Sie Brauchen Keinen Führer“ wird angespielt und danach in „Bunte Republik Deutschland“ eingestiegen. Natürlich fehlt die jüngste Single „Kompass“ nicht und Udo hat sich umgezogen. Zum Solo von Carola Kretschmer fordert Udo unsere Handylichter und bei „Horizont“ singt die ganze Halle mit. Das ist genau der Song, nach dem der Verfasser dieser Zeilen damals mit Udo-Platten aufhörte, aber heute ist ihm der kommerzielle Ausbruch längst verziehen. Nach der Bandvorstellung folgt ein Medley aus „Jonny Controlletti“, „Sonderzug Nach Pankow“, „Andrea Doria“ und „Candy Jane“. Ganz zum Schluss darf ein Drumsolo von Bertram Engel ebenso wenig fehlen, wie die Tracks „Reeperbahn“, „Eldorado“, und „Goodbye Sailor“ Zu den Klängen von „Odyssee“ wird Udo schließlich von seinen Tänzerinnen wieder zu seiner Raumkapsel gebracht und er entschwindet damit nach einem 142 Minuten Konzert unter der Hallendecke.

Hui, war das schön … und es war dringend notwendig. Man darf nur nicht den Fehler machen und nach der Show daheim die 2008er DVD einwerfen, auf der das Panikorchester mehr im Vordergrund steht und alles viel mehr rockt. Für 2022er Verhältnisse war das heute aber mehr als nur in Ordnung, denn wir werden alle nicht jünger. Am Merchandise konnten die ganz harten Fans noch Bierbecher für 10 und Shirts für 35 Euro erstehen … Ja gut. In Anbetracht der Setlist gibt es in jedem Konzert etwas zu Meckern. Geniale Songs wie „Der Sizilianische Werewolf“, „Bananenrepublik“, „Gesetz“ (herzliche Grüße an George Lynch) und „Narkosegespenst“ blieben zwar leider unberücksichtigt, sind aber auch sicher mehr so unsere persönlichen Wünsche. Doch sehr wahrscheinlich sind wir greisen Oldschoolmetaller beim nächsten Mal wieder dabei, wenn das Udo-Ufo wieder hier landet.

Autor & Pics: Joxe Schaefer