GOAT OF MENDES

Zaunreiter aus Überzeugung


Es war die Nachtigall, nicht der Zaunkönig; aber gut zu Vögeln. So oder so ähnlich hätte die Headline lauten können, denn neben der Krähe ist auf ihrem neuen Album “Hagzussa – Riding The Fence” noch die Stimme eines weiteren Vogels zu hören, mit dem der Fünfer seinen extremeren Metal garniert hat. Selbst ein guter Metallerfreund und Hobbyornithologe war sich seiner Bestimmung nicht sicher und tippte auf Nachtigall, wegen der Lautstärke natürlich. An dieser Stelle schließt sich der Kreis, denn leise sind sie auch im Interview nicht, in dem Gitarrist Seeb und Shouter Heiner das Wort haben. Denn wenn hier was singt, dann ist das Shouter Heiner. Und wenn hier was fliegt, dann eher eine Hexe. Und wenn wer hier Federn lässt, dann kann das nur der Metaller sein, der sich noch nicht mit Goat Of Mendes beschäftigt hat.


Joxe: Hallo Heiner! Wo bist du und was beschäftigt dich gerade?

Heiner: Hallo Joxe! Nun ja, genau jetzt sitze ich zu Hause in Essen am Schreibtisch, höre „Gla’aki“ von Tyrants Kall und beantworte ein Interview.

Joxe: Für das erste Interview mit X-CRASH stellt euch und die Band bitte unseren Lesern einmal vor! Wer macht was bei Goat Of Mendes?

Heiner: Gerne! Goat Of Mendes gibt es seit Ende 1994, als Marco und ich das Grundkonzept aus der Taufe gehoben haben. Seitdem hatten wir unzählige Besetzungswechsel, haben aber jetzt hoffentlich im aktuellen Line-Up die optimale Truppe für weitere Schandtaten zusammen.

Marco ist mit mir zusammen Gründer und Kopf von Goat Of Mendes, er spielt Gitarre (auf einigen früheren Alben auch den Bass) und übernimmt die Backing- sowie einen Teil der Leadvocals. Seeb ist seit 2007 unser Saitenhexer – er spielt in erster Linie die Leadgitarre, kann aber auch  Mandolinen und ähnlichen exotischeren Saiteninstrumenten wohlgefällige Töne entlocken. Daniel an den Drums ist seit 2015 dabei, als er unseren ehemaligen Schlagzeuger Nik ersetzte. Er war seit unserem zweiten Album „To Walk Upon The Wiccan Way“ schon Goat Of Mendes-Fan und ich kenne ihn von Konzerten und anderen Events seit gefühlt hundert Jahren, aber ich hatte nie auf dem Schirm, dass er auch ein guter Drummer ist – manchmal schließt sich der Kreis eben etwas später…

Für den Viersaiter ist Sash zuständig, der ein Jahr nach Daniel zu uns stieß – die beiden spielen seit 2009 gemeinsam bei der Heavy Metal-Band Somewhere In Nowhere und haben bis vor kurzem auch noch zusammen in einer Doom-Band namens „Is Love Alive?“ gespielt. Ich selbst gebe den Fronthünen und Leadsänger, außerdem bin ich für sämtliche Lyrics, das Artwork und das generelle Bandkonzept verantwortlich. Die Musik selbst entsteht (zumindest meistens) im Proberaum, unter Mitwirkung der gesamten Band, gewöhnlich auf ein, zwei Grundriffs aufbauend, die sich Marco und/oder Seeb aus dem Ärmel geschüttelt haben. Sobald der Song dann rein instrumental steht, erarbeite ich die Gesangslinien und schreibe die Lyrics dazu.

Joxe: Seeb, wie bist du damals zur Gitarre gekommen und wieviel Iron Maiden hast du dafür gehört?

Seeb: Ich habe schon sehr früh Gitarre gelernt, bin damit allerdings rein klassisch aufgewachsen. In Sachen „vernünftiger“ Musik war ich ein totaler Spätzünder, und erst mit ca. 17 bin ich schließlich zur E-Gitarre gekommen. Tatsächlich war für mich Iron Maiden die „Einstiegsdroge“ in den Metal und dadurch mein größter Einfluss. Als angehender Lead-Gitarrist entwickelte ich natürlich auch eine große Begeisterung für Flitzefinger à la Yngwie Malmsteen, an deren Soli man sich wunderbar die Zähne ausbeißen konnte. Als ich bei Goat Of Mendes eingestiegen bin, habe ich gemerkt, dass ich mich viel zu spät mit den härteren Spielarten des Metal beschäftigt habe: bei den schnellen Downstroke-Rhythmusgitarren kam ich mir neben Marco wie eine lahme Ente vor, das musste ich richtig üben. Aber ich glaube, ich habe ihn mittlerweile eingeholt…

Joxe: Heiner, du warst von Anfang an dabei. Erzähle uns doch mal etwas zu den Gründertagen, wie ihr als Band zusammenkamt!

Heiner: Nun ja, die Gründung von Goat Of Mendes war im wahrsten Sinne des Wortes eine „Schnapsidee“ – alles lässt sich auf einen feucht-fröhlichen Abend zurückführen, den Marco und ich Ende ’94 in Marcos Wohnung bei guter Musik und einer Kiste Bier verbrachten. Als wir dann irgendwann in bierseliger Melancholie versanken, klagte Marco mir sein musikalisches Leid – er spielte seinerzeit noch in der Wuppertaler Death Metal-Band Obnoxious, wo mit schöner Regelmäßigkeit seine Songideen abgeschmettert wurden, da sie „kein echter Death Metal“ seien. Also schlug ich ihm vor, er solle doch einfach ein Soloprojekt mit Gastmusikern nach seinem Geschmack starten und bot mich gleich auch noch als Texter an, da er damals mit dem Englischen noch etwas auf Kriegsfuß stand. Nach dem Abend hatte ich das alles auch relativ schnell wieder vergessen, bis mir Marco dann drei Monate später ein Tape mit Gitarrenspuren in die Hand drückte, „ich solle dann mal mit dem Texten anfangen“. Gesagt, getan. Gastmusiker waren auch schnell gefunden und das ganze Projekt nahm Formen an. Im Sommer ’95 ging es dann auch sofort ins Studio, wo ich dann selbst noch einige Spoken-Word-Parts und Klargesänge beisteuerte. Marco schickte ein Tape mit vier ausgewählten Songs an Invasion Records, die ihm sofort einen Vertrag anboten und das ganze Ding dann auch unter dem Namen „Hymn To One Ablaze“ veröffentlichten. Im Prinzip ist das Debüt also eigentlich eher eine Marco-Soloscheibe, da er alle Songs im Alleingang komponierte und auch einen Großteil des Gesangs übernahm. Die CD kam überraschend gut an und wir hatten selbst auch Blut geleckt, so dass wir feste Musiker suchten und ich mich gesangstechnisch auch immer mehr einbrachte und schließlich den Großteil des Leadgesangs übernahm. So wurde dann aus dem Projekt eine echte Band.

Joxe: Aus welcher Quelle, wo Lucifer und Akercocke sicher auch mal geschaut haben, ist euer Bandname entsprungen?

Heiner: Hehe, die Quelle ist uralt – der Name bezieht sich auf den gehörnten Gott, der unter verschiedenen Namen (Pan, Cernunnos, Herne, Assur etc.) im Pantheon von nahezu allen antiken Kulturen eine Rolle spielte. Der „Bock von Mendes“ im speziellen, bezieht sich auf einen bocksköpfigen, altägyptischen Fruchtbarkeitsgott namens Banebdjet, dessen Haupttempel in der Stadt Mendes zu finden war. Neben Fruchtbarkeit verkörperte Banebdjet auch männliche (sexuelle) Kraft, aber auch das Prinzip der Dualität aller Dinge. Konkret bedeutet das, dass es zu allem ein Gegenstück geben muss, um das Leben, wie wir es kennen zu gewährleisten – also z. B. männlich/weiblich, Licht und Schatten, Tag und Nacht, positiv/negativ usw. Diese natürliche „göttliche“ Ordnung aller Dinge findet sich auf allen Ebenen im Universum wieder – von der mikroskopisch kleinen, atomaren Ebene, bis hin zur Struktur von Galaxien. Der in der Metalszene oft verwendete (aber selten richtig verstandene) Satz „As Above, So Below“ bezieht sich exakt auf dieses, schon von unseren Urahnen richtig erkannte Prinzip. Im Mittelalter wurde die Figur des Banebdjet von der Kirche vereinnahmt und verballhornt und diente als Grundlage für die heute noch kolportierte Kunstfigur des ewigen Widersachers Satan. So wurde aus „Banebdjet“ kurzerhand „Baphomet“, und das eigentlich positive oder neutrale Vorbild in einen propagandistischen, negativen, Kontext gesetzt. Noch heute wird uns aufgrund des Bandnamens Satanismus angedichtet, obwohl wir davon weit entfernt sind. Aber es zeigt auch, wie erfolgreich manche Propagandakampagnen der katholischen Kirche sein können und sogar diejenigen manipulieren, die z. B. in der Black Metal Szene offen als erklärte Gegner des Christentums auftreten. Wie dem auch sei, der Bock von Mendes oder der Bock des Sabbats wird auch heute noch in heidnischen Zeremonien als metaphorisches Bindeglied zwischen weißer und schwarzer Magie verwandt, die niemals eindeutig voneinander zu trennen sind. Da auch wir uns weder der einen noch der anderen Seite zugehörig fühlen (auch musikalisch btw!) und mit jedem gut auskommen, solange er uns nicht schaden will, charakterisiert uns der Bandname nach wie vor in idealer Weise. Er ist für mich persönlich ein starkes, magisches Symbol und ein guter Name für eine ambitionierte Band.

Joxe: Ihr habt ein neues Album auf der Abschussrampe. Was für eine Hexe ist Hagzussa und warum reitet man auf dem Zaun statt auf einem Besen?

Heiner: Hier ist natürlich kein physischer Zaun gemeint, hehe… „Hagzussa” (manchmal auch „Hagazussa“) ist ein altgermanischer Begriff für “die, die den Zaun reitet” – gemeint ist eine Person, meist weiblichen Geschlechts, die zwischen den Welten wandeln kann. Also dem Diesseits und dem Jenseits oder der stofflichen Welt und der Welt der Magie. Aus „haga” wurde das englische „hag” und das altdeutsche „hagse” (=Hexe). Gleichzeitig steht der Begriff auch für „zwischen allen Stühlen sitzen”. Die weisen, kräuterkundigen Frauen im Mittelalter, die noch dem alten Naturglauben folgten, wurden meist sowohl mit Ehrfurcht, als auch mit abergläubischer Furcht betrachtet. Sie selbst sahen sich weder als gut, noch als böse an, sondern als eine Mischung von beidem, weil sowohl positive als auch negative Energien gleichberechtigt sind und sich gegenseitig bedingen. Sie akzeptierten keine etablierte Religion und folgten keinem weltlichen Herrscher – sie saßen also quasi „auf dem Zaun” …

Wir haben den Titel aber nicht nur aufgrund des Bezugs zu unserem textlichen Konzept gewählt, sondern auch, weil wir ebenfalls auf musikalischer Ebene zwischen allen Stühlen sitzen und quasi auch da „auf dem Zaun reiten“. Es ist nicht so einfach, unsere Musik in eine der allseits beliebten Schubladen zu packen – wir verwenden Einflüsse sowohl aus dem klassischen Heavy Metal und Doom, scheuen uns aber auch nicht, Elemente aus extremeren Spielarten wie Thrash, Black oder Death zu verarbeiten. Dazu eine Prise Folk und wir sind mehr oder weniger bei der Musik von Goat Of Mendes. Das ist gerade in Deutschland (wo wir bekanntermaßen ordnungsgemäß sortierte Schubladen lieben) nicht gerade ein Rezept für kommerziellen Erfolg – dem gemeinen Death- oder Black Metaller sind wir zu zahm und melodisch, dem traditionellen Metaller stoßen unsere härteren Gesänge und gelegentlichen Blastbeat-Passagen sauer auf, und dem „Pagan Metaller“ fehlen die metseligen Schlachtgesänge und Humppa-Hopsereien. Das ist uns aber ziemlich wurscht – wir machen die Musik, die wir uns auch privat gerne anhören würden. Uns musikalisch zu verbiegen, um einen besseren Deal oder generell mehr Aufmerksamkeit zu bekommen, kommt absolut nicht in Frage. Wir haben es uns jetzt seit fast 24 Jahren auf diesem „Zaun“ gemütlich gemacht und fühlen uns immer noch sehr wohl dabei.

Joxe: Es hat wieder einmal sechs Jahre bis zum neuen Album gedauert. Bei solch großen Abständen liegt die Vermutung nahe, dass ihr sehr beschäftigt seid?

Heiner: Nun ja, wir sind inzwischen mehr oder weniger alte Säcke und haben alle Familie, Kinder und ein Berufsleben. Die langen Abstände zwischen den Alben lassen sich aber nicht ausschließlich durch diesen Umstand „entschuldigen“. Zum einen hatten wir, wie schon eingangs erwähnt, öfters mal Line-Up-Wechsel, die natürlich immer zum ungünstigst möglichen Zeitpunkt auftraten und die Arbeiten am neuen Album wieder ein ganzes Stück zurückwarfen. Zum anderen sind wir nicht mehr alle im Wuppertaler Raum ansässig, wie noch zu unseren Anfangszeiten. Marco beispielsweise lebt nun seit längerer Zeit aus familiären und beruflichen Gründen in München. Da ist es nicht mehr so einfach, regelmäßige Bandproben zu organisieren, wie vor zwanzig Jahren, als wir noch relativ unbeschwert an die spaßigen Dinge des Lebens herangehen konnten… Trotz allem haben wir uns fest vorgenommen, dass es bis zum Nachfolger von „Hagzussa“ nicht wieder so lange dauert ;-)…

Joxe: Viel beschäftigt ist auch euer Drummer Butcher. Wieviel Jack Daniels musstet ihr für seinen Einstieg bieten?

Heiner: Gar keinen, außerdem wird bei uns nur anständiger Scotch ausgeschenkt! Im Gegenteil, wir mussten vielmehr all unseren natürlichen Charme aufwenden, um ihn überhaupt zu einem Vorspieltermin im Proberaum zu überreden, hehe… Daniel war so von sich „überzeugt“, dass er fest daran glaubte, unseren Ansprüchen niemals genügen zu können. Natürlich ist das Gegenteil der Fall – er passt sowohl menschlich wie auch musikalisch zu uns, wie der sprichwörtliche Arsch auf den Eimer. Es ist da offensichtlich auch von Vorteil, dass er ohnehin schon lange Zeit Fan von uns war. Mit der entsprechenden Motivation im Rücken drummt es sich eben doppelt so gut. Und diese Motivation färbt auch auf den Rest von uns ab – wir könnten kaum zufriedener sein.

Joxe: Hattet ihr das Intro “Between Here And Thereafter” schon fertig, als er einstieg?

Heiner: Nein, hehe – das Intro entstand tatsächlich als letztes. Ursprünglich wollten wir ganz ohne Intro arbeiten, aber als die Aufnahmen der regulären Songs fertig waren, fehlte uns der stimmungsvolle Einstieg in das Gesamtwerk, sozusagen die Kirsche auf der Torte, eben doch. Also haben wir es noch kurzfristig arrangiert. Der von dir bemängelte elektronische Taktgeber rührt daher, dass „Between Here And Thereafter“ komplett von unserem guten Kumpel Tom (alias AbraxasNoir), seines Zeichens Ex-Keyboarder von Midwinter, komponiert und eingespielt wurde – wir haben ihm als Band nur eine generelle Richtlinie gegeben, wo wir hin wollten, und er hat den Rest erledigt.

Joxe: Ist ein Ornithologe unter euch, oder wer ist für die verschiedenen Vogelstimmen auf dem Album verantwortlich?

Heiner: Wir glauben zwar natürlich alle, ziemlich gut vögeln zu können, kennen uns aber ansonsten nicht so sehr mit den genauen Details aus, hehe… Wir wollten vielmehr den Sprechpart im Titelsong einfach mit klassischen Naturgeräuschen unterlegen, die die Atmosphäre entsprechend unterstreichen. Also haben wir nach einem passenden Sample gesucht und letztendlich auch gefunden – es nennt sich „Rivers And Birds“ und wurde von einem gewissen Armand Coutancier zur freien Verfügung kostenlos ins Netz gestellt.

Joxe: Wo habt ihr das Album aufgenommen und wer hat produziert?

Heiner: Die Aufnahmen haben wir komplett in Eigenregie auf Seebs Laptop im Proberaum gemacht – er war gleichzeitig also auch unser „Produzent“. Er und Marco haben dann die zig verschiedenen Spuren aussortiert und zusammengemischt. Mit dem Ergebnis ist Marco anschließend zu Konstantin Fischer von „Konst Rocks“ in München gegangen, der uns von einem guten Kumpel empfohlen wurde. Konst hat einen fantastischen Job hingelegt, unseren Krempel zu mischen und zu mastern, so dass sich das Endergebnis tatsächlich ziemlich professionell und druckvoll anhört, ohne den gewissen rotzigen Underground-Spirit vermissen zu lassen – genau so, wie wir es wollten.

Joxe: Seeb, wer von euch Gitarristen hatte denn die Idee zu den Soli in “An Empty Hand (Can Still Clench A Fist)”? Da kann wer mit der Gitarre eine Dudelsackmelodie zocken …

Seeb: Ich habe mal in einer Mittelalter-Gothic-Dudelsack-Band gespielt – allerdings sind die Leads in „An Empty Hand“ auf Marcos Mist gewachsen und von ihm gespielt. Beim Komponieren des Songs wollten wir einen folkig klingenden Mittelteil einbauen, und Marco ist einfach früher eine passende Melodie eingefallen, obwohl seine Gitarristenkarriere komplett dudelsackfrei verlief. Solange es überzeugend klingt, darf bei uns übrigens auch der Rhythmusgitarrist mal ein Solo spielen. Die „richtigen“ Soli sind zwar für gewöhnlich mein Metier, aber an den Melodie-Parts haben beide Gitarren ihren Anteil – sowohl beim Komponieren als auch bei der Ausführung.

Joxe: Euer Coverartwork kann man sich länger beschauen. Wessen Ideen sind darauf verwirklicht worden?

Heiner: So war es geplant – ich liebe Cover, mit denen man sich länger beschäftigen und immer neue Details entdecken kann. Die Grundidee und letztendlich auch die zeichnerische Ausführung stammt von mir – viele kleine Details sind mir aber auch erst während des Zeichnens eingefallen. Das Motiv repräsentiert zum einen den Albumtitel „Riding The Fence“, zum anderen den ewigen Kreislauf von Leben und Tod mit besonderem Bezug auf die Gestalt der „Großen Mutter“ im alten (heidnischen) Glauben. „Heiden“ (Pagans) im klassischen Sinne, verehren die Erde und die Sonne als natürliche Gottheiten; verkörpert werden diese durch ein weibliches (die Große Mutter/Erde) und ein männliches (der Gehörnte Gott/die Sonne) Prinzip. Die Große Mutter ist unsterblich – im Frühjahr verkörpert sie die Jungfrau und die Unschuld; im Sommer vermählt sie sich mit dem gehörnten Gott, wird von ihm befruchtet und wird zur sorgenden Mutter allen Lebens (und so auch der Menschheit). Sie ist in ihrem Aspekt als Jägerin/Kriegerin, aber auch die resolute Verteidigerin und Beschützerin ihrer Kinder. Manchmal muss sie jedoch auch die Gestalt der Rächerin annehmen, wo sie Tod, Rache und Bestrafung verkörpert, sollten ihre Kinder sie oder ihres Gleichen nicht mit dem nötigen Respekt behandeln. Im Winter wird die Göttin zur alten, weisen Frau, die von all dem angesammelten Wissen eines langen Lebens profitiert und diese Weisheit an ihre Kinder weitergeben kann. Sie befindet sich gleichzeitig aber auch nah an der Schwelle zum Jenseits und ist in der Lage, hinter den Schleier zu blicken. Im Frühjahr erblüht sie von neuem und der Kreislauf beginnt von vorn. All das habe ich versucht, in meinem Artwork zu verarbeiten – die Ecken des Pentagramms repräsentieren die erwähnten, verschiedenen Aspekte der Göttin. Das Pentagramm selbst ist ebenso ein uraltes, paganistisches Symbol, welches in seiner „normalen“ Ausrichtung mit der Spitze nach oben, den weiblichen Körper mit den breiten Hüften (also die Göttin) symbolisiert. In der umgekehrten Ausrichtung mit der Spitze nach unten verkörpert es den Ziegenkopf des Gehörnten Gottes, also des männlichen Prinzips. Das umgekehrte Pentagramm hat in seiner ursprünglichen Bedeutung also mit Satanismus oder „dem Bösen“ herzlich wenig zu tun – im Gegenteil, es war ursprünglich ein äußerst positives Symbol für Fruchtbarkeit, Sexualität und männliche Stärke in unzähligen alten Kulturen weltweit. Die Szenen und Symbole auf dem Pentagramm selbst, sowie in den „Zwischenräumen“ entsprechen der jeweiligen Phase im Zyklus des Lebens. So steht beispielsweise der Hase unten links für sexuelle Lust und Fruchtbarkeit, während die Libelle Wandel und Transformation repräsentiert. Die Eule unten rechts ist ein Symbol für Weisheit und ein Bote zwischen der Welt der Lebenden und der Toten; die Krähe steht für Krieg und Streit, die Kerze und der Fötus symbolisieren das Ende eines Lebens und den Beginn eines neuen. Es gibt noch viele Details zusätzlich zu entdecken und es würde den Rahmen sprengen, wenn ich sie jetzt hier alle erläutern würde. Abgesehen davon ist es auch viel interessanter, sich eine eigene Interpretation zu machen, oder dies als Anlass zu nehmen, selbst Recherche in alter Mythologie und Paganismus zu betreiben. Es war mein Ziel, das Cover so inspirierend und vielschichtig wie die Musik selbst zu gestalten und ich hoffe und glaube, dass mir das gelungen ist.

Joxe: Plant ihr eine Vinylausgabe?

Heiner: Das wäre die absolute Krönung, allerdings ist das Budget unserer Label-Chefin Cheryl recht begrenzt. Sie hat uns damals zugesagt, eine Vinylausgabe nachzuschieben, wenn die CD sich insgesamt gut verkauft. Das steht aktuell aber (verständlicherweise) aufgrund der schweren Erkrankung ihres Mannes jetzt erst einmal in den Sternen – wichtiger ist es, dass Hartmut wieder auf die Beine kommt. Zur Not müssen wir das halt irgendwann selbst in die Hand nehmen, wenn unsere momentan arg geplünderte Bandkasse das wieder zulässt.

Joxe: Sagt unseren Lesern bitte etwas über eure nächsten Auftritte, oder wollt ihr auf Tour gehen?

Heiner: Fest geplant ist ein Auftritt auf dem Frostbiter Festival am 24.März nächsten Jahres in Wuppertal – das ist ein kleines aber feines Festival, das vom Forum des Deaf Forever-Magazins veranstaltet wird. Darüber hinaus haben wir diverse Bewerbungen bei verschiedenen Sommerfestivals laufen – mal sehen was daraus wird. Eine längere Tour können wir leider aufgrund unserer verschiedenen beruflichen wie familiären Verpflichtungen nicht so einfach realisieren – Kurztouren mit drei oder vier Auftritten über ein langes Wochenende sind aber durchaus möglich. Schauen wir mal was kommt!

Joxe: Okay, vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören euch!

Heiner: Vielen Dank an dich für das interessante und ausführliche Interview und die Gelegenheit, uns einigen Metalheads vorzustellen, die uns bislang noch nicht kannten! Wir hoffen, euch auf dem einen oder anderen Gig zu treffen und gemeinsam ein Bierchen zu zischen!

Autor: Joxe Schaefer