Headbangers Ballroom Birthday Bash

Hamburg, Knust, 04.01.2020


Das neue Jahr beginnt in der Hansestadt Hamburg mit einem Paukenschlag. Bereits zum wiederholten Male lädt das Headbangers Ballroom Team zum Birthday Bash ins Hamburger Knust auf St. Pauli. Veranstalter Oliver „Otti“ Ottos Geburtstag steht zwar noch bevor, das stört aber heute niemanden. Den damals beliebten Headbangers Ballroom bei den Fischauktionshallen gibt es leider seit vielen Jahren nicht mehr, dennoch ist die Marke bis heute dank Otti in aller Munde. Das fällt auch sofort beim Betreten des ehemaligen Schlachthofs auf, wo sich überdurchschnittlich viele Besucher in Oberbekleidungen mit der Fischgräte tummeln. Die milden Wintertemperaturen machen das Warten am Einlass glücklicherweise zu einer entspannten Sache. Kurz nach der Ankunft treffe ich auch schon die ersten Freunde und Bekannten, zu denen auch die heute spielenden Jungs von Airborn aus Italien gehören. Das erste Bier der jungen Konzertsaison schmeckt auch schon wieder und schnell ist es an der Zeit für die erste Band des Abends.

Den Opener Slot bestreiten heute Sacrosanct. Der deutsch-holländische Fünfer ist bereits seit 1988 aktiv und hat in den frühen Neunzigern drei aufsehenerregende progressive Thrash Metal Platten veröffentlicht. Seit wenigen Jahren sind die Jungs wieder aktiv und die am heutigen Abend dienstälteste Band hat 2017 mit „Necropolis“ ihr viertes Album an den Start gebracht und sich inzwischen dem progressiven Heavy Metal mit Thrash Elementen verschrieben. Von eben diesem Album bedient sich das Quintett für ihre komplette Setlist des heutigen Abends. Den Anfang macht „The New Age Of Fear“, gefolgt vom eingängigen „The Grim Sleeper“. Der Lichtmann ist wohl schwerstens verliebt, zumindest gibt es am heutigen Abend viel rotes Licht auf der Bühne zu sehen. Die Stimmung im Knust wächst von Song zu Song und leider sind noch recht wenig Besucher vor Ort. Fronter Richard, der auch als Johnny Depp Double fungieren könnte, hat eine beeindruckende Bühnenpräsenz und verleiht jedem Song ein Gesicht. Aushilfsbasser Mario macht einen guten Job am Fünfsaiter, auch wenn er kaum von seinem Brett aufguckt. Nach Aussage von Richard hat sich der junge Mann in nur wenigen Wochen das komplette Set beigebracht, was einen Extraapplaus wert ist. Die Saitenfraktion bewegt sich im Vergleich zu ihrem charismatischen Fronter recht wenig, dennoch überzeugen Sacrosanct auf ganzer Linie und setzen am Ende ihres tollen Auftritts mit „The Pain Still Lasts“ nach etwa vierzig Minuten ein großes Ausrufezeichen.


Als nächstes stehen alte Bekannte auf dem Programm. Die Power Metaller Airborn aus dem italienischen Turin sind dank zweier Auftritte auf dem Metal Bash in Neu Wulmsdorf keine Unbekannten mehr in der Hansestadt. Die Jungs sind sehr gerne in Hamburg, wie ich von Fronter Alessio zu hören bekomme. Von Beginn an geben die Jungs Gas und haben sichtlich Spaß an den gut gelaunten Metallern vor der Bühne. Ihr druckvoller Power Metal kommt super an und schon mit dem Opener „The Hero“ haben Airborn das Publikum in der Hand. Von ihrem fünften und aktuellen Album „Lizard Secrets: Part One – Land Of The Living“ aus dem vorletzten Jahr zocken die Südeuropäer mit dem Kracher „Who We Are“, „Lizard Secret“, bei dem endlich mal die Matten kreisen und viele Pommesgabeln gen Decke gerissen werden, „Wolf Child“ und „Here Comes The Claw“. Die Stimmung steigt von Song zu Song und Fronter Alessio entpuppt sich als super Entertainer, der die Menge in die Setlist immer wieder einbindet und zum Mitmachen auffordert. Zum ebenfalls neuen „Metal Haters“ erreicht diese Kooperation ihren Höhepunkt und das Publikum macht sofort mit. Das endlich gut gefüllte Knust ist eine Hammer Kulisse für diese tolle Band, die nur so vor Energie sprüht. Bei jedem Auftritt der Jungs schaffen sie es, soviel Enthusiasmus zu verströmen, dass man denkt, die Jungs haben gerade erst mit der Band angefangen. Weit gefehlt, den Airborn existieren bereits seit vierundzwanzig Jahren und haben sich im Laufe der Jahre nicht nur in ihrer Heimat einen beachtlichen Status erspielt. Unter Jubel verklingen noch die letzten Töne des Outros „Against The World“ in der Halle und das Quartett wird zu Recht gefeiert. Geiler Auftritt und hoffentlich dauert es nicht wieder Jahre, bis Airborn mal wieder an die Elbe kommen.

In den Umbaupausen lohnt sich heute nicht nur der Weg an die Bar, sondern auch in den Kneipenvorraum, in dem das Duo The Ukeboys die Besucher mit geilen Rock und Metal Coverversionen auf der Ukulele die Zeit vertreibt. Echt witzig und gut die Jungs, und auch hier herrscht immer wieder hoher Andrang vor der kleinen Eckbühne.


Nun wird es ernst, denn die dritte Band an diesem Abend sind die Lokalhelden Paragon. Seit dreißig Jahren stehen die Fünf für kraftvollen Power / Heavy Metal der Spitzenklasse. Zu meinem Entsetzen habe ich diese Band das letzte Mal schon vor langer Zeit gesehen und wenn ich so recht drüber nachdenke, war das noch nicht mal in Hamburg. Umso mehr freue ich mich, dieses Hamburger Urgestein heute auf der Bühne zu erleben. Nach einem kurzen Intro geht es mit „Reborn“ und viel Dampf auch gleich auf die Überholspur. Der Sound drückt mächtig aus den Boxen und alle fünf sind topfit. Gerade Fronter Andreas und Basser Jan beeindrucken mit viel Energie auf der Bühne. Mit mittlerweile zwölf Alben im Rücken, die durch die Bank weg auf konstant hohem Niveau liegen, ist es ein Leichtes, die Menge hinter sich zu bringen. Das gelingt dem Quintett heute erstklassig. Dabei dürfen natürlich auch vom aktuellen Album „Controlled Demolition“ die Kracher „Mean Machine“ und „Black Widow“ nicht fehlen. Andreas agiert hier sehr professionell mit der Menge vor der Bühne. Die Halle ist bis auf die letzten Reihen gut gefüllt und gefühlt tummelt sich der Großteil direkt vor der Bühne, sodass es hier gut zur Sache geht. Fäuste und Pommesgabeln wechseln sich ab, Haare fliegen und es ist wirklich eine Freude zu sehen, wie Paragon heute abgefeiert werden. Weiter geht es mit „Palace Of Sin“ und „The Devil’s Waitingroom“. Bei dem Mitgröler „Armies Of The Tyrant“ geht es nach über einer Stunde auf die Zielgerade der Setlist. Als Abschluss gibt es dann noch „Iron Will“ auf die heißen Ohren, bevor die Jungs unter reichlich Applaus die Bühne räumen.

Mit einem erneuten Schlenker über The Ukeboys, die im Vorraum immer noch das Publikum begeistern, geht es zu einer letzten Raucherpause vor die Tür.


Nun kommt also der heutige Höhepunkt des Abends in Form von Iron Savior.  Eine Band, die ebenfalls ihren Hamburger Wurzeln seit vielen Jahren treu geblieben sind und heute internationalen Erfolg hat. Das Quartett um Fronter Piet Sielck hat es sichtlich schwer nach dem Auftritt Paragons die Menge noch zu motivieren. Die Jungs machen das Ganze sehr sympathisch und gerade das Zusammenspiel zwischen Piet und Basser Jan-Sören bei den Ansagen sind echt lustig. Wie etwa nach dem zweiten Song „Starlight“, während Piet sich mit einem Handtuch trocken legt und Jan-Sören der Menge beibringt, dass sie bei jeder Handtuch Benutzung ein bedauerndes „Ohhh“ loslassen sollen. Das wird von der Menge sofort umgesetzt und wird während des Auftritts zu einem Running-Gag. Iron Savior zocken sich routiniert durch eine abwechslungsreiche Setlist und der Auftritt macht wirklich Laune. Mit „Kill Or Get Killed“ vom gleichnamigen aktuellen Album hat das Quartett einen geilen und hochkarätigen Hammer in der Setlist, genau wie „Stand Up And Fight“, der live auf ganzer Linie überzeugt. Das leicht müde wirkende Publikum motiviert zum Ende der Setlist noch einmal die letzten Kraftreserven und bei „Heavy Metal Never Dies“ vom 2011er Album „The Landing“ bringen die vier wieder etwas Schwung in den Laden und animieren zum Mitsingen. Verstärkung bekommen die eisernen Retter hierbei von Paragon Klampfer Jan. Die Symbiose zwischen Band und Publikum erreicht hier seinen Höhepunkt, indem die Menge voller Inbrunst singt. Auch das kommende Geburtstagskind Otti wird aufgefordert, einmal alleine den Refrain zu singen, was dieser souverän tut. Coole Aktion und auch die Ansage, dass Iron Savior nicht von der Bühne gehen und auf Zugaberufe zurück kommen, sondern gleich da bleiben und weiterspielen, macht die Jungs echt sympathisch und authentisch. Das ist Kasperkram nach Aussage von Piet. Das sehe ich genauso und so geben sie noch drei Songs inklusive „Break The Curse“ und „Atlantis Falling“ zum Besten und nach dem Judas Priest Cover „Breaking The Law“ ist dann auch wirklich nach insgesamt fünfzehn Songs Schluss mit einem geilen und unterhaltsamen Abend im Herzen von St. Pauli.

Tino Sternagel-Petersen

Autor & Pics: Tino Sternagel-Petersen