Der Detze Rockt 2017 

Daun-Rengen, Sportplatz, 23.06.2017 – 24.06.2017

In den vergangenen Ausgaben des beliebten Underground- und Oldschool Festivals hatten die Besucher mit Sturmböen, Kälte und massig Regen und daraus resultierendem Matsch zu kämpfen. Ganz anders zeigt sich die siebte Ausgabe bei strahlendem Sonnenschein und über 26°C. So warm, dass die Veranstalter ein Planschbecken aufbauten …

depredation

Tag 1, Freitag, 23.06.2017: Depredation, Burning Maja, Midnight Rider, Sabbat, Tokyo Blade.

Da hat man schon seit gefühlt ewigen Zeiten mit den Jungs privat zu tun, aber sie mal zusammen als Depredation live gesehen zu haben, blieb aus völlig unerklärlichen Gründen bislang aus. Bevor wir jetzt auf Ursachensuche gehen, finden wir uns doch mal pünktlich vor der Bühne ein und lassen und von ihrem Ruhrpott-Thrash, berieseln. Die Erwartungen an sie sind ziemlich hoch, zumindest in Kreisen des Fanclubs Metalheads, den Bangern aus dem Ruhrpott und so einigen mitgereisten Anhängern. Sie werden erfüllt, denn die Jungs spielen freudig auf und kommen ziemlich frisch rüber. Songs wie „Business As Usual” und das neue “To Reign In Hell” kommen gut an, dass Basser Jensenmann, heute im Wrestlershirt, gut gelaunt einen Ausflug durch das Publikum unternimmt. (Joxe Schaefer).


burning maja

Von der Band Burning Maja soll es heute der letzte Auftritt sein. Nicht nur auf dem Detzte, sondern finito ever. Ich weiß jetzt nicht, wer ‚Schade‘ gerufen hat, aber die Jungs um Mitveranstalter und Firebird Bassmann Marty verkaufen sich echt gut. Ihr Sänger kommt optisch mehr nach Journey und scheint stimmlich mehr dem Hardrock zugehörig als dem Heavy Metal. Letztendlich bringen sie durch Westernhagens „Mit 18“ nicht viel mehr Licht ins Dunkel, auch wenn sie es doppelt so schnell zocken. Auf jeden Fall ist Martin voll Metal, brüllt die Ansagen voll auf Dampf und könnte vielleicht der bessere Sänger gewesen sein. „Rock ‘n’ Roll“ ist der letzte Song ever und trägt den Gig über die Ziellinie. Sollte es denn jetzt wirklich der letzte Auftritt gewesen sein, haben sie sich würdig verabschiedet! (Joxe Schaefer).


midnight rider

Aber was ist denn bei Midnight Rider los? Gitarrist Blumi und Basser Cliff, beide spielen noch in so einigen anderen Bands und sollten schon am nächsten Tag mit Metalucifer auf der Bühne stehen, tragen Vintage Klamotten wie Hemden mit rotem Absatz und Rüschen. Sie zeigen sich später im Publikum aber umgezogen mit Jeans und Kutte. Töpfe mit Räucherstäbchen zwischen den Monitorboxen erinnern an den Mief, den auch Attic gerne verbreiten. Jedoch ist man musikalisch noch weiter zurück zu Hause, nämlich in den Siebzigern. Da liegt nämlich der Hase im Pfeffer. Immerhin spielen sie vor dem Hellbangers Moselfranken Backdrop und zocken musikalisch natürlich einwandfrei. Ein paar Stücke habe ich von ihrer aktuellen Scheibe „Manifestation“ wiedererkannt, wie das ziemlich okaye „Tears Of Your Temptation”. Offensichtlich ist solch Retrozeugs wesentlich angenehmer für die Ohren, wenns von Metallern gezockt wird. (Joxe Schaefer).


sabbat

Für die Japaner von Sabbat ist so ein Festival und eben auch so ein Publikum genau maßgeschneidert. Einige Fans haben weite Reisen auf sich genommen, um die Rabauken zu sehen. Sogar aus der Schweiz fand man den Weg bis in die Eifel. Und es soll sich gelohnt haben. Das Kulttrio zieht sein speedmetallisches Ding durch und wird von der Menge voll aufgesogen. Das Outfit mit Lederstringtanga wird zwar diskutiert, steht aber deutlich hinter der Musik an. Die Menge saugt sie voll auf und unter einem ganz kleinen Logobackdrop ist die sprichwörtliche Sau los. Nur ist trotz Rufen nach Zugabe viel zu früh Schluss. Nicht aber am Merchandise, wo es die Jungs noch lange mit ihren Fans aushalten. (Joxe Schaefer).


tokyo blade

Sicherlich gehört auf ein Festival wie Der Detze Rockt auch eine NWOBHM Band ins Billing. Wir erinnern uns gerne an die Abräumer Diamond Head, Grim Reaper und Mythra aus den Vorjahren. Nun haben wir diese jetzt folgenden Briten innerhalb der vergangenen sieben Monate schon dreimal gesehen, zweimal in England und einmal in Holland. Heute ist es das vierte Mal und um es gleich vorweg zu nehmen, davon sollte es ihr geilster Gig werden. Tokyo Blade legen ganz locker los, ihre unsterblichen Superhits vornehmlich ihrer ersten beiden Alben zu zocken. Und das hochexplosive Zeug zündet immer, auch wenn die Sangeskünste ihres Frontmanns Alan Marsh die besten Zeiten hinter sich haben. Das kriegt man nicht so mit, wenn man „Someone To Love”, „Lightning Strikes“ und „Mean Streak“ besonders laut mitgrölt. Beim anschließenden Drumsolo bleiben die anderen Vier on Stage. Diese Besetzung harmoniert zusammen bestens und man merkt ihnen an, sie haben richtig Bock, agieren bewegungsfreudig mit Doppelhalsgepose ohne Ende. Sogar Gitarrist Andy lässt sich häufiger auf der linken Bühnenseite blicken. Müßig zu erwähnen, dass zur Zugabe „If Heaven Is Hell“ alles komplett durchdreht. Was für ein grandioses Finale des ersten Tages. (Joxe Schaefer).


hornado

Tag 2, Samstag, 24.06.2017: Hornado, Manic Adrift, Blackslash, Vulture, Eurynomos, Picture, Master, Metalucifer.

Hornado aus Bonn beginnen schon eine Viertelstunde früher als angekündigt und verbreiten eine Menge Metalattitüde. Wer ihre aktuelle Scheibe „Wild Temple“ kennt, stellt fest, dass „Creature In The Deep“ auch live der Stampfer ist. Nur trifft ihr Sänger nicht jeden Ton und im Titeltrack verkacken die Gitarren das Solo komplett, unterbieten sich später noch gegenseitig. Die Momente häufen sich, in denen sie total daneben liegen, dass ich dann doch flüchten musste. Es hätte gemessen an ihrem anständigen Material auf Platte was werden können. (Joxe Schaefer).


manic adrift

Danach bekam der Detze die Ohren wieder frei gepustet mit temporeichem Death Metal der tighten Art. Manic Adrift aus Marburg waren vor zwei Jahren schon einmal hier, dass man sagen kann, sie müssen wohl jemand von den Veranstaltern gefallen haben, da sie wieder eingeladen wurden. Inzwischen haben sie ihr erstes Album „Towers“ am Start. Die vier Langhaarigen legen eine tighte Kante hin, in der trotz flexibler Vocals bis hin zu Grindsqueels allerdings noch irgendetwas Besonderes fehlt, was andererseits aber auch niemandem weh tut. „Benevolence Of Suffering” heißt wie auf der Platte ihr letzter Song, mit dem sie sich verabschieden. (Joxe Schaefer).


blackslash

Die letzten beiden Male, die ich Blackslash live gesehen habe, das war auf den diesjährigen Taunus Metal und Maniacs Festival in Holland, legte dieser Fünfer schon eine amtliche Sohle aufs Parkett. Nichts anderes passiert heute auf dem Detze. Ihr sauber und rotzfrei gespielter Oldschool Heavy Metal mit Songs wie “Lucifers Reign”, „Empire Rising“ und dem neuen Stück „Skyline Runner”, das aufs nächste Album soll, sorgt nicht nur für mächtig Stimmung vor der Bühne, sondern brennt sich auch langsam in unsere Schädel ein. Shouter Clemens begrüßt ein Geburtstagskind aus dem Deaf Forever Forum und es wird „We‘re Not Gonna Take It” von Twistes Sister angestimmt, gefolgt vom Randy Cover „It’s Got To Be Love”. Außer, dass ihr Basser sein Gerät zu hoch hängen hat, meint Schreiberkollege Jensenmann, seines Zeichens auch Basser bei Depredation, gibt es hier nix zu mäkeln. (Joxe Schaefer).


vulture

Vulture drehen mit ihrem thrashigen Speed Metal heute nicht ganz so durch wie gewohnt, sicher auf Grund der höheren Temperaturen. Dennoch kommt das Chaos rüber und die kleine Armee der roten Gitarren mischt die Menge gut auf. Die wirbelige Version von Judas Priests “Rapid Fire”, natürlich x-mal schneller als das Original gezockt, findet auch heute wieder den Weg in die Setlist. Dabei haben sie nun mehr eigenes Material am Start und legen mit vierzig Minuten Spielzeit ihren längsten Gig bis jetzt hin. Im August kommt das erste Album, das „The Guillotine” heißen wird. Wir sind ziemlich gespannt. (Joxe Schaefer).


eurynomos

Für das finstere Zeug von Eurynomos ist die grelle Sonne nun eher kontraproduktiv. Zwischen Ketten und Fackeln liefern sie das Material ihrer drei Vinylsingles, das sie anfangs ganz bewusst nicht als Album veröffentlichten, jetzt aber auf einer Compi-CD erhältlich ist. Die Mannen um ex-Desaster Shouter Okkulto und Gitarrist Aethon, den man als Costas von Iron Pegasus Records kennt, agieren von Podesten vorm Drumkit herunter und verkörpern thrashigen Black Metal mit allen Facetten. Nomen Est Omen gilt für den nur auf der Compi erhältlichen Song “Gone Down In Flames”, denn als die Fackeln abgebrannt sind, nähert sich auch ihr Gig dem Ende und eine verhallende Rückkopplung stirbt zwischen den Boxentürmen. (Joxe Schaefer).


picture

Viele haben die Holländer von Picture noch nie live gesehen, obwohl ihr Hit “Eternal Dark” jedem bekannt ist. Und wo bekommt man sie zu sehen? Natürlich auf dem Detze! Und damit nicht genug, es ist die Originalbesetzung von 1979. Zum “O Fortuna” Intro aus der Carmina Burana von Orff ruft Sänger Ronald zwar: “ist das alles?” in die Area, weil es vor der Bühne noch nicht schnell genug voll wird, doch die Besucher lassen sich nicht lange bitten. Letztendlich bricht der oberzackige Opener “You’re All Alone” sofort das Eis, der die Massen wie ein Magnet zur Front zieht. Was für ein Brett. Das oben bereits erwähnte „Eternal Dark” findet sich schon mittig in der Setlist wieder. Viel zu früh, sagen die einen, die den Song als Cover von Hammerfall auch gleich als das beste Stück der Schweden erkennen. Nur an die denkt hier sonst keiner, denn Picture knallen uns weitere griffige Riffzünder und Abbanger wie “Message From Hell”, “Night Hunter” und “No No No” um die Ohren. Ronald erklimmt zu “Heavy Metal Ears” die Traverse bis zur Überdachung und kann aus allen Positionen zum Mitshouter “Night Tiger”, mit dem Groover “Live By The Sword” und dem Stampfer “Diamond Dreamer” die Menge in Bewegung halten. Und siehe da, der Detze rockt!” (Joxe Schaefer).


master

Wenn Master Speckmann ruft, folgen nicht wenige seinem unnachahmlichen Geröchel und entfachen beim Detze zeitweise gar einen amtlichen Moshpit. Ich wüsste zudem nicht, dass es sonst im Death Metal Bereich einigermaßen bekannte Bands in Dreierbesetzung gibt. Die beiden Tschechen an Drums und Gitarre überzeugen auch heute total und Speckmann weiß, was er an den beiden hat. Schließlich ist das Line-Up seit 2003 stabil und in dieser Zeit wurden nicht weniger als sieben Alben veröffentlicht. Unter anderem “Slaves To Society”, wovon der Titeltrack und ein weiterer Song (“The Final Skull”?) zum Zuge kommen. Von den älteren Sachen erfreuen insbesondere das famose “Re-Entry And Destruction”, “Judgement Of Will” sowie “Collection Of Souls”. Anfangs war Speckmann aufgrund des Monitorsounds noch etwas angesäuert, insgesamt war nach und nach aber eine echte Steigerung zu sehen/hören, auch soundmäßig vor der Bühne. Letztlich lässt sich der co-Headliner-Auftritt doch als sehr gelungen verbuchen. (Julian Müller-Terbille).


metalucifer

Was dann folgt, ist nichts anderes als eine einzige grandiose Heavy Metal Party, initiiert von den positiv verrückten Metalucifer. Die drei Japaner an Drums, Gitarre und Gesang haben sich neben Gitarrist Blumi (der ja irgendwie eh fest dabei ist) zusätzlich die Verstärkung durch Bassist Cliff, ebenfalls Metal Inquisitor, ins Boot geholt, der zusammen mit Blumi auch die Background Vocals übernimmt (und ebenso überzeugt). Die beiden haben ja ein quasi-Heimspiel und tags zuvor mit Midnight Rider bereits einen feinen Auftritt hingelegt. Der Detze hat zum Abschluss so richtig Bock zu feiern und will sich einen der seltenen Auftritte Metalucifers nicht entgehen lassen. Es reicht aber auch eine einzige Ansage vom kleinen Sänger Gezolucifer, dessen Kauderwelsch (“Spricht der Englisch?”) man zwar kaum versteht, dabei aber so supersympathisch rüberkommt, dass man aus dem Grinsen nicht herauskommt. Zudem sucht er oft den Kontakt zu den Fans im Fotograben und streckt ihnen das Mikro entgegen. Gitarrist Elizabigore (selbiger auch dauergrinsend), lässt sich von einem abrauchenden Amp nicht im Geringsten aus der Ruhe bringen und beendet den Song kurzerhand als Leadsänger. Die danach folgende Zwangsumbaupause wird ebenso souverän gemeistert und das spontan gejammte Zwischeninstrumental von Gezolucifer humorig als “Heavy Metal Accident” deklariert. Apropos Heavy Metal: Neben dem “Heavy Metal Bulldozer” kommen unter anderem auch die “Heavy Metal Chainsaw”, der “Heavy Metal Highway Rider” und natürlich der “Heavy Metal Hunter” zum Einsatz. “Heavy Metal Is My Way” macht den klaren Standpunkt (nochmal) deutlich und ja, es gibt sogar Songs ohne Heavy Metal im Titel: Das Highlight “Flight Of Iron Pegasus” (Ohrwurm!) sowie als Zugabe “Headbanging” für die erschöpfte Meute zu mittlerweile fortgeschrittener Nacht. Ein toller Headliner und für mich persönlich ist der Kult um Metalucifer deutlich nachvollziehbarer als bei Sabbat. Spätestens wenn die Mitgrölrefrains angestimmt werden, singt man automatisch mit und nimmt sich und die Welt gar nicht mehr ernst und letztlich ist es doch das, was wir so am Heavy Metal lieben (gilt zumindest für diejenigen, die nicht dauerböseguckend und humorlos die Negativität zelebrieren). (Julian Müller-Terbille).


An dieser Stelle noch einmal Vielen Dank an die zwei lustigen Fünf vom tüchtigen Veranstalterteam ‘Der Detze Rockt’ für alle (Un-)Annehmlichkeiten und Bemühungen, denn ohne euch wäre der Heavy Metal Festivalplanet um einiges ärmer! Und für alle, die es jetzt schon wissen wollen: es wird einen achten Detze 2018 geben, das Datum erfahrt ihr bei uns natürlich als erstes, versprochen! Egal, ob brütende Hitze oder Vulkanausbruch, wir sind nächstes Jahr wieder am Start!

Autoren: Julian Müller-Terbille, Joxe Schaefer

Pics: Jens Wäling, Tino Sternagel-Petersen, Joxe Schaefer